Nürnbergs Fußballer, das sind viele kleine Geschichten, die der Amateurfußball schreibt. In unserer Serie sammeln wir sie - vom Knoblauchsland bis zum Fernsehturm. Diesmal mit Wilmar Slavik vom FC Stein, der mit 48 Jahren noch immer in der Bezirksliga spielt - und betont, es sei eine Ehre, Teil dieser Serie sein zu dürfen.
„Ich konnte schon als Kind immer schlecht verlieren“, sagt er. Als Kind, da wächst der junge Wilmar im Rumänien des Nicolae Ceauþescu auf, kickt von früh bis spät auf den Straßen und Bolzplätzen, „meistens mussten mich meine Mutter oder meine Oma rufen, damit ich in der Dunkelheit nach Hause komme“. 1983 haben die Slaviks allerdings genug, sie wollen weg aus Rumänien und nach Deutschland, in das Land, dessen Sprache sie in dem „deutschen Dorf“ eh schon sprechen.
Die Ausreise gestaltet sich schwierig, erzählt Wilmar Slavik, „das war für uns alle schon ein einschneidendes Erlebnis damals“. Seine fußballerischen Fähigkeiten, die er sich in den unzähligen Stunden auf den Straßen Rumäniens angeeignet hat, bleiben einem Bekannten der Familie nicht verborgen. Nach einem Probetraining in der Jugend des damaligen Zweitligisten Stuttgarter Kickers spielt er kurz für die Kickers. Wilmar Slavik hat viel Spaß, doch die Familie zieht weiter: nach Nürnberg, Wilmar Slavik zieht es zum FCN.
„Da hat es mir nicht so gefallen, es war schwer, sich zurechtzufinden, gerade in Franken“, sagt Slavik - und wechselt zum TSV Südwest Schwaben, damals die Nummer zwei der Stadt. Später folgt er dem ehemaligen Club-Spieler Ewald Schäffner nach Wendelstein. Das zweite einschneidende Erlebnis folgt 1996, während des Studiums: Wilmar Slavik reißt sich beim Fußballspielen das Kreuzband, das Innen- und Außenband, den Meniskus „das war schon ein kapitaler Knieschaden“, sagt er. Die Karriere scheint jäh beendet, „es war eine große Katastrophe für mich“.
Doch die Ärzte reparieren sein Knie, nach einem Jahr Reha steht Wilmar Slavik 1998 wieder auf dem Platz - und tut es bis heute. Nicht in der B-Klasse, um noch ein bisschen zum Spaß zu kicken. Vor ein paar Wochen erst hat ihm ein Gegenspieler des Landesliga- Aufsteigers ATSV Erlangen Lob gezollt, „als ich ihm gesagt hab, dass ich Jahrgang 1968 bin, hat er das erst gar nicht geglaubt“. Unangenehm finden ihn viele Gegner, sagt Slavik, der „einfach jede Sekunde, in der ich spielen kann, in vollen Zügen“ genießt.
Sein Erfolgsrezept? Seit Ende der Neunzigerjahre hat Wilmar Slavik nie eine Pause gemacht, „ich habe immer voll trainiert und bin stets vorne dabei im Training“. In Stein, wo er seit 2006 spielt, ist er derzeit in fünf verschiedenen Mannschaften aktiv: bei den Alten Herren, mehreren Senioren-Auswahlen, der zweiten - und in den vergangenen Monaten öfters auch mal bei der ersten Mannschaft in der Bezirksliga. „Erstaunlich gut mithalten“ könne er da noch, „es ist natürlich ein tolles Gefühl, von den Mitspielern gelobt zu werden“.
Als graue Eminenz, die alles besser weiß, sieht sich Wilmar Slavik ausdrücklich nicht. Dennoch: Seine Mitspieler, die stellenweise ja fast schon seine Kinder sein könnten, seien sehr offen, „die nehmen auch mal einen Ratschlag von mir an, wenn ich mit meiner Erfahrung etwas weiterhelfen will“.
Wie lange er das noch tun kann, ist offen. „Das werde ich seit 15 Jahren regelmäßig gefragt“, sagt Slavik, lacht, und sagt dann diesen bemerkenswerten Satz: „Solange ich morgens aufstehen kann und mir nicht alles wehtut, so lange spiele ich weiter. Bis zum letzten Atemzug.“ Seine Frau teilt seine große Liebe zum Fußball übrigens. Vier Kinder haben die beiden, das jüngste ist erst ein Jahr - „aber meine Frau sagt immer, dass ich ruhig zum Fußball gehen soll, danach bin ich immer so ausgeglichen und glücklich“.
Wilmar Slavik passt zu seinem Ex-Schüler und kurzzeitigen Mitspieler Michael Bottner, der jetzt bei der SpVgg Nürnberg spielt. „Und an alle meine ehemaligen Schüler: Ich kann leider nur einen nominieren.“