2024-04-23T13:35:06.289Z

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Was ist hier denn los? 4500 Fans kamen zu einem Testspiel des Influencer-Vereins aus der Kreisliga-C.
Was ist hier denn los? 4500 Fans kamen zu einem Testspiel des Influencer-Vereins aus der Kreisliga-C. – Foto: IMAGO/Sebastian Räppold/Matthias Koch

Über 4.000 Fans in der Kreisliga-C: Internetstars gründen ihre eigenen Vereine

Die verrückte Welt der Sport-Influencer

Das sprengt alle Zuschauerrekorde. Neu gegründete Vereine von Influencer ziehen die Zuschauer auch in Kreisliga-C. Ein Fußball-Ausflug nach Berlin.

München – Mittwochabend, 18.45 Uhr, Oderstraße/Berlin. Der Oberligist Tasmania spielt gegen den neu gegründeten Club Delay Sports aus der Kreisliga C (11. Liga). Das Stadion hat für 300 Fans Sitzplätze – aber 4500 Fans, hauptsächlich Teenager, wollen auf die Tribüne. Sie wollen sehen, wie das von Elias Nerlich und Sidney Friede gegründete Team aus Ex-Profis und Freunden spielt.

Die beiden sind Sport-Influencer, das heißt, sie haben vor allem bei Instagram und anderen Social-Media-Kanälen hunderttausende Fans. Ihr Club ist die neueste Idee der beiden, bei Delay Sports stehen unter anderem Ex-Profis wie Kevin Pannewitz (Hansa Rostock) und Friede (Hertha BSC) auf dem Platz.

Hat seinen eigenen Verein gegründet: Elias Nerlich (l.), zuvor E-Sportler bei Hertha BSC Berlin.
Hat seinen eigenen Verein gegründet: Elias Nerlich (l.), zuvor E-Sportler bei Hertha BSC Berlin. – Foto: IMAGO/Sebastian Räppold/Matthias Koch

Sie wollen bald „die Bayern weghauen“, wie Nerlich (im Internet unter dem Namen Eligella bekannt) scherzhaft der „Bild“ sagt. Humor zeigt der 24-Jährige und auch an Kontakten fehlt es ihm nicht: Nationalspieler Timo Werner ist Fan er beiden, auch der Tottenham-Brasilianer Richarlison verfolgt ihre Kanäle. Eligella selbst war vor seiner Karriere als Internet-Star bei Hertha unter Vertrag – jedoch als E-Sportler. Mittlerweile hat sein Instagram-Konto von Delay Sports mit 361 000 Followern Hertha BSC längst in den Schatten gestellt und ist der meistgefolgte Account Berlins, das Highlight-Video des ersten Spiels wurde auf Youtube schon mehr als 700 000 Mal angesehen.

Interessant: Keiner der Spieler wird bezahlt, bislang verdient keiner an den Events, dafür sind die Kosten für Stadionmiete, Ordner etc. zu hoch. Aber die Follower-Zahl von Nerlich & Co. steigt – und das ist die wahre Währung im Internet. „Höchstens ein kühles Blondes und einen Klaps von mir auf den Po, wenn er ein geiles Spiel gemacht hat“, verteilt Nerlich nach einem Match. Das Ziel des neuen Vereins: erst mal aufsteigen und probieren, die Bezirksliga zu erreichen. Einen kleinen Vorteil hat das Team dabei. Der Berliner Fußballverband erspart ihnen die sonst obligatorischen drei Jahre Freizeitliga – so können sie direkt am 21. August in der Kreisliga C das erste Ligaspiel bestreiten.

Doch nicht nur Nerlich steigt ins Fußballgeschäft ein. Viele Online-Stars wie zum Beispiel Jens Knossalla (Knossi), der das Team SC Baden-Baden kaufte. Auch hier läuft der Laden: Bei einem Freundschaftsspiel, das von Knossi und Maxi Stemmler (im Internet: Trymacs) ausgerichet wurde, waren 195 000 Fans gleichzeitig im Stream dabei. Auch hier bestanden beide Mannschaften hauptsächlich aus Influencern. Am Ende gewann Team Knossi übrigens 4:2. Die Motivation von Team Trymacs: „Die wollen einfach mal weg vom Bildschirm kommen und Spaß haben“ – und Hunderttausende schauen dabei zu. Fußball ist nicht der erste Sport, bei dem die deutsche Streamer- und E-Sportler Szene zugange ist

Rekord: Mit einem Boxstream lockte Ibai Llanos (Mitte) drei Millionen Zuschauer vor die Geräte.
Rekord: Mit einem Boxstream lockte Ibai Llanos (Mitte) drei Millionen Zuschauer vor die Geräte. – Foto: Screenshot

Im April standen sich Trymacs und sein Freund Michael (MckyTV) in Köln im Boxring gegenüber. Der Kampf erreichte Rekordzahlen, obwohl er nur über den Anbieter JOYN ausgestrahlt wurde. 14 000 Fans waren in der Halle dabei, online knapp 500 000! Das reicht aber international nicht für Rekorde: In Spanien brach der Streamer Ibai Llanos den Zuschauerrekord auf Twitch. Mit seinem Box-Event lockte er jüngst 3,3 Millionen Zuschauer vor die Geräte. Diese Resonanz lockt auch echte Fußballstars: Barcelona-Legende Gerard Pique sicherte sich die Übertragungsrechte der Copa America, um diese dann auf dem Kanal von Ibai auszustrahlen – und zusammen mit dem Internet-Star zu kommentieren.

Live in der Sendung rief er dann Brasiliens Ex-Weltmeister Ronaldo an, der prompt bekannt gab, dass er in Zukunft selbst einen Twitch-Kanal starten wolle. Nebenbei nannte er Argentiniens Superstar Lionel Messi noch einen „Zwerg“, der aber „spektakulär“ sei. Spaß muss sein, schließlich geht’s bei den Influencern nicht nur um den Sport … (Oskar Heydenreich)

Aufrufe: 029.7.2022, 08:33 Uhr
Oskar HeydenreichAutor