2024-04-25T14:35:39.956Z

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"Meine Gegner finden mich unangenehm", sagt Wilmar Slavik (rechts) heute. Sein Gegenspieler aus dem Jahr 2006 dürfte dem zustimmen. F: Winckler
"Meine Gegner finden mich unangenehm", sagt Wilmar Slavik (rechts) heute. Sein Gegenspieler aus dem Jahr 2006 dürfte dem zustimmen. F: Winckler

48 Jahre, fünf Mannschaften, eine Liebe

Nürnbergs Fußballer: Wilmar Slavik hat sich 1996 das Kreuzband gerissen, seitdem genießt er sein Fußballerleben in vollen Zügen

Nürnbergs Fußballer, das sind viele kleine Geschichten, die der Amateur­fußball schreibt. In unserer Serie sam­meln wir sie - vom Knoblauchsland bis zum Fernsehturm. Diesmal mit Wil­mar Slavik vom FC Stein, der mit 48 Jahren noch immer in der Bezirksliga spielt - und betont, es sei eine Ehre, Teil dieser Serie sein zu dürfen.

Erst neulich hat Wilmar Slavik wie­der einen seiner ehemaligen Schüler getroffen. Nein, nicht bei einem Klas­sentreffen. Der Mann, der am Steiner Gymnasium als Sportlehrer arbeitet, wurde beim Spiel des FC Stein gegen den ASV Zirndorf eingewechselt. Sein Gegenspieler für die restlichen 60 Minuten: Angreifer Marcus Schmitt. „Wir haben uns beide gefreut, uns mal wieder zu sehen“, sagt Wilmar Slavik. Nur für einen netten Plausch steht der 48-Jährige aber nicht auf dem Platz, auch im gehobenen Fußballeralter ist der Ehrgeiz aus beinahe jedem Satz herauszuhören.

„Ich konnte schon als Kind immer schlecht verlieren“, sagt er. Als Kind, da wächst der junge Wilmar im Rumä­nien des Nicolae Ceauþescu auf, kickt von früh bis spät auf den Straßen und Bolzplätzen, „meistens mussten mich meine Mutter oder meine Oma rufen, damit ich in der Dunkelheit nach Hau­se komme“. 1983 haben die Slaviks allerdings genug, sie wollen weg aus Rumänien und nach Deutschland, in das Land, dessen Sprache sie in dem „deutschen Dorf“ eh schon sprechen.

Die Ausreise gestaltet sich schwie­rig, erzählt Wilmar Slavik, „das war für uns alle schon ein einschneidendes Erlebnis damals“. Seine fußballeri­schen Fähigkeiten, die er sich in den unzähligen Stunden auf den Straßen Rumäniens angeeignet hat, bleiben einem Bekannten der Familie nicht verborgen. Nach einem Probetraining in der Jugend des damaligen Zweitli­gisten Stuttgarter Kickers spielt er kurz für die Kickers. Wilmar Slavik hat viel Spaß, doch die Familie zieht weiter: nach Nürnberg, Wilmar Sla­vik zieht es zum FCN.

„Da hat es mir nicht so gefallen, es war schwer, sich zurechtzufinden, gerade in Franken“, sagt Slavik - und wechselt zum TSV Südwest Schwa­ben, damals die Nummer zwei der Stadt. Später folgt er dem ehemaligen Club-Spieler Ewald Schäffner nach Wendelstein. Das zweite einschneiden­de Erlebnis folgt 1996, während des Studiums: Wilmar Slavik reißt sich beim Fußballspielen das Kreuzband, das Innen- und Außenband, den Meniskus „das war schon ein kapita­ler Knieschaden“, sagt er. Die Karrie­re scheint jäh beendet, „es war eine große Katastrophe für mich“.

Doch die Ärzte reparieren sein Knie, nach einem Jahr Reha steht Wil­mar Slavik 1998 wieder auf dem Platz - und tut es bis heute. Nicht in der B-Klasse, um noch ein bisschen zum Spaß zu kicken. Vor ein paar Wochen erst hat ihm ein Gegenspieler des Lan­desliga- Aufsteigers ATSV Erlangen Lob gezollt, „als ich ihm gesagt hab, dass ich Jahrgang 1968 bin, hat er das erst gar nicht geglaubt“. Unangenehm finden ihn viele Gegner, sagt Slavik, der „einfach jede Sekunde, in der ich spielen kann, in vollen Zügen“ genießt.

Vier Kinder, fünf Mannschaften

Sein Erfolgsrezept? Seit Ende der Neunzigerjahre hat Wilmar Slavik nie eine Pause gemacht, „ich habe immer voll trainiert und bin stets vorne dabei im Training“. In Stein, wo er seit 2006 spielt, ist er derzeit in fünf verschiedenen Mannschaften aktiv: bei den Alten Herren, mehreren Senio­ren-Auswahlen, der zweiten - und in den vergangenen Monaten öfters auch mal bei der ersten Mannschaft in der Bezirksliga. „Erstaunlich gut mithal­ten“ könne er da noch, „es ist natür­lich ein tolles Gefühl, von den Mitspie­lern gelobt zu werden“.

Als graue Eminenz, die alles besser weiß, sieht sich Wilmar Slavik aus­drücklich nicht. Dennoch: Seine Mit­spieler, die stellenweise ja fast schon seine Kinder sein könnten, seien sehr offen, „die nehmen auch mal einen Ratschlag von mir an, wenn ich mit meiner Erfahrung etwas weiterhelfen will“.

Wie lange er das noch tun kann, ist offen. „Das werde ich seit 15 Jahren regelmäßig gefragt“, sagt Slavik, lacht, und sagt dann diesen bemer­kenswerten Satz: „Solange ich mor­gens aufstehen kann und mir nicht alles wehtut, so lange spiele ich wei­ter. Bis zum letzten Atemzug.“ Seine Frau teilt seine große Liebe zum Fuß­ball übrigens. Vier Kinder haben die beiden, das jüngste ist erst ein Jahr - „aber meine Frau sagt immer, dass ich ruhig zum Fußball gehen soll, danach bin ich immer so ausgeglichen und glücklich“.

Wilmar Slavik passt zu seinem Ex-Schü­ler und kurzzeitigen Mitspieler Michael Bottner, der jetzt bei der SpVgg Nürn­berg spielt. „Und an alle meine ehemali­gen Schüler: Ich kann leider nur einen nominieren.“

Aufrufe: 020.5.2016, 09:43 Uhr
Michael FischerAutor