2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
– Foto: Struwe

Warum der FC Mulsum/Kutenholz quer durch Europa fährt

Ein Spediteur fährt die Marke FC Mulsum/Kutenholz durch Deutschland und halb Europa. Aus Liebe zum Verein ist diese Idee entstanden. Cristian Bohling hat dem Verein einiges zu verdanken. Weil er es jetzt kann, revanchiert er sich auf seine Art.

Die Plane des Lkw-Anhängers ziert ein überdimensionales Foto. Ein Fußballplatz mit satt-grünem Rasen ist darauf zu sehen, Fußballer, Bohlings Familie und Mitarbeiter seiner Spedition in Kutenholz. Die Menschen lächeln. Der Stader Fotograf Jörg Struwe hat den Schriftzug "FC Mulsum/Kutenholz" und das Vereinswappen in das Gesamtkunstwerk montiert. "Ich habe Lkw mit Bayern München drauf gesehen. Aber kein Mensch fährt mit einem Dorfverein durch die Gegend", sagt Bohling.

Mu/Ku verschafft sich Luft im Abstiegskampf

Die erste Männer-Mannschaft von "Mu/Ku" hat am vergangenen Wochenende im Abstiegskampf der Bezirksliga Lüneburg gerade die SG Stinstedt mit 3:1 besiegt und sich damit im Tabellenkeller ein bisschen Luft verschafft.

Seit einigen Jahren betreibt Cristian Bohling in Kutenholz eine Spedition. Er beschäftigt knapp 40 Menschen. Etwa 30 Fahrzeuge fahren Container, Getränke oder Fertighäuser quer durch Deutschland und halb Europa. Vor einiger Zeit kaufte er einen gebrauchten Auflieger für seine Flotte und benötigte dafür eine neue Plane. "Nur das Logo der Firma auf der Plane war mir zu langweilig. Außerdem mag ich den Verein gerne", sagt Bohling. Das hat einen Grund.

Mit 16 verließ Bohling seine rumänische Heimat

Cristian Bohling ist heute 50 Jahre alt. Als er gerade 16 war, siedelten seine Eltern von Rumänien nach Deutschland um. Gut fand er das damals nicht, erzählt er. Er hatte Freunde in Rumänien, den Fußball. Er spielte als 16-Jähriger sogar schon 25 Minuten lang für seinen damaligen Club in der ersten rumänischen Liga. Auf der Geest fand er seine neue Heimat, neue Freunde und vor allem ganz viel Unterstützung.

TSV Mulsum schenkte dem Rumänen Fußballschuhe

"Ich konnte kein Wort Deutsch. Wir hatten kein Geld. Ich hatte nicht mal Fußballschuhe", sagt Bohling. Die Menschen im TSV Mulsum legten für ihn zusammen. "Ich habe mich gut eingelebt. Ich habe den Menschen hier viel zu verdanken", sagt Bohling.1994 heiratete Christian Bohling. Ein Jahr später, erzählt er, sollten seine Eltern Deutschland wieder verlassen und zurück nach Rumänien, weil die Aufenthaltsgenehmigung abgelaufen war. "Das ganze Dorf hat dagegen Unterschriften gesammelt und an den damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder geschickt", sagt Bohling. Ob sich Schröder damals persönlich um die Belange Bohlings Eltern gekümmert hat, ist nicht überliefert. Sie sollen jedenfalls schon auf gepackten Koffern gesessen haben, als der Anruf von der Kreisverwaltung kam, mit der Nachricht, dass sie bleiben dürfen und eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung erhalten.

"Jetzt bin ich in die Situation gekommen, selbst zu unterstützen", sagt Bohling. Vor elf Jahren machte er sich mit seiner Spedition selbstständig. Er hilft dem FC Mulsum/Kutenholz nach der Fusion der Fußballabteilungen des TSV Mulsum und des VfL Kutenholz finanziell und materiell. Für die Jugend, die Damen, die Herren und die Alten Herren habe er schon was gegeben. Auf der Internetseite des Fußballclubs steht bei den Sponsoren das Logo seiner Firma. Er wolle dem Verein helfen. "Wenn mein Lkw durch das Dorf fährt, sehen ihn auch die Kinder. Die denken sich dann vielleicht: Das ist mein Verein", sagt Bohling.

Vereinschef: "Cristian ist ein herzensguter Mensch"

Der Vorsitzende des FC Mu/Ku, Andreas Block, nennt Bohling einen "verrückten Hund", selbstredend im positiven Sinne. "Er lebt den Verein, ist immer offen, hat viel für die Kinder übrig und ist ein herzensguter Mensch", so der Vereinschef.Cristian Bohling kickt selbst noch im Sturm der Ü40. "Die behaupten, dass ich ganz gut bin. Sie können gut lügen", sagt Bohling und lacht.

Aufrufe: 016.10.2023, 20:00 Uhr
Tageblatt / Von Daniel BerlinAutor