2025-01-24T06:57:50.986Z

Allgemeines
Zülpich und Köln leisteten sich einen packenden Pokalkrimi
Zülpich und Köln leisteten sich einen packenden Pokalkrimi – Foto: Markus Becker

TuS Zülpich verkauft sich teuer und schnuppert kurz an der Sensation

Mit einem leidenschaftlichen Auftritt kaufte der TuS Zülpich Drittligist Viktoria Köln oftmals den Schneid ab. Der Klassenunterschied ließ sich letztlich fast nur über die gnadenlose Chancenverwertung der Kölner festmachen.

Am Ende stand der TuS Zülpich nach einer achtungsvollen Leistung gegen Viktoria Köln mit leeren Händen da. Der deutliche Klassenunterschied war bei der 2:5 (1:4)-Niederlage nur selten auszumachen. Der Drittligist geriet gar phasenweise gehörig ins Schwitzen, darf nun jedoch mit der nächsten Runde im Mittelrheinpokal planen.

Blitzstart und Flutlichtausfall

Die Partie begann mit einem Paukenschlag, der exemplarisch für den mutigen Ansatz des TuS stand. Direkt nach dem Anstoß schwärmten die Römerstädter gegen den vermeintlich haushoch überlegenen Gast in Richtung der Gefahrenzone aus. Ein langer Ball von Abwehrmann Lucas Carell flog in Richtung Sechzehner, wo die Kölner in Person von Kevin Pytlik ungestüm zu Werke gingen – Schiedsrichter Lutz Meyersieck zeigte auf den Punkt. Devin Nickisch übernahm die Verantwortung und versetzte das heimische Publikum an der Blayer Straße in Ekstase (1.).

Hellwach und angepeitscht von den mitgerissenen Zuschauern ließ sich der TuS tief fallen und verteidigte kompakt. Der anfänglichen Euphorie wurde jedoch urplötzlich der Stecker gezogen – in vielerlei Hinsicht. In der 4. Spielminute wurde es auf einen Schlag zappenduster. Es hatte sich wohl eine unbefugte Person in den Kontrollraum geschlichen und schlichtweg die Flutlichter abgestellt.

Die Zuschauer ließen sich die Stimmung auch ohne Licht nicht vermiesen.
Die Zuschauer ließen sich die Stimmung auch ohne Licht nicht vermiesen. – Foto: Markus Becker

Bis die Spielbeleuchtung wieder warmlief, vergingen knapp 25 Minuten. Eine Pause, die augenscheinlich dem Profiklub deutlich besser bekommen ist. In der Folge hatten die Hausherren auch sichtlich Probleme, wenn die Kölner das Tempo in ihren offensiven Vorstößen anzogen. Nach einem Steckpass auf Samuele Carella war die gesamte letzte Reihe ausgehebelt: Der 18-Jährige umkurvte Keeper Robin Metternich und beförderte die Kugel über die Linie (6.).

Köln nutzt jede Chance

Es sollte ein Wirkungstreffer für den weiteren Spielverlauf werden. In dieser Phase konnte der Drittligist auch seine qualitativen Vorteile ausspielen. Die Kölner kombinierten sich zielgerichtet auf die linke Grundlinie vor, wo Benjamin Hemcke das Spielgerät flach in die Mitte feuerte. Serhat-Semih Güler ließ den Ball technisch hochanspruchsvoll über den Spann für einen maßgenauen Abschluss ins lange Eck gleiten (26.). Ein Treffer, den die Zülpicher auf dem gewohnten Niveau wohl nicht kassieren würden. Aufgegeben hatten sich die Römerstädter daraufhin noch lange nicht. Vielmehr konnte Torjäger Luca Ohrem nach einer Ecke wieder auf pari stellen, doch traf mit seinem Kopfball nur den Pfosten (28.). Stattdessen zeigten sich die Kölner auf der anderen Seite erneut gnadenlos vor dem Tor. Güler bediente Luca De Meester, der den Ball überlegt an Robin Metternich vorbei bugsierte (30.).

Es wirkte, als würde jeder Schuss des Favoriten im Netz landen. Doch auch der TuS versprühte Torgefahr mit seinen Offensivbemühungen. Nach Ballgewinn sollte es besonders über Nickisch und Ohrem blitzschnell in Richtung des gegnerischen Kastens gehen. Nach einem solchen Tempogegenstoß zielte Nickisch mit einem wuchtigen Abschluss vom kurzen Pfosten zu zentral, Dudu war zur Stelle (33.). Das Spielglück war den Zülpichern an diesem Abend schlichtweg nicht hold. Nach einem Eckball hatte Güler zu viel Platz am zweiten Pfosten und tunnelte Metternich für die vermeintliche Vorentscheidung (42.)

Die Stimmung am Kunstrasenplatz in Euskirchen dämpfte allmählich ab. Mit Augenzwinkern verkündete der Stadionsprecher nach dem Halbzeitpfiff: "Hier ist noch alles drin", ein stumpfer Witz für die Einen, war für das Heimteam blanker Ernst. Natürlich hatte der Außenseiter nach dem Seitenwechsel gar nichts mehr zu verlieren und überrumpelte die Kölner mit der angemessenen Präsenz im Zweikampfverhalten und geradlinigem Offensivspiel. Der agile Nickisch nahm sich an der Strafraumkante ein Herz, setzte zum Solo an und versenkte den Ball zum Anschluss in die Maschen (53.). "Sei mutig", rief TuS-Coach David Sasse seinem Schützling in der ersten Hälfte mehrfach zu. Zum richtigen Zeitpunkt setzte der 23-Jährige den Rat seines Coaches maßgerecht um.

Weinhold stoppt die Aufholjagd

Mit nur noch zwei Tore Rückstand, gewann das wohl von vielen Zuschauern schon aufgegebene Spiel plötzlich wieder an Feuer. Nur wenige Momente später zappelte der Ball gar erneut im Netz – Luca Ohrem setze sich robust durch und verwandelte resolut (54.), doch der Unparteiische hatte in der Entstehung wohl ein Offensivfoul ausgemacht. Eine mindestens harte Entscheidung. Die Aufbruchsstimmung drohte überzukochen, der TuS wusste sich nur nicht zu belohnen. Ein feines Zuspiel von Ohrem landete beim eingewechselten Dominik Spies, ein Gegenspieler der Viktoria klärte den Ball noch in höchster Not (58.). Mit der Hoffnung aufs Comeback tat der zusätzliche Adrenalinschub jedoch nicht allen Zülpichern gut. Marco Weinhold ging nahe des Mittelkreises De Meester ungestüm hinten in die Beine und kassierte folgerichtig die Ampelkarte (58.).

Luca Ohrem (am Ball) war ein Unruheherd auf Seiten des TuS.
Luca Ohrem (am Ball) war ein Unruheherd auf Seiten des TuS. – Foto: Markus Becker

Ein Stimmungsdämpfer für den TuS, der selbst in Unterzahl auf Augenhöhe mit der Viktoria mitspielte. Die Kölner agierten überraschend ideenlos und fehlerbehaftet und konnten den Vorteil eines zusätzlichen Mannes nur selten ausnutzen. Viel mehr als ein harmloser Abschluss von der Strafraumkante durch Diego Perri (75.) und ein Freistoß von Carella, der am langen Pfosten an Freund und Feind vorbeirauschte (81.), sprang nicht heraus.

In der 85. Minute gab Trainer Sasse die Partie dann auch offiziell aus den Händen, indem er mit der Hereinnahme von Julian Eversheim zwar zum fünften Mal wechselte, dafür jedoch vier Wechselfenster benutzte. Der Chefcoach war sich dessen offensichtlich bewusst, wollte es schlichtweg noch ein paar Schützlingen ermöglichen, das Highlight-Spiel mitzunehmen. In der Nachspielzeit wechselte er mit Johannes Püllen gar erneut. Dem vorausgegangen war die wohl strittigste Szene des Spiels, Nickisch ging im eigenen Strafraum verletzt zu Boden. Nachdem die Zülpicher zuvor nicht ins Aus spielten, machten es die Kölner ebenso. Perri vollendete mit dem immer noch im Strafraum liegenden Nickisch zum 5:2-Endstand (90.+1). Einige TuS-Spieler sahen hier den Fairplay-Gedanken verletzt, weshalb sich darauf noch eine kurzzeitige Rudelbildung bildete, die sich jedoch schnell wieder auflöste.

Unterm Strich darf sich der TuS einige Komplimente nach einer couragierten Leistung abholen. Es mag absurd erscheinen, dass im Duell gegen den drei Klasen höher gestellten Profiklub die eigene Chancenverwertung das wohl größte Manko war. Auf der anderen Seite wird die Viktoria das Duell im Hexenkessel an der Blayer Straße schnell abhaken wollen. Besonders in Überzahl enttäuschte der klare Favorit, der in etwa so viel tat wie notwendig, um ins Viertelfinale des Mittelrheinpokals einzuziehen.

TuS Chlodwig Zülpich 1896 – Viktoria Köln 2:5
TuS Chlodwig Zülpich 1896: Robin Metternich, Georg Salmon, Marco Weinhold, Lucas Carell, Devin Nickisch (90. Johannes Püllen), Thomas Leßenich (80. Till Hahne), Marlon Große (66. Alexander Ems), Nico Berekoven (85. Julian Eversheim), Constantin Pennartz (77. Mika Jensen), Noel Huschke (46. Dominik Spies), Luca Ohrem - Trainer: Frank Müller - Trainer: Andreas Storb - Trainer: David Sasse
Viktoria Köln: Eduardo Dos Santos Haesler, Patrick Koronkiewicz, Jonah Sticker (66. Elyas Aydin), Kevin Pytlik, Kwabenaboye Appiah Schulz, Moritz Fritz, Benjamin Hemcke, Samuele Carella, Luca De Meester, Robin Velasco (66. Thomas Idel), Serhat-Semih Güler (66. Diego Salvatore Perri) - Trainer: Marian Wilhelm - Trainer: Olaf Janßen
Schiedsrichter: Lutz Meyersieck (Erkelenz) - Zuschauer: 1300
Tore: 1:0 Devin Nickisch (1. Foulelfmeter), 1:1 Samuele Carella (6.), 1:2 Serhat-Semih Güler (26.), 1:3 Luca De Meester (30.), 1:4 Serhat-Semih Güler (42.), 2:4 Devin Nickisch (53.), 2:5 Diego Salvatore Perri (90.+1)
Gelb-Rot: Marco Weinhold (59./TuS Chlodwig Zülpich 1896/Foulspiel )

Aufrufe: 012.12.2024, 00:23 Uhr
Markus BeckerAutor