2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines
Dieter Pauly ist verstorben.
Dieter Pauly ist verstorben. – Foto: Marcel Eichholz

Trauer um Dieter Pauly

Der Mönchengladbacher galt als einer der bekanntesten Schiedsrichter der Fußball-Bundesliga. Das Sportfoto des Jahres 1981, das ihn Nase an Nase mit dem früheren deutschen Nationaltorwart Toni Schumacher zeigt, machte ihn berühmt.

Binnen acht Wochen trauern der Fußball in Mönchengladbach, der gesamte Niederrhein sowie der Deutsche Fußball-Bund um zwei Männer, die als Schiedsrichter eine wichtige Rolle spielte:

Mitte Dezember war Rolf Göttel, Borussias ehemaliger Stadionsprecher und lange in vielen Bereichen des Schiedsrichter-Wesens tätig, gestorben – und nun Dieter Pauly, der, so urteilte das Magazins „11 Freunde“ 2013, die Nummer zwei unter den wichtigsten Schiedsrichtern Deutschlands war. Pauly starb in Thailand, das seit 2011 seine Wahlheimat war, er wurde 81 Jahre alt.

Göttel und Pauly verband das kritische Borussen-Herz ebenso wie das Pfeifen, tatsächlich kam Pauly durch Göttel zur Schiedsrichterei. Nach einem Spiel des Rheydter SV, für den Pauly dereinst spielte, meckerte er, weil unzufrieden mit einigen Entscheidungen, den Schiedsrichter an – das war der zwei Jahre jüngere Göttel. „Dann mach es doch besser“, antwortete Göttel ganz nach seiner Art. Das war im Jahr 1960. Pauly nahm es sich zum Herzen, er wurde ebenfalls Schiedsrichter. 30 Jahre lang leitete er Fußballspiele.

Ab 1980 pfiff er auch in der Bundesliga. 97 Spiele im deutschen Oberhaus kamen bis 1990 zusammen, dazu 80 in der Zweiten Liga und drei Partien im Rahmen des Austauschs zwischen Deutschland und der Schweiz in der Ersten Eidgenossen-Liga. 1986 war er der Unparteiische beim DFB-Pokal-Endspiel zwischen dem FC Bayern, damals mit dem früheren Gladbach-Trainer Udo Lattek und dem Ex-Borussen Lothar Matthäus, und dem VfB Stuttgart (5:2). Insgesamt war Pauly im DFB-Pokal 15-malals Schiedsrichter im Einsatz. 65 internationale Begegnungen kamen dazu. 1988 pfiff er auch bei der Europameisterschaft in Deutschland. 1985, 1988 und 1990 war er „Schiedsrichter des Jahres“, 2000 wurde er in den Uefa-Ausschuss für Schiedsrichterbeobachter gewählt.

„Dieter war als Spielleiter immer durchsetzungsfähig. Ich kann mich kaum an ein Spiel erinnern, wo es größere Kritik an ihm gab“, sagte Rolf Göttel früher mal als Freund und Fachmann aus der Schiri-Gilde unserer Redaktion. Allein wegen seiner Körpergröße von 191 Zentimetern ragte Pauly heraus, kein Schiedsrichter war seinerzeit größer in der Bundesliga.

Auf dem legendären Gladbacher Bökelberg pfiff er indes nie, weil er als gebürtiger Mönchengladbacher keine Borussen-Spiele leiten durfte. Doch fand dort sein Abschiedsspiel statt, Pauly war der erste Schiedsrichter, der ein solches bekam, er organisierte es selbst. Am 21. August 1990 spielte Borussia gegen Ajax Amsterdam.

Geleitet hat Pauly, der sich in Gladbach und Rheydt mit Sportgeschäften selbstständig machte, auch das Abschiedsspiel des früheren Nationaltorwarts Toni Schumacher bei Galatasaray Istanbul. Mit dem langjährigen Keeper des 1. FC Köln verbindet ihn Bundesliga-Geschichte.

Legendäre Szene

Beim Spiel zwischen Borussia Dortmund und dem 1. FC Köln (2:2) im damaligen Westfalenstadion standen sich Schumacher und Pauly, ja, man muss es sagen, Nasenspitze an Nasenspitze gegenüber. Eine Szene vor dem Kölner Tor hatte den stets impulsiven Schumacher erregt und es entwickelte sich ein legendäres Streitgespräch.

„Woll‘n Sie nicht mal pfeifen“, brüllte Schumacher, Paulys Replik war kaum weniger lautstark: „Wenn hier einer schreit, bin ich das, Herr Toni! Sie gehen sofort zurück ins Tor und die Gelbe Karte nehmen Sie gleich mit!“ Rainer Bonhof, heute Borussias Vize-Präsident und früher Teil der großenFohlenelf der Gladbacher, 1981 aber für Köln am Ball, schlichtete, er zog Schumacher mit den Worten weg: „Geh lieber, der schmeißt dich sonst vom Platz!“ Schumacher trollte sich. Doch vergessen hat er die Szene nie.

Auch, weil der Sportfotograf Dieter Wiechmann sie fotografisch festgehalten hat. Sein Bild wurde 1981 das Sportfoto des Jahres. Dass Wiechmann, der als Bildermacher eine Institution bei Borussia war und die Geschicke des Klubs über viele Jahrzehnte auch für die Rheinische Post fotografisch begleitete, nur wenige Tage vor Pauly starb, ist eine traurige Ironie des Schicksals. Er setzte Pauly mit dem Bild ein Denkmal.

„Der DFB und der damalige Schiri-Ausrüster Erima hatten den Fotografen beauftragt, Werbe-Fotos zu machen. Der knipste dann nur meine Aktionen. Und weil das Spiel damals nicht im Fernsehen gezeigt wurde, bekam das Foto eine noch größere Wirkung“, erzählte Pauly später. Wiechmanns Foto von den Streithähnen Schumacher und Pauly sei, das befand „Bild“ zum 50-jährigen Jubiläum der ersten deutschen Fußball-Klasse, „das berühmteste Schiri-Foto der Bundesliga“.

Aufrufe: 015.2.2024, 12:00 Uhr
RP / Karsten Kellermann & Otto-Eberhard SchützAutor