2024-05-31T10:52:53.652Z

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Erfolgstrainer Salah El Halimi.
Erfolgstrainer Salah El Halimi. – Foto: Boris Hempel

Salah El Halimi: „Wir sind ein gewisses Risiko eingegangen“

Der Oberliga-Meistertrainer der Sportfreunde Baumberg, Salah El-Halimi, spricht im Gespräch über Erfolgsfaktoren, wechselwillige Spieler und hohe Auflagen.

Monheim Es ist amtlich: Die Sportfreunde Baumberg sind zwei Spieltage vor Saisonende erstmals in der Vereinsgeschichte Oberliga-Meister und auch nach Meinung der Konkurrenz der absolut verdiente Primus der fünften Liga. Der Aufstieg in die Regionalliga wäre die gerechte Belohnung, so der Tenor der Vereinsvertreter. Nach dem 32. Spieltag feierte das Team von Cheftrainer Salah El Halimi sowie die gesamte Mannschaft den Titel nach dem überzeugenden Sieg im vorgezogenen Spiel beim FC Büderich (3:0) und der Niederlage des ärgsten Verfolgers SpVg. Schonnebeck am Sonntag gegen den VfB Homberg (0:3).

Der Meistertrainer verlängerte trotz lukrativer Angebote erst kürzlich seinen Vertrag nach einem Gespräch mit dem SFB-Vorsitzenden Jürgen Schick, um seine erfolgreiche Arbeit mit der gesunden Mischung aus talentierten und wichtigen Führungsspielern fortzusetzen. Nachdem eigentlich schon am Spieltag zuvor die Meisterschaft feststand, wollte sich der 47-jährige Familienvater zunächst nicht zur Meisterschaft äußern. Nun ist das Kunststück auch rechnerisch vollbracht.

Die Baumberger sorgten am Ende einer großartigen Saison für zahlreiche Rekordmarken. Bemerkenswert ist, dass die Blau-Weißen vom ersten bis zum letzten Spieltag den Spitzenplatz innerhalb der extrem ausgeglichenen Liga für sich beanspruchen konnten. Nach dem letzten und vorverlegten Spiel am 1. Juni wird die Meisterfeier im Mega-Stadion an der Sandstraße stattfinden.

Herr El Halimi, Wann hatten Sie zum ersten Mal das Gefühl, dass es mit dem Titelgewinn klappen könnte?

Salah El Halimi Nach unserem 3:1-Sieg in Ratingen am 28. Spieltag war ich mir sicher, weil das Team absolut fokussiert auf dieses Ziel war. Wichtig war, dass wir uns immer kleine Ziele gesetzt hatten, die am Ende in Summe den ersten Platz gebracht haben.

Welchen Anteil hat der Trainerstab um die Co-Trainer Patrick Jöcks, Markus Rix, Ihrem ehemaligen Experten Fabian Scholz, der aus persönlichen Gründen ausschied und Jörn Heimann?

El Halimi Sie haben einen sehr großen Anteil – jeder Einzelne im Staff oder im Trainerteam, wobei alle hochmotiviert waren. Fabian war sehr akribisch, hatte einen tollen Draht zu den Jungs und war sogar vor dem Büderich-Spiel zu Besuch in seiner alten Heimat. Anstatt sich das Spiel anzuschauen, übernahm er spontan das Aufwärmprogramm. Er hilft uns weiter aus der Ferne.

Welche Spieler sind im Saisonverlauf über sich hinausgewachsen?

El Halimi Es fällt schwer, alle aufzuzählen, aber ich denke Subaru Nishimura bei den jungen und Sercan Er bei den älteren Spielern sind zwei Akteure, die repräsentativ für die anderen stehen. Subaru kam mit 18 Jahren ohne Deutschkenntnisse zu uns und hat sich stetig gesteigert, sodass die Kommunikation für uns als Trainer eine große Herausforderung war. Bei Sercan wusste man nicht, ob und wie er nach seinem schweren Kreuzbandriss zurückkommen würde. Das hat er dann allen eindrucksvoll gezeigt.

Hat dieses junge Team Ihre Erwartungen übertroffen?

El Halimi Definitiv. Während der ganzen Saison, aber insbesondere in der Hinrunde, haben die Jungs um Ben Harneid, Milan Burovac, Anthony Oscasindas und alle anderen bewiesen, dass auf sie Verlass ist und sie enorm willensstark sind. Die Entwicklung war überaus erfreulich.

Wie haben Sie das Team nach Niederlagen oder Nackenschlägen personeller Art aufgerichtet?

El Halimi Das war abhängig von der Situation. Wichtig war, dass keine Zweifel an uns oder dem Team aufkommen und dass sich jeder wichtig fühlt. Monatelange Ausfälle von Führungsspielern wie Daniel Schwabke, Robin Hömig, Babacar M’Bengue, Kosi Saka, Baris Sarikaya, Tim Knetsch, Louis Klotz oder zu Beginn Sercan Er kannst du nicht eins zu eins auffangen, aber als Team kannst du das Beste daraus machen und selbiges haben wir geschafft.

Wie gehen Sie und die Mannschaft damit um, dass man als herausragender Meister angesichts der Auflagen nicht aufsteigen kann?

El Halimi Das ist natürlich sehr bitter und eigentlich nicht im Sinne des Sports. Wir brauchten alle ein paar Tage, um das zu realisieren. Wir müssen diese bürokratischen Regeln leider akzeptieren. Erklären Sie mal einem kleinen Jungen, dass man Meister geworden ist, aber nicht aufsteigen darf, weil man in drei bis vier Spielen mehr Zuschauer als sonst erwartet und deshalb nicht in ein anderes Stadion ausweichen darf. Das ist schon sehr hart für alle.

Welche Niederlage war schlimm und welches Negativerlebnis tat besonders weh?

El Halimi Keine speziell. Jede Niederlage war ärgerlich, aber das gehört zum Sport. Gerade aus den Niederlagen vermochten wir am meisten zu lernen, unsere Rückschlüsse zu ziehen, was wir besser machen können und gestärkt daraus hervorkommen. Das schlimmste Negativerlebnis war ein persönliches und tragisches Ereignis innerhalb der Mannschaft, worauf ich nicht näher eingehen möchte. Aufgrund derartiger Ereignisse erkennt man, dass der Sport nur Sport ist und es wichtiger ist, wenn die Familie gesund und glücklich ist. Ich wünsche jedem kranken Menschen, dass er schnellstmöglich wieder gesund wird. Dafür würde ich jeden sportlichen Erfolg opfern.

Welches Erlebnis hat den größten Eindruck bei Ihnen hinterlassen?

El Halimi Dass ein Spieler vor dem Spiel zu mir kam und sagte: „Coach, lass ihn spielen. Ich bin heute nicht gut drauf und glaube, dass er uns besser helfen kann.“ Respekt, wenn ein Spieler diese Entscheidung trifft. Das ist nicht selbstverständlich in unserer heutigen Gesellschaft.

Viele Spieler sind durch die gute Saison in den Fokus anderer Vereine geraten. Wie gehen Sie damit um?

El Halimi Das können wir nach einer solchen Saison nicht ändern. Wir würden gerne alle halten, aber natürlich machen wir nicht alles mit. Wenn Spieler den Sprung nach oben schaffen können, was ich beispielsweise Subaru zutraue und auch wünsche, dann freut uns das und ist eine Auszeichnung für den ganzen Verein. Wenn aber Spieler im Norden und Osten Deutschlands Probetrainings absolvieren und sich nicht um ihre schulische und berufliche Ausbildung kümmern, finde ich das sehr fragwürdig. Andere wiederum schauen nur auf materielle Dinge. Das muss am Ende jeder für sich selbst entscheiden. Wir müssen dann schauen, dass wir wieder neue Spieler finden und heranführen.

Sie hatten vor der Saison andere Teams wie Uerdingen, Ratingen oder Straelen als Favoriten gehandelt. Weshalb ist ihr Team unangefochten vom ersten Spieltag davongezogen?

El Halimi Ich denke, weil wir am Ende die konstanteste Leistung geliefert haben, immer gewinnen wollten und ein gewisses Risiko eingegangen sind. Wir haben oft Spiele klar beherrscht und für uns entschieden. In anderen Spielen haben wir bis zum Ende an uns geglaubt und Partien in der Nachspielzeit noch gedreht. Das ist ein Prozess, den die Mannschaft seit Jahren mitmacht und während dieser Saison überragend umgesetzt hat. Vor einigen Jahren bestand die größte Aufgabe darin, eine bessere Balance zwischen Angriff und Abwehr zu bekommen. Das war die größte Herausforderung bei unseren Spielertypen. Man dachte sich, dass dies ja jeder will und bei unseren „Offensivfürsten“ nicht funktionieren kann. Wir haben uns kontinuierlich gesteigert und in dieser Saison wurde es überragend umgesetzt.

Welchen Anteil hat der Vorsitzende Jürgen Schick?

El Halimi Das kann man kaum in Worte fassen. Er steht ja für den Verein, bietet uns die ganzen Möglichkeiten und versucht, der Mannschaft alle Wünsche zu erfüllen. Ohne ihn wäre das alles so nicht möglich. Aber auch der restliche Vorstand, die Jugendabteilung, die Kassenwarte, die Helfer an den Grillbuden und allen anderen Personen, die täglich helfen, damit alles in dem Verein funktioniert, haben ihren Anteil an dieser Meisterschaft. Danke an alle.

Das Gespräch führte Thomas Schmitz.

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Salah El Halimi ist nicht nur der Erfolgstrainer der Sportfreunde Baumberg, sondern auch eine echte Identifikationsfigur des Oberliga-Meisters. Selbst spielte der ehemalige Mittelfeldspieler für Baumberg in der Oberliga und Niederrheinliga, 2012, 2013 und 2014 war er Co-Trainer der Monheimer, die er seit 2014/15 als Cheftrainer verantwortet. Mit Baumberg stieg er aus der Oberliga ab, kehrte unmittelbar zurück und formte über Jahre hinweg eine intakte, homogene und talentierte Mannschaft, die auch 2024/25 wieder vorn angreifen wird. Sollten selbst einige Akteure den Klub Richtung Regionalliga verlassen, ist Baumberg unter El Halimi weiter optimal aufgestellt, um auch in den kommenden Jahren ein Top-Klub der Oberliga Niederrhein zu sein.

>>> Das ist Salah El Halimi

Aufrufe: 018.5.2024, 23:00 Uhr
RP / Thomas Schmitz/anüAutor