Marco Hiller hat sich durchgebissen und ist wieder die Nummer eins beim TSV 1860 München. Der Publikumsliebling kämpft um einen neuen Vertrag.
München – Samstag, 16. November, 14 Uhr, Haching! Sollte bei der jungen Familie von Marco Hiller (27) einer dieser Wandkalender in der Küche hängen, so dürfte dieser Termin dick markiert gewesen sein. Der Grund: Für Jungpapa Hiller, den Langzeitlöwen (seit 2008), sind berufliche Höhepunkte seit dem Sommer seltener geworden.
Kasendorf (18:0), Thalhofen (10:0) und Memmingen (2:1) – das waren die Hiller-Highlights in einer Saison, die für ihn im Abseits begann. Die Löwen hatten René Vollath aus Haching geholt, sogar Ablöse für ihn bezahlt – und der neue, sieben Jahre ältere Konkurrent war direkt gesetzt. Hiller blieb der Totopokal als Trostpflaster. Bis der November kam – und alles mal wieder anders wurde.
Wie vor einem Jahr, als es Ex-Trainer Maurizio Jacobacci war, der den November zu einer Torwart-Rochade nutzte. Rückblende: Hiller verletzte sich im Herbst 2023, fiel wochenlang aus, spielte statusgemäß wieder, als seine Knieblessur es zuließ, doch dann kam Pipinsried, die Blamage im Totopokal (0:1).
Als Bauernopfer rotierte Jacobacci den Fanliebling zurück auf die Bank – und dort blieb er erst mal. Hillers Vollath hieß damals David Richter, die Folge waren düster klingende Abschiedsgedanken: „Natürlich ist für mich und meine Zukunft auch entscheidend, was in den nächsten Wochen passiert“, sagte Hiller in einem nicht autorisierten Interview.
„Auf der Bank zu sitzen, vor allem als Torhüter, macht wirklich keinen Spaß.“
Marco Hiller
Passiert ist wie so oft bei 1860 ein Trainerwechsel. Argirios Giannikis übernahm, machte Hiller wieder zur Nummer eins, in der Rückrunde gab es nichts an ihm auszusetzen: Klassenerhalt, seine Leistungen waren beständig. Umso überraschender kam es für Hiller, dass sich der Verein dazu entschloss, den Umbruch des Teams mit einem neuen Torwart anzugehen.
Hiller rotierte erneut auf die Bank – und entsprechend frustriert klang er. „Auf der Bank zu sitzen, vor allem als Torhüter, macht wirklich keinen Spaß“, sagte er bei einem PR-Termin vor der Wiesn. Reservist in der 3. Liga sei auch nicht sein Anspruch: „Man muss schauen, was die Zukunft bringt.“ Das Medien-Echo aus dem Herbst 2023 im Kopf, fügte er brav hinzu: „Den Miesepeter zu geben, ist aber sicher nicht hilfreich.“
„Im Fußball kann man nicht alles erklären.“
Marco Hiller
Hilfreich war dagegen, dass sich Hiller nie hängen ließ. Im Training gab er weiter Vollgas, bei PR-Terminen lächelte er, grüßte Vollath artig, als er ihn mal privat in der S-Bahn traf (was dem Rivalen imponierte). Die Belohnung gab es dann am 2. November in Sandhausen: 1860 hatte eine schwierige Phase, ohne dass die Vollath anzulasten gewesen wäre.
Giannikis entschied sich trotzdem zu wechseln. Mit Hiller im Tor blieb 1860 zweimal ohne Gegentreffer, legte zwei überzeugende 3:0-Siege hin. „Im Fußball kann man nicht alles erklären“, sagte Hiller, der kaum was zu halten bekam. Vielleicht ist es einfach so, dass 1860 ohne Hiller nicht funktioniert.
Geschieht nichts Unvorhergesehenes, wird Hiller das Jahr als Nummer eins beenden – und kann seinen Status in der Wintervorbereitung festigen. Prognose: Er wird sich dafür zerreißen. Zweimal war er in der Hölle, zweimal wurde sein Himmel unverhofft wieder blau. Wenn er Glück hat, steht er auch am Samstag im Tor.
Von der Logik her bekommt zwar Vollath als Nummer zwei den Totopokal, aber Haching und Hiller – da gibt es eine Vorgeschichte. Ein Elferschießen mit drei Derby-Paraden war sein Durchbruch. Seit Hillers Rettungstaten im Viertelfinale 2019/20 trägt er den Beinamen „Killer“, und wer weiß? Vielleicht sogar über 2025 hinaus. Dass ihm die Zukunft einen neuen Vertrag bringt, ist zumindest nicht mehr auszuschließen. (Uli Kellner)