2024-05-23T12:47:39.813Z

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Im Visier der Löwen: Waldhof-Talent Luca Bolay (21).
Im Visier der Löwen: Waldhof-Talent Luca Bolay (21). – Foto: IMAGO/Eibner-Pressefoto / Jan Strohdiek

Als Nachfolger für Steinhart: TSV 1860 nimmt Waldhof-Talent Luca Bolay ins Visier

Gerettet – und jetzt?

Eine weitere Gruselsaison des TSV 1860 München endet mit einem blauen Auge. Die Planungen für die neue Spielzeit laufen bereits auf Hochtouren.

München – Durch den 1:0-Sieg am Freitagabend in Essen schaffte der Tabellen-14. die Rettung aus eigener Kraft. In der Not vertraute Trainer Giannikis lieber eigenen Talenten als manchem Routinier. Mut, der belohnt wurde. Und ein Fingerzeig, wie es beim TSV 1860 München ab Sommer weitergeht.

Gegen 4 Uhr in der Nacht zum Samstag bog der Partyliner aus Essen in die Grünwalder Straße 114 ein. Wobei: Am Ende der 650 km langen Fahrt war der 1860-Bus eher ein Schlafwagen, denn nicht nur das Spiel an der hitzigen Hafenstraße (1:0) hatte Substanz gekostet, die ganze Saison war ein kräftezehrendes Auf und Ab. Als die Rettung feststand, wurde kurz und ausgelassen angestoßen – mit den Biervorräten, die Geburtstagskind Fynn Lakenmacher (24), der Siegtorschütze, Busfahrer Schorsch Ostermaier abgekauft hat. Am Ende krochen müde Profis aus dem Bus, freuten sich auf vier freie Tage und werden in dieser Zusammensetzung nur noch einmal zusammenkommen – beim bedeutungslosen Saisonabschluss-Heimspiel gegen die nun ebenfalls geretteten Bielefelder (Samstag, 13.30 Uhr).

Spieler des TSV 1860 München bekommen vier Tage frei

Erst am Mittwoch um 10.30 Uhr will Argirios Giannikis seine Mannschaft wiedersehen. Zeit für die Spieler, sich auszuruhen – und für Sportliche Leitung eine Gelegenheit, den Blick etwas konkreter Richtung Zukunft zu richten. Der Klassenerhalt ist endlich geschafft, der Neuaufbau eingeleitet. Einen kleinen Vorgeschmack bot das Spiel in Essen, bei dem drei NLZ-Talente (Glück, Reich, Bangerter) in der Startelf standen, die über den Sommer hinaus gebunden sind. Lediglich Mansour Ouro-Tagba, der Wegbereiter des Siegtreffers, wird gehen. Zudem Torschütze Lakenmacher (Darmstadt). Einziger Wackelkandidat in der Anfangsformation war Tim Rieder (Vertrag läuft aus). Den Rest des Teams – Hiller, Verlaat, Kwadwo, Schröter, Guttau – werden die Fans in der neuen Saison wiedersehen.

Es war ein mehr als deutliches Signal, wie sich Argirios Giannikis die Zukunftslöwen vorstellt – und manch einer der älteren Spieler, die sich auf der Bank wiederfanden, durften (oder sollten) sich ihre Gedanken machen. Lukas Reich zeigte, dass er Kilian Ludewig ersetzen kann. Moritz Bangerter bewarb sich als zweiter Sechser (statt Marlon Frey). Und dass Lakenmacher erneut den Vorzug vor Joel Zwarts erhielt, ist auch ein Statement. Wie sich der künftige Darmstädter reinhaute, ist nicht nur Ausdruck eines tadellosen Sportsgeistes, sondern auch ein Dankeschön an den Trainer, der sich wie bei Ouro-Tagba um die Entwicklung eines hoffnungsvollen Talents verdient gemacht hat. Zur Erinnerung: In der Winterpause, als Giannikis und Werner übernahmen, waren beide Stürmer mental am Ende, frustrierte Randfiguren eines sinnfrei zusammengestellten Kaders. Nun sieht es so aus, als wären Lakenmacher und Ouro-Tagba (im Visier von u.a. Rapid Wien) die beiden einzigen Löwen, die in dieser Saison aufsteigen werden.

Waldhof-Talent Bolay weckt 1860-Interesse

Seinem Auftrag – Klassenerhalt sichern und Talente formen – hat Giannikis also erfüllt, Frühjahrs-Krise hin oder her. Und Sportchef Christian Werner? Auch der denkt ja gar nicht daran, die Füße nach der Rettung hochzulegen, im Gegenteil. Bereits am Samstag tauchte der umtriebige Kaderrenovierer im Mannheimer Carl-Benz-Stadion auf. Nicht etwa aus Verbundenheit zu seinem Ex-Verein, wo er Chefscout war, sondern, um einen Spieler zu beobachten. Der Münchner Merkur weiß: Luca Bolay (21, Vertrag läuft aus), ausgebildet bei Giannikis‘ Ex-Club KSC und am Samstag trotz starker Leistungsbilanz (12 Spiele, 3 Assists) nicht im Kader, ist ein Talent, dem die Löwen zutrauen würden, die Steinhart-Nachfolge links hinten anzutreten. Sicheres Passspiel und ein ausgeprägter Vorwärtsgang zählen zu den Stärken des Leichtgewichts, ebenso offenbar eine innere Robustheit. „Der ist immer sehr cool und macht sich kein Flämmchen an“, schwärmt Waldhof-Coach Marco Antwerpen, der aber selber womöglich wechseln wird (Absteiger Duisburg lockt ihn für den Neuaufbau).

Kurzum: Die Löwen feilen und basteln an einer besseren Zukunft. Talente wie Bangerter, Reich oder auch Tim Kloss haben den Vorteil, dass sie unbelastet sind – und man ihnen seitens der Fans eher mal eine schlechte Phase nachsehen wird. Der endgültige Kader soll dann Ende Mai/Anfang Juni vorgestellt werden. Spoiler: Das Durchschnittsalter wird rapide sinken, bereits am Freitag in Essen waren die Löwen jung wie lange nicht (23,6 Jahre) – dafür keinen Deut schlechter als viele Formationen zuvor.

Aufrufe: 012.5.2024, 19:00 Uhr
Uli KellnerAutor