2024-05-17T14:19:24.476Z

Interview
Ein Herz und eine Seele: Josef „Seppi“ und Maxi Welzmüller aus Inning.
Ein Herz und eine Seele: Josef „Seppi“ und Maxi Welzmüller aus Inning. – Foto: kolbert-press/Ulrich Gamel

Die Haching-Brüder Welzmüller im Abschiedsinterview: Schöner geht‘s nicht!

Karriereende nach der Saison

Maxi und Seppi Welzmüller beenden am Saisonende ihre Karriere bei der SpVgg Unterhaching. Das Abschiedsinterview mit den Brüdern.

Unterhaching/München – Aus is und gar is - die beiden Hachinger Maxi und Seppi Welzmüller hängen die Fußballschuhe mit 34 Jahren an den Nagel. Warum und ob Drillings-Bruder Lukas noch spielt, erzählen die gebürtigen Inninger im Interview. Die Duelle gegeneinander dürfen bei dem Gespräch natürlich nicht fehlen.

Alter vor Schönheit oder wie sollen wir beginnen?
Maxi: Dann krieg ich die erste Frage. Der Schönere darf danach.
Sind Sie gerne der Älteste?
Maxi: Schon. Ich bin eine Minute vor Lukas und zwei Minuten vor Seppi auf die Welt gekommen. Das fühlt sich gut an, nur leider bringt es im Alltag keinen einzigen Vorteil. Viele haben uns übrigens oft nicht geglaubt, dass wir Drillinge sind, und wollten die Ausweise sehen. Vermutlich weil wir uns nicht super ähnlich sehen.
Kommen wir zur zweitwichtigsten Frage: Wo ist Lukas?
Seppi: Der hat seine „Karriere“ schon vor rund eineinhalb Jahren beendet. Luki war ein sensationeller Torwart. Aber, wie sag ich das am galantesten: Er hat den Fokus mehr auf die schönen Dinge des Lebens gelegt (lächelt).

„Ich könnte fast den ganzen Kader aufzählen.“

Maxi Welzmüller über die Zeit als U19-Spielern mit seinen Brüdern Seppi und Luki.

Und Sie wollten immer Profi werden?
Seppi: Maxi hat es früh gewusst, nie Alkohol getrunken und ehrlicherweise das meiste Talent. Er ist als Einziger im Nachwuchsleistungszentrum gelandet. Luki und ich waren in Fürstenfeldbruck. Bei mir hat es Klick gemacht, als ich in den USA studiert habe. Weil ich ganz o.k. war, durfte ich im MLS-Team von Columbus Profiluft schnuppern. Da dachte ich mir: „Das ist geil, das will ich machen.“ Ich habe alles reingelegt und dann kam Manni Schwabl ins Spiel.
Der Präsident der SpVgg Unterhaching.
Seppi: Genau. Maxi war damals schon in Haching, über ihn kam der Kontakt zustande. Ich bin superglücklich, dass ich es geschafft habe. Das werde ich in zehn Jahren noch so sagen.
Zu dritt haben Sie zuletzt in der A-Jugend gespielt. Bringen Sie noch Teammitglieder zusammen?
Maxi: Ich könnte fast den ganzen Kader aufzählen.
Seppi: Koray Altinay war beispielsweise dabei, der war lange Profi in der Türkei und spielt jetzt wieder in Gilching unter Coach Christian Rodenwald. Auch der war in unserem Team.

„Ich bin dem Verein für alles unglaublich dankbar, aber ich will noch mehr sehen im Fußball.“

Seppi Welzmüller über seine Zukunftspläne.

Das war die ruhmreiche Zeit des SCF, der in der Bayernliga spielte. In der aktuellen Saison hat der Verein nach einem Totalabsturz keine Herrenmannschaft gemeldet. Verfolgen Sie das?
Maxi: Das ist schon traurig. Holger Seitz, mein ehemaliger Bayern-Trainer, war auch in Bruck. Zu den Spielen kamen 1000 Zuschauer, wir haben zur ersten Mannschaft aufgeschaut. Für uns hat sich das damals schon fast wie Profi-Niveau angefühlt.
Traurig, aber mit Blick auf Haching ein gutes Beispiel, dass in einem Verein nichts von selbst läuft, oder?
Seppi: Ich glaube, ohne den Manni würde vieles nicht so laufen. Was die Familie Schwabl leistet, ist enorm, das merkt man, wenn man wie ich als Technischer Leiter einen Blick hinter die Kulissen dieses mittelständischen Vereins werfen darf. Ohne harte Arbeit geht nichts.
Sie hören als Spieler und Funktionär auf. Haben Sie schon ein neues Ziel?
Seppi: Ich bin dem Verein für alles unglaublich dankbar, aber ich will noch mehr sehen im Fußball. Etwas Konkretes gibt es aber noch nicht, ich würde gerne eine Rolle übernehmen, bei der man nah an einer Mannschaft dran ist. Ich habe gelernt, wie man die Black Box füttern muss, damit ein Team mit geringerem Marktwert oder Etat guten performen kann. Oder sogar überperformen, wie wir zeitweise in dieser Saison. Dazu gehören strukturelle und strategische Themen und eine Prise Innovation.

„Dr. Holzfuß. Der Hobschi hat den kreiert.“

Seppi Welzmüller über seinen Spitznamen.

Keine typischen Kabinenthemen. Sie haben als ziemlich einziger Profi neben der Karriere promoviert. Gab’s blöde Sprüche?
Seppi: Nee, gar nicht.
Maxi: Seppi weiß immer sehr viel besser. Jetzt hat er auch das offizielle Zertifikat dafür. Aber wie war noch gleich dein Spitzname im Team?
Seppi: Dr. Holzfuß. Der Hobschi (Patrick Hobsch, Anm. d. Red.) hat den kreiert.
Wie war das beim Rücktritt. Kam der Spieler zum Technischen Direktor oder andersherum?
Maxi: Die Entscheidung haben wir brüderlich besprochen. Wir haben am selben Tag in Inning angefangen und verlassen zusammen in derselben Sekunde für immer den Platz in Unterhaching. Das fühlt sich rund an. Schöner könnte ich es mir nicht vorstellen.

„Zwei Vertragsverlängerungen habe ich direkt nach der Verletzung noch auf der Liege liegend unterschrieben.“

Seppi Welzmüller blickt zurück auf seine Kreuzbandverletzungen.

Gibt es ein Ausklingen-lassen wie bei den Bender-Zwillingen in Brannenburg?
Seppi: Nein. Mir fiel es schwerer loszulassen, aber es soll jetzt so sein. Meine Knie machen auch einfach nicht mehr mit. Ich habe nur noch unter Schmerzen trainiert und gespielt.
Ach, kommen Sie. Sie hatten doch nur vier Kreuzbandriss.

(Gelächter im Raum.)

Im Ernst. Einer wäre schon Horror für mich. Gab es nie den Gedanken deswegen aufzuhören?
Seppi: Das werde ich nicht oft gefragt, aber: Nein. Es ist auch ein großes Privileg einen Kreuzbandriss als Profi zu haben. Die Rundumversorgung ist sensationell, man bekommt viel Hilfe, um schnellstmöglich wieder auf dem Platz zu stehen.
Trotzdem, Sie mussten viermal durch diesen harten Prozess.
Seppi: In den schweren Stunden sind der Verein und vor allem Manni Schwabl immer total zu mir gestanden. Zwei Vertragsverlängerungen habe ich direkt nach der Verletzung noch auf der Liege liegend unterschrieben. Manni kam zu mir und sagte: „Das Erste, das wir machen, ist ein neuer Vertrag.“ Da fällt mental sofort ein riesiger Berg an Sorgen weg.

„Luki hatte in der Nacht zuvor geträumt, dass ich einen Elfmeter links unten verschieße.“

Seppi Welzmüller über einen verschossenen Elfer im S-Bahn-Derby 2018.

Maxi, Seppi und Lukas als Kinder.
Maxi, Seppi und Lukas als Kinder. – Foto: Privat
Was sind die Highlights Ihrer Karriere?
Maxi: Sicher der Aufstieg vergangenes Jahr zusammen mit Seppi unter Sandro (Wagner). Er hatte dort eine ganz besondere Atmosphäre geschaffen. Und beim FC Bayern der Aufstieg mit Holger Seitz und die Meisterschaft in der 3. Liga unter Sebastian Hoeneß.
Und gibt es spezielle Szenen, die Sie heut noch vor Augen haben?
Seppi: Das Derby 2018 gegen 1860. Wir liegen 0:1 hinten und ich hab‘ bis dahin ein unglaublich schlechtes Spiel gemacht. Dann bekommen wir in der 79. Minute einen Elfmeter und ich war damals Schütze. Luki hatte in der Nacht zuvor geträumt, dass ich einen Elfmeter links unten verschieße. Ich laufe also an, will nach rechts schießen, entscheide mich aber im letzten Moment um. Hiller hält, ich verballere auch den Nachschuss und zwei Minuten später reißt mein Kreuzband.
Gibt’s nicht. Was war schlimmer?
Seppi: Der verschossene Elfmeter hat mehr wehgetan. Zum Glück hat Stefan Schimmer in der Nachspielzeit zumindest noch den Ausgleich erzielt.

„Seppi, wenn wir im letzten Heimspiel gegen Dresden einen Elfmeter kriegen, würdest du schießen?“

Maxi Welzmüller.

Wir haben über viele gemeinsame Momente gesprochen. Aber es gab auch Duelle auf dem Platz.

(Maxi beginnt zu grinsen. Seppi rutscht auf dem Stuhl nach unten).

Maxi: Mit Aalen habe ich zweimal gewonnen. Und einmal ein Testspiel mit Bayern. Seppi, ich würde behaupten, wenn du gegenüber auf dem Platz gestanden bist, habe ich eine weiße Weste. (grinst)
Halten wir fest: es gab zumindest kein Welzmüller-Tor in den Spielen.
Seppi: Ich habe in meiner Karriere sowieso nie ein Tor erzielt, nur zwei Elfmeter vor dem angesprochenen Derby.
Nie? Jeder steht doch irgendwann mal richtig?
Seppi: Dachte ich auch. Eine Zeit lang habe ich bei Ecken und Standards aber hinten nur abgesichert. Zuletzt war ich vorne drin im Strafraum, allerdings war ich fürs Blocken zuständig.
Maxi (grätscht rein): Man muss dazu sagen: Wir haben dadurch sehr viele Tore geschossen. Seppi, wenn wir im letzten Heimspiel gegen Dresden einen Elfmeter kriegen, würdest du schießen?
Seppi: Wahrscheinlich würde man mich ranlassen. Ich könnte das Trauma verarbeiten. Aber in welche Ecke schieße ich dann? Und was passiert, wenn ich wieder verschieße? Schwierige Frage.

„Ich denke schon, weil man selbst keine Erfahrungswerte hat.“

Seppi Welzmüller glaubt, dass junge Spieler einen Berater brauchen.

Wenn wir schon in die Zukunft blicken. Maxi, was machen Sie nach dem letzten Abpfiff?
Maxi: Meine Nähe zum FC Bayern ist ja bekannt, ich habe dort schon parallel im Scouting gearbeitet. Derzeit mache ich noch meine Masterarbeit fertig. Ich will auf jeden Fall auch im Profi-Fußball bleiben.
Frage an zwei Experten vom Fach: Braucht ein Drittligaspieler einen Berater?
Seppi: Ich denke schon, weil man selbst keine Erfahrungswerte hat. Entscheidend ist, eine gute und seriöse Agentur zu finden. Je jünger die Spieler sind, desto mehr sollten die Eltern mit im Boot sitzen.

Sie selbst sind nie gewechselt.
Seppi: Ich hatte nicht allzu viele Angebote.

„Er ist mein Fußball-Papa und das wird er auch immer bleiben.“

Seppi Welzmüller über Manfred Schwabl.

Vermutlich, weil Ihre Blockqualitäten im Strafraum nicht bekannt genug waren.
Seppi: Genau. Ein paar waren es über die Jahre dann aber doch. Aber ich hatte nie das Bedürfnis und immer schon den Traum, lange für einen Verein zu spielen. Maxi, das musstest du erste lernen, gell? Du warst zu Beginn ja schon in Haching, du hättest alles gehabt. (grinst)
Und jetzt: Ein Leben ohne Manni Schwabl…
Seppi: Schwer vorstellbar. Ich bin Manni sehr dankbar. Er ist mein Fußball-Papa und das wird er auch immer bleiben.
Und Ihr echter Papa, was macht der zukünftig am Samstagnachmittag?
Maxi: Der ist traurig. Profi zu werden, war auch sein Traum, aber er musste mit 16 Jahren den Familienbetrieb übernehmen, weil sein Vater früh gestorben war. Papa hat ein krasses Fußballherz. Ihn und Mama hat unsere Geschichte mit viel Stolz erfüllt. (Interview: Mathias Müller)

Aufrufe: 07.5.2024, 14:04 Uhr
Mathias MüllerAutor