2024-05-02T16:12:49.858Z

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Maurice Passage (links) und Stefan Zabel hören beim FC Wegberg-Beeck auf.
Maurice Passage (links) und Stefan Zabel hören beim FC Wegberg-Beeck auf. – Foto: Max Media Solutions

Zabel und Passage: „Da haben die Zuschauer schon komisch geguckt“

Elf beziehungsweise zehn Jahre prägten die Topspieler Maurice Passage (32) und Stefan Zabel (31) den FC Wegberg-Beeck – der eine als Kapitän und Antreiber, der andere als Torwart. Beide hören nun auf. Im Interview sprechen sie über ihre besonderen Momente

Im Fitnessraum des FC Wegberg-Beeck hängt seit vielen Jahren ein Poster. Das Motiv ist dem Kinoplakat von „Men in Black“ nachempfunden. Montiert sind darauf aber die Köpfe von Arian Berkigt, Johannes Walbaum und Dominik Bischoff. Diese drei Topspieler, zwischen 2003 und 2017 für den FC am Ball, waren über ein Jahrzehnt (Berkigt sogar die vollen 14 Jahre) in Beeck prägende Figuren, gaben dem Verein ein Gesicht – auf und außerhalb des Platzes.

Gut möglich, dass dieses Plakat nun um zwei Köpfe erweitert wird. Denn jetzt sagen mit Maurice Passage, Kapitän seit 2017, und Torwart Stefan Zabel zwei weitere Leistungsträger nach gut einem Jahrzehnt Servus.

Herr Passage, als Sie 2012 zum FC kamen, hätten Sie da für möglich gehalten, über ein Jahrzehnt für Beeck zu kicken?

Passage Klar war auf alle Fälle, dass ich nicht nur für ein Jahr kommen wollte. Ich kam ja von der U23 Fortuna Düsseldorfs, hatte in dem Jahr den Sprung zu den Profis nicht geschafft. Dieses eine Jahr hatte ich mir gegeben, danach sollte für mich das berufliche Fortkommen Priorität haben, und von daher habe ich danach auch mit einer Ausbildung angefangen. Zumindest diese Zeit wollte ich dann auch schon in ­Beeck spielen. Tobi Klemt, mit dem ich eine Fahrgemeinschaft nach Düsseldorf hatte, schwärmte mir von Beeck vor, meinte, ich würde da richtig gut hineinpassen. Dieser Eindruck hat sich nach einem Gespräch mit dem damaligen Beecker Coach André Sieberichs verfestigt. Und auch in all den Jahren nach meiner abgeschlossenen Ausbildung habe ich nie eine bessere Option gehabt, habe ich mich nie ernsthaft mit einem Vereinswechsel beschäftigt.

Und Sie, Herr Zabel?

Zabel Bei mir war es im Grunde genauso. Als ich 2013 vom Rheydter SV kam, hatte ich schon gehofft, dass der FC für längere Zeit meine sportliche Heimat sein wird. Dass es dann aber so lange werden würde, konnte ich damals natürlich noch nicht abschätzen. Ich habe mich in all den Jahren in Beeck immer sehr wertgeschätzt gefühlt – und auch stets das Vertrauen gespürt. Beeck ist einfach ein familiär gepägter Verein.

Gibt es ein Spiel, das für Sie einen herausragenden Stellenwert hat?

Zabel Das ultimative Spiel war für mich unser 2:0-Sieg beim Bonner SC am 31. Mai 2015, mit dem wir am vorletzten Spieltag beim direkten Konkurrenten den ersten Regionalliga-Aufstieg klargemacht haben. Das war einfach Wahnsinn.

Passage Klar waren alle Aufstiege sehr schön. Aber dieser Sieg war nicht nur für uns Spieler, sondern auch für den gesamten Verein von ganz großer Bedeutung.

Ist eigentlich mittlerweile abschließend geklärt, wer in Bonn das 1:0 gemacht hat? Hat Danny Fäuster der Flanke von Dominik Bischoff wirklich noch eine entscheidende Richtungsänderung gegeben?

Passage (grinst) Das ist eine Frage, die wohl nie wirklich definitiv geklärt wird.

Zabel Ich möchte an diesem Punkt aber auch noch mal auf das folgende letzte Saisonspiel daheim gegen Viktoria Arnoldsweiler hinweisen, das wir 2:1 gewannen. Denn da ist noch was Kurioses passiert.

Schießen Sie los!

Zabel (schmunzelt) Nun, da stand nicht ich im Tor, sondern Stefan Nöhles. Ich saß auf der Bank, trank in der Pause schon mal drei Bier. Das Problem war, dass „Nöhler“ in der 58. Minute wegen einer Notbremse Rot sah und ich dann völlig unerwartet noch ins Tor musste. Aber es ist ja gut gegangen, wir haben auch dieses Spiel gewonnen.

Nicht gewonnen hatten Sie am 16. November 2014 das Hinspiel gegen Bonn. Das endete 0:0. Dabei hatte Bonn eigentlich ein völlig reguläres Tor erzielt.

Zabel Klar, der Schuss von Daniel Somuah war gut einen Meter hinter der Linie. Der Schiri konnte die Szene nicht genau sehen. Unser Glück war aber vor allem, dass Sebastian Wilms genau in diesem Moment dem Assistenten voll die Sicht versperrte.

Hat der Schiri Sie zu dieser Szene dann eigentlich selbst befragt?

Zabel Ganz ehrlich, das weiß ich nicht mehr.

Passage Sie hatten nach herausragenden Spielen gefragt. Natürlich denkt man dabei in erster Linie an Pflichtspiele, an Meisterschaft- und Pokalspiele. Für mich gibt es aber auch noch ein anderes absolutes Highlightspiel. Das war 2018, als wir vor 10.000 Zuschauern im Borussia-Park der Gegner beim offiziellen Saisoneröffnungsspiel Borussia Mönchengladbachs waren und uns da auch richtig gut verkauft haben.

Stimmt. Zur Pause lagen Sie nur 0:1 zurück, und dann vergab Norman Post die ganz große Ausgleichschance. Am Ende verloren Sie 1:5, Shpend Hasani erzielte das Ehrentor.

Passage Genau. Dieses Spiel ist definitiv auch hängengeblieben – zumal ich selbst Borussia-Fan bin. Ich bin ja auch Mönchengladbacher.

Zabel Richtig Bock haben aber auch gerade die Spiele auf dem Tivoli bei Alemannia Aachen und vor allem bei Rot-Weiß Essen gemacht. Da haben wir auch mal vor 11.000 Zuschauern gespielt. Als ich da vor der Essener Kurve stand, meine Trinkflasche ins Tor legte und dann die Tribüne hochschaute, da habe ich in jede Menge hasserfüllter Gesichter geguckt. Das hat echt Laune gemacht. Und wenn ich da dann mal einen Abstoß verzögerte, dann flogen direkt gefühlt 38 Bierbecher über meinen Kopf hinweg – einfach geil. Genauso waren auch die Gesänge. Ich hatte ein orangefarbenes Trikot an. Was also sang die Essener Kurve? „Orange trägt nur die Müllabfuhr!“ Einfach herrlich. In Erinnerung bleibt aber natürlich auch unser völlig missglückter Einstieg in die zweite Regionalligasaison. Im Juli 2017 sind wir vom Trainingslager in Simonskall direkt zum ersten Spiel bei der U23 Fortuna Düsseldorfs gefahren. Kurz vor dem Paul-Janes-Stadion hatte der Bus einen kleinen Unfall. Den restlichen Kilometer mussten wir dann zu Fuß absolvieren, dabei das Equipment tragen. Da haben die Zuschauer schon komisch geguckt, als wir da zu Fuß ankamen. Im Spiel waren wir dann chancenlos, verloren 1:6.

Was waren denn die markantesten Mitspieler in all den Jahren?

Passage Da gibt es viele. Natürlich zählt Arian Berkigt mit seiner herausragenden Spielintelligenz dazu, ebenso Johannes Walbaum. Fabio Ribeiro hat immer die Stimmung hochgehalten und war herausragend im Defensivzweikampf. Auch Torwart Sascha Rodemers muss ich aus meinem ersten Beecker Jahr nennen – da war Stefan ja noch nicht da. Und Dominik Bischoff hat für mich die besten Freistöße und Elfmeter getreten.

Zabel Natürlich bleibt auch das phänomenale Kopfballspiel von Sahin Dagistan in Erinnerung. Den habe ich blind vorne angespielt. Auch Patrick Ajani war ein echter Typ. Unfassbar ist, wie sich in all den Jahren Sebastian Wilms entwickelt hat. Ich kenne keinen anderen Spieler, bei dem die Schere zwischen Leistungen im Training und im Spiel so weit auseinandergeht wie bei ihm. Es ist wirklich krass, wie „Sepp“ den Hebel umlegen kann, wenn es drauf ankommt.

Wilms ist ja zudem der nun einzig verbliebene Akteur, der auch schon beim ersten Regionalliga-Aufstieg dabei war. Aber in den vielen Jahren zählten auch einige schräge Vögel zu Ihren Mitspielern.

Zabel Ja, das muss man schon sagen. Ohne Namen zu nennen: Da waren einige Pflegefälle drunter – und auch einige Träumer, die Beeck als Sprungbrett für den Profifußball angesehen haben.

Wie schwer ist Ihnen nun der Entschluss gefallen, in Beeck aufzuhören?

Passage Sehr schwer. Ich habe diese Entscheidung dann mit dem Kopf getroffen, nicht mit dem Herzen. In der Mittelrheinliga hätte ich wahrscheinlich noch mal ein Jahr drangehängt, doch in der Regionalliga ist die Intensität, die physische Belastung, ungleich höher. Ich habe sieben Operationen an Schulter, Hüfte, Fuß, Hand und Nase hinter mir, dazu zwickte auch immer wieder der Rücken so sehr, dass ich häufiger mal ans Aufhören gedacht hatte.

Zabel Bei mir stand der Entschluss ja schon länger fest. Ich möchte einfach nicht mehr diesen riesigen Aufwand betreiben, möchte mich nun mehr um meine junge Familie kümmern. Dazu kommt der Job. Ich arbeite in Duisburg, wohne in St. Tönis. Da ist Beeck für mich auch mit viel Fahrerei verbunden. Ich möchte jetzt einfach deutlich kürzertreten, schließe mich keinem neuen Verein an. Ich kann mir aber gut vorstellen, häufiger in Beeck mal mitzutrainieren – einfach so zum Spaß.

Und wie geht es mit Ihnen weiter, Herr Passage?

Passage Im Unterschied zu Stefan war für mich als Mönchengladbacher der Weg nach Beeck ja immer recht kurz. Und wie ich schon mal gesagt habe: Im Juli mache ich gar nichts, danach werde ich mich entscheiden, ob und wie ich meine Karriere fortsetze. Ich habe schon einige Anfragen bekommen, größtenteils von Mönchengladbacher Bezirks- und Landesligisten. Ich werde mir alles anhören und mich wie gesagt Anfang August dann entscheiden. Die Tendenz geht aber schon klar dahin, meine Karriere fortzusetzen.

Wem trauen Sie zu, in Ihre Fußstapfen zu treten – gerade auch als Identifikationsfiguren?

Passage Da denke ich zum Beispiel an Justin Hoffmanns, Yannik Leersmacher, Norman Post und Marc Kleefisch. Die sind ja auch schon alle länger dabei.

Bekommen Sie einen Kloß im Hals, wenn Sie an Ihre Verabschiedung am Samstag denken?

Passage Nein. Stefan und ich freuen uns einfach, dass sich der Verein für diese Form der Verabschiedung entschieden hat. Zum Abschluss möchte ich mich nun auch einmal bei allen bedanken, die mich in diesen elf Jahren in Beeck begleitet haben.

Zabel Dem schließe ich mich vorbehaltlos an.

Aufrufe: 014.7.2023, 13:00 Uhr
Mario EmondsAutor