Die Freude über die erteilte Regionalliga-Lizenz währt beim KFC Uerdingen nur kurz. Während der Vorsitzende unauffindbar ist, kündigen aktuelle Geldgeber ihr Engagement im sechsstelligen Bereich. Deshalb dürfen der SV Lippstadt, die SSVg Velbert und auch Ratingen 04/19 wieder hoffen. Außerdem könnte es Auswirkungen auf den Abstiegskampf der Oberliga Niederrhein, der Landesliga Niederrhein und den Aufstiegskampf der Kreisliga A Wuppertal-Niederberg geben.
Update: Der SV Lippstadt hat sich am letzten Spieltag im Fernduell durchgesetzt und belegt Rang 15 der Regionalliga West.
>>> So sieht die Regionalliga West 2024/25 nach aktuellem Stand aus
So schön und unbeschwert hätten die vergangenen Tage für den KFC Uerdingen sein können. Auf den Sieg im Topspiel gegen Ratingen 04/19 ließ der Oberliga-Dritte die Meldung folgen, dass der Westdeutsche Fußballverband (WDFV) Uerdingen die Lizenz für die Regionalliga West ohne Auflagen erteilt habe. Bei einem Fünf-Punkte-Vorsprung auf Ratingen ist der Aufstieg in Reichweite, schließlich stehen nach Pfingsten nur noch zwei Spieltage an.
Doch abseits des Platzes bricht zum wiederholen Male in dieser Saison und den vergangenen Wochen das Chaos über den Traditionsverein herein. Christian Grummert, der Vorsitzende des Klubs, ist unauffindbar, Gerüchte über eine Festnahme halten sich hartnäckig. Er ist ohnehin erst seit etwas mehr als zwei Wochen auf diesem Posten, nachdem sein zurückgekehrter Vorgänger Marc Schürmann gemeinsam mit Ilja Ludenberg einen Geldgeber an Land gezogen hatten, doch die kolportierten 500.000 Euro sind nie geflossen. Der Deal platzte, die beiden Funktionäre räumten nach elf Tagen (wieder) ihre Posten. Über die in dieser Kürze abgeschlossenen Verträge mit einem Trainer und einem Sportchef, die der Vorstand nicht einsetzen möchte, mal gar nicht gesprochen.
Der KFC Uerdingen hat große finanzielle Probleme. Schon zum Jahreswechsel fehlte dem Verein eine halbe Millionen Euro. Jetzt haben sich treue Sponsoren, die bis dato den Uerdingern die Stange gehalten haben, dazu entschieden, ihr Engagement zum 30. Juni kurzfristig zu beenden. Holger Krebs, Vertreter der Firmen "Kaiser BPT" und "Kick Group", äußerte sich im RevierSport deutlich: "Das kann ich bestätigen. Wir wollen nicht mehr, dass unser Name mit in den Schmutz gezogen wird. Wir haben dem KFC heute, Dienstag, 14. Mai, unsere Kündigung per Mail rausgeschickt." Laut RS fehlen Uerdingen durch diese Kündigungen bis zu 500.000 Euro, damit ginge es im Gesamtvolumen wohl Richtung einer Millionen Euro. Begonnen hat die aktuelle Misere, weil der ehemalige Hauptsponsor "dasbob" seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen war.
Diese Millionen - zusammengesetzt aus dem Fehlbetrag zum Jahreswechsel und der Summe, die die kündigenden Sponsoren dem Verein nicht mehr zur Verfügung stellen - helfen natürlich nicht bei der Finanzierung der Regionalliga, im Gegenteil. Nach den jüngsten Entwicklungen scheint es sogar wieder realistisch, dass der KFC Uerdingen auf den Sprung in die vierte Liga freiwillig verzichtet. Immerhin war am 14. Mai noch unklar, ob die fälligen Gehälter überhaupt bezahlt werden können.
Zwei Spieltage vor dem Saisonende, in der Regionalliga West endet die Spielzeit 2023/24 sogar schon am Samstag, hätte ein Regionalliga-Verzicht des KFC Uerdingen natürlich große Auswirkungen auf andere Klubs im Auf- und Abstiegsrennen. FuPa erklärt die möglichen Szenarien.
Hinweis: Die Anzahl der Landesliga-Absteiger wird pro Fall um einen reduziert, weil der SV Straelen 2024/25 in der Kreisliga A antreten wird. Diesen Umstand hat der Fußballverband Niederrhein in seiner amtlichen Mitteilung am 12. April 2024 bestätigt.
Dieses Szenario ist nicht gerade realistisch, weil Ratingen als Vierter fünf Punkte Rückstand auf Uerdingen hat. Weil die Sportfreunde Baumberg (Meister) und die SpVg Schonnebeck (Zweiter) auf die Regionalliga-Lizenz verzichtet haben, darf maximal der Tabellendritte aufsteigen. Ratingen kann nur noch Uerdingen einholen, Schonnebeck ist schon zu weit entfernt.
Sollte eine Mannschaft vom Niederrhein in die Regionalliga West aufsteigen, treten nach Auf- und Abstiegsplan des Fußballverbandes Niederrhein (Fall 3) folgende Folgewirkungen ein:
Dieses Szenario ist mit Blick auf den Fünf-Punkte-Rückstand von Ratingen auf Platz drei wahrscheinlicher. Ohne Aufsteiger aus der Oberliga Niederrhein, steigt eine Mannschaft aus der Regionalliga West weniger ab. Bedeutet: Der Tabellenplatz 15 wäre dann plötzlich ein Nichtabstiegsplatz.
Der SV Lippstadt hat vor dem letzten Spieltag das deutlich bessere Torverhältnis, die SSVg Velbert ist aber punktgleich. Während Velbert außerdem beim Drittliga-Aufsteiger Alemannia Aachen antreten muss, hat Lippstadt das leichtere Los beim SC Wiedenbrück. Es sind in jedem Fall zwei Endspiele, denn dieser Rang 15 könnte nachträglich noch zum Klassenerhalt reichen.
Nachträglicher Klassenerhalt der SSVg Velbert
Für den Auf- und Abstiegskampf am Niederrhein ist entscheidend, welcher Regionalligist die Klasse halt. Sollte die SSVg Velbert in diesem Szenario doch noch den Ligaverbleib schaffen, tritt Fall 2 der Oberliga ein. Es gäbe dieselben Folgeeffekte wie bei einem Aufsteiger:
Nachträglicher Klassenerhalt des SV Lippstadt
Sollte allerdings der SV Lippstadt als Fünfzehnter den Klassenerhalt schaffen - die Ausgangslage ist wie dargestellt besser -, dann würden einige Teams am Niederrhein in die Röhre schauen. Es würde nämlich laut FVN-Plan Fall 4 eintreten, der diese Auswirkungen hätte:
Der SV Lippstadt oder die SSVg Velbert haben einen großen Nachteil: Wer auch immer am Samstag den 15. Platz in der Regionalliga West erobert, muss erst einmal abwarten. Die Saison in der Oberliga Niederrhein endet nämlich erst am 2. Juni. Für die Planungssicherheit ist das bitter, obgleich sicherlich beide Klubs einen nachträglichen Klassenerhalt noch unterschreiben würden. Die Unterstützung des Niederrheins ist der SSVg Velbert am Samstag jedenfalls gewiss, andernfalls dürften selbst die A-Ligisten aus Wuppertal-Niederberg noch Ratingen 04/19 die Daumen drücken, damit weniger Teams ab- und mehr Mannschaften aufsteigen.
Neutral kann man angesichts der Situation des KFC Uerdingen kaum bleiben. Es ist traurig zu sehen, wie viel Chaos und Leid ein Verein, eine Mannschaft und die Fans innerhalb weniger Wochen, Monate und auch Jahre ertragen muss. Vorauszusagen, wie die Ausgangslage vor dem Aufstiegsspiel am 24. Mai gegen Schonnebeck aussieht, gleicht einer Lotterie-Teilnahme, denn eine Sache haben die vergangenen Spielzeiten beim KFC Uerdingen gezeigt: Es kann halt wirklich immer schlimmer kommen - vor allem dann, wenn selbst treue Sponsoren sich gegen eine Partnerschaft entscheiden und kündigen.