Lange Zeit war Marius Wolf von Borussia Dortmund weit von der deutschen Nationalmannschaft entfernt. Nun könnte er unter Hansi Flick für den DFB debütieren.
München - Fünf Jahre ist es her, da ließ ein gewisser Kevin-Prince Boateng folgenden Satz los: „Wenn der nicht Nationalspieler wird, höre ich mit Fußball auf.“ Gemeint war Marius Wolf, mit dem Boateng drei Monate später den DFB-Pokal mit Eintracht Frankfurt gewann. Der heute 27-Jährige musste sich zwar länger gedulden als von Boateng prognostiziert, doch für die anstehenden Länderspiele gegen Peru am Samstag (20.45 Uhr, ZDF) und gegen Belgien am Dienstag (20.45 Uhr, RTL) wurde er von Bundestrainer Hansi Flick für die Nationalmannschaft nominiert.
Wolf, der abseits des Platzes gerne im schnellen Ferrari unterwegs ist, befindet sich fußballerisch derzeit auf der Überholspur – sowohl persönlich als auch mit Borussia Dortmund. Nicht umsonst traut ihm Teamkollege Emre Can zu, die Problem-Position auf der rechten Abwehrseiten dauerhaft zu besetzen. Bevor Can zum BVB kam, habe er nicht viel über Wolf gewusst, sein Trainingseinsatz habe ihm aber recht schnell imponiert: „Er hat immer Gas gegeben, nie gemeckert. Marius hat schon immer Top-Qualität gehabt und es in den vergangenen Wochen im Verein super gemacht. Er kann ein wichtiger Spieler für die Nationalmannschaft werden.“
Der gebürtige Coburger gilt auf dem Platz als Kämpfer und Arbeiter oder anders formuliert: Mentalitätsmonster. Und diese Eigenschaften hat er sich zu seiner Zeit beim TSV 1860 angeeignet, wie er der tz in Frankfurt erklärte: „Die Zeit bei den Löwen war sehr schön und für mich persönlich auch sehr wichtig – vor allem in der 2. Bundesliga. Dort habe ich gelernt, über das Kämpferische zu kommen. Und das ist schon etwas, das mich auszeichnet.“ Wolf spielte von 2012 bis 2014 in der Giesinger A-Jugend, ehe er über die Reserve-Mannschaft unter Trainer Markus von Ahlen den Sprung zu den Profis schaffte. Insgesamt trug er in 39 Zweitliga-Partien das Trikot der Löwen und erzielte dabei fünf Tore. Danach legte Wolf eine wahre Wechsel-Odyssee hin: Über den damaligen Erstligisten Hannover 96 – wo Wolf in die zweite Mannschaft versetzt wurde – ging es nach Frankfurt und später nach Dortmund. Beim BVB fasste der flexibel einsetzbare Außenbahnspieler anfangs nicht Fuß, wurde erst an Hertha BSC und dann an den 1. FC Köln verliehen.
Mittlerweile ist er aus der Mannschaft des aktuellen Tabellenführers nicht mehr wegzudenken. Seine größte Stärke: Wolf ist sich nicht zu schade, für andere die Drecksarbeit zu erledigen. Diese Eigenschaft möchte er auch beim DFB einbringen: „Ich versuche immer 100 Prozent zu bringen - egal auf welcher Position. In Dortmund habe ich diese Saison ja schon mehrere gespielt.“ Für Wolf sei es im Fußball allgemein wichtig, die richtige Mentalität und Einstellung zu haben: „Bei uns in Dortmund läuft es gerade richtig gut. Aber jeder von uns hat den Willen, alle Spiele zu gewinnen. Bei dem einen sieht man es vielleicht ein bisschen mehr als bei dem anderen. Das heißt aber nicht, dass derjenige das Spiel nicht gewinnen will, sondern: Es gibt eben ein paar Spieler, die eine Mannschaft auch mitreißen können. Darum ist es eben auch wichtig, solche Typen zu haben.“
Das Spitzenspiel am 1. April zwischen dem FC Bayern und den Dortmundern hat der Neu-Nationalspieler teilweise bereits im Hinterkopf – auch weil er in Frankfurt täglich auf die Münchner Joshua Kimmich, Leon Goretzka und Serge Gnabry trifft: „Ich bin jetzt zum ersten Mal hier dabei und tue gut daran, mich komplett auf Deutschland zu fokussieren. Wenn ich nächste Woche zurück nach Dortmund komme, liegt der Fokus auf dem Spiel gegen Bayern.“ Dann fordert der Ex-Löwe die Bayern zum ersten Mal als Nationalspieler. (Manuel Bonke)