Sie sind als zweimal siegreiche Löwen abgesprungen – und als Bettvorleger gelandet. Der TSV 1860 München kassierte zuletzt vier Pleiten in Folge.
München – Trainer Maurizio Jacobacci bei seinen Spielern ein Kopfproblem ausgemacht. Im Münchner Merkur analysiert Sportpsychologe Matthias Herzog die Krisen-Kommunikation von Jacobacci und sagt, wie der TSV 1860 München schnellstmöglich wieder von der Couch kommt.
Beispiel eins und zwei: „Die Mannschaft muss verantwortungsbewusst auftreten“, forderte Jacobacci nach der 1:2-Niederlage in Ingolstadt und fügte beim gemeinsamen Wiesn-Besuch noch hinzu: „Wir werden versuchen, das miteinander zurechtzubiegen.“ Für Herzog ein No-go: „Ich kann da nur den Kopf schütteln. Es ist ständig von Müssen die Rede.“ Das Wort sei gleichbedeutend mit Qual, Anstrengung und Druck – mit dem die meisten Spieler heutzutage nicht mehr umgehen könnten. „Der Trainer beschloss, das Team verbal zu stärken. Interessant, wie das mit Verlierersprache und Negativkommunikation funktionieren soll“, sagt Herzog. Sein Lösungsansatz: „Anders kommunizieren und sagen: Wir machen und werden! ,Müssen’ erzeugt großen Druck, und ,Versuchen’ ist zum Scheitern verurteilt. Entweder tun sie es oder sie lassen es.“
Beispiel drei: „Wir müssen positiv bleiben“ – so formulierte es Jacobacci nach dem Ingolstadt-Spiel. „Das hört sich nach Durchhalteparole an. Und wir sind erst am Anfang der Saison“, kritisiert Herzog die Wortwahl. „Was willst du denn machen, wenn es wirklich richtig eng wird?“
Beispiel vier: „Es ist eine Resultats-Krise, aber keine Krise.“ – O-Ton von Jacobacci auf der Wiesn. Herzog: „Die Feststellung ist grundsätzlich richtig, die Aussage bleibt jedoch problem- statt lösungsorientiert.“
Beispiel fünf: „So eine Stimmung wie hier kann viel bewirken“, erhofft sich Jacobacci einen psychologischen „Wiesn-Effekt“. Für Herzog genau richtig: „Das ist gut! Die meisten Spieler sind harmoniebedürftig. So ein gemeinsamer Wiesn-Besuch bereitet Freude, die gilt es auch am Fußball wieder zu entwickeln.“
Und wie kommen die Löwen bis zum Spiel am Samstag in Halle nun wieder schnellstmöglich von der Couch? „Am besten erst gar nicht auf die Couch setzen“, sagt Herzog. „Der Trainer darf den Spielern wieder bewusst machen, was sie gut gemacht haben. Den Schalter im Kopf umzulegen, kann schnell gehen. Das durften wir bei der Nationalmannschaft beobachten.“ (Johannes Ohr)