Blau Weiß 90 bleibt nur knapp oben

Ich hasse es, dass ich so spät mit Aufzeichnungen angefangen habe. Viele besuchte Spiele musste ich, um meine Statistik auf Vordermann zu bringen, mühevoll recherchieren. Durch stundenlanges Klicken im Netz fand ich auch Daten zu einem Benefizspiel, dem ich im Juni 2012 beiwohnte.

Der TSV Helgoland 1897 Berlin empfing eine Hertha BSC Allstar Mannschaft. Soweit ich mich recht entsinne wurde damals mit diesem Spiel für ein an Blutkrebs erkranktes Mitglied der Helgoländer Geld gesammelt.

Ich weiß, dass Hertha BSC mit 3:5 gewann und das Spiel im Volksparkstadion Mariendorf stattfand. Aber ich weiß bis heute nicht, ob das ein richtiges, offizielles Spiel über 90 Minuten war.

Um nicht weiter darüber nachzudenken, ob das Stadion Mariendorf nun einen Platz in meiner Sammlung hat oder nicht, peilte ich seit Jahren einen erneuten Besuch. Aber wie das so ist: Omas Geburtstag hier, Corona da, ein anderes verlockendes Spiel wird angestoßen usw.

Aber heute sollte es so weit sein und ich steuerte Berlins Süden bei schönstem Sonnenschein an. Als das Navi noch zwei Minuten anzeigte, beschloss ich, schon mal zu parken. In Berlin weiß man ja nie, wann man wieder eine Lücke bekommt. Ich befand mich nun auf der Rückseite des Stadions, direkt an dem Areal eines abgerissenen Altenheimes meines Arbeitgebers.

Gut gelaunt, weil überpünktlich, lief ich dem Volkspark entgegen. Dann fiel mir ein, dass ich so gut wie kein Bargeld dabeihatte. Die nächste Sparkasse war fast einen Kilometer weg. Das machte beinahe 2000 Meter in circa 15 Minuten, um zum Geldinstitut zu kommen und es rechtzeitig zum Stadion zu schaffen. Tja, lieber Kutten König, also wieder Stress. Gut, dass vor der Sparkasse ein e-Scooter stand. Mit diesem heizte ich, mit frischen Banknoten in der Geldbörse, zum Eingang des Stadions im Volkspark Mariendorf.

Meine gute Freundin, das Hopping Beuteltier, war vor kurzem hier bei einem Heimspiel von Blau-Weiß 90 und berichtete, dass man nicht ohne Weiteres im Stadion umherlaufen darf, um Fotos zu machen. Daher hatte ich im Vorfeld um eine Foto-Akkreditierung gebeten. Diese Bitte wurde von Blau-Weiß kurzfristig gewährt. Trotzdem kaufte ich mir für 8 € eine Eintrittskarte. Der unterklassige Fußball will ja unterstützt sein.

Der Anpfiff erfolgte, kaum dass ich auf Höhe der Mittellinie war. Der legitime Nachfolgeverein der legendären Katastrophenmannschaft der 80er war definitiv heiß auf Blau-Weiß. Die ersten Minuten ging es nur in Richtung Neustrelitzer Tor. In diesem stand ein Keeper im Trainingsleibchen. Offenbar war dem Schiri das eigentliche Torwartdress farblich zu nah an denen der Spieler. Leider verflachte das Spiel dann ziemlich schnell.

Ich war mittlerweile einmal um das halbe Spielfeld gelaufen und hatte ein paar schöne Bilder von der Gegentribüne aus geschossen, als ich plötzlich angesprochen wurde. Ein Hamburger Hopper war ebenfalls mit seiner Kamera bewaffnet hier unterwegs. Nach einem kurzen Snack trennten sich unsere Wege erst mal wieder.

Ich vollende den Rundgang durch dieses wirklich schöne Stadion, welches 1935 fertig gestellt wurde, und besorgte mir dann ein Kaltgetränk. Die Spielstätte ist mit einem Fassungsvermögen von 10.000 Zuschauern das siebtgrößte Stadion Berlins. Die überdachte Tribüne, auf welcher sich die Anhänger von Blau-Weiß 90 positioniert hatten, bietet Platz für 2000 Zuschauer. Heute hatte sich aber nur eine knappe dreistellige Kulisse gebildet.

Ich würde auch gerne etwas zum Sportlichen schreiben. Aber auf dem Platz war bis hierher noch nichts Gravierendes passiert. Und das, obwohl die erste Halbzeit schon abgepfiffen war. In der Pause ging ich zum Grill, oberhalb der Tribüne, und genoss eine wirklich leckere Wurst im Sonnenschein. Dabei lief mir wieder der Kollege aus Hamburg über den Weg und wir verquatschten im Grunde die gesamte zweite Halbzeit auf dem Balkon, der auf der Rückseite der Tribüne verläuft. Durch große Glasfronten kann man das Spiel von hier trotzdem gut verfolgen und ich meinte mich zu erinnern, von hier auch das Benefizspiel 2012 gesehen zu haben.

Zwar gab das Spiel immer noch keine Highlights her aber die Fans der Blau-Weißen waren gut drauf und sorgten für eine schöne Atmosphäre. Irgendwie schade, dass auch dieses Spiel irgendwann vorbei war.

Die Gastgeber verpassten mit diesem Unentschieden die Chance, sich auf dem ersten Platz von den Verfolgern zu distanzieren. Es bleibt also spannend im Kampf um den Aufstieg in die Regionalliga. Hertha Zehlendorf, der Greifswalder FC und der CFC Hertha 06 lauern nur einen bis drei Zähler hinter den Blau-Weißen aus Mariendorf.

Ich habe jetzt nicht nur das Stadion ganz sicher in meiner Sammlung, sondern auch einen netten kleinen Sonnenbrand auf der Nase. War vielleicht doch zu heiß auf Blau-Weiß…

der Kutten König