Christian Träsch will den FC Ingolstadt als Präsident in die 2. Bundesliga führen. Der ehemalige Nationalspieler denkt dabei über den Tellerrand hinaus.
München/Ingolstadt – Christian Träsch tritt zur Präsidiumswahl des FC Ingolstadt 04 an. Der Ex-Nationalspieler, der zum Ende seiner Profikarriere in Deutschland für den FCI in der 2. Bundesliga auflief (2017-2019), fordert den amtierenden Präsidenten und Gründer des FC Ingolstadt, Peter Jackwerth, heraus. Das Interview für Fußball Vorort/FuPa Oberbayern führte Simon Pohler vor dem Spiel gegen Arminia Bielfeld.
Seit acht Spielen haben die Schanzer in der Liga nicht mehr verloren. Christian Träsch, ist der FCI aktuell das spannendste Team in der 3. Liga?
Christian Träsch: Sportlich läuft es gut, definitiv. Gegen Osnabrück haben wir gesehen, wozu die Mannschaft imstande ist. Es gibt viele spannende Teams in der 3. Liga. Vor allem auch viele, die nach oben wollen.
Sabrina Wittmann ist seit dieser Saison Cheftrainerin und sorgte als einzige Trainerin im deutschen Profifußball für Aufsehen. Was halten Sie von ihrer Arbeit?
Sabrina Wittmann ist eine Identifikationsfigur. Sie kommt aus der Ingolstädter Jugend. Es war eine gute Entscheidung, das Vertrauen in sie zu setzen. Zu Saisonbeginn wusste die Mannschaft noch nicht genau, wie sie die Ideen der Trainerin umsetzen soll, aber jetzt ist ihre Handschrift klar zu erkennen.
„Wenn jetzt alle sagen würden: Christian, das ist super, was du machst, dann würde ich das auch nicht glauben.“
Christian Träsch
Am 5. Dezember wählt der FC Ingolstadt ein neues Präsidium. Sie stellen sich mit einem festen Team als Gegenkandidat zu Peter Jackwerth zur Wahl. Wie kam es zu der Entscheidung?
Wir sind eine Gesellschaft, die gerne schimpft. Als Team haben wir uns gesagt: Wir können zwar schimpfen, aber wir können auch etwas verändern. Wir sind ein Team, in dem jeder in seinem Fach Profi ist. Ich würde mir nicht anmaßen, alleine antreten zu wollen. Die Reaktionen auf unsere Entscheidung waren gemischt. Mich hat sofort Marcell Jansen angerufen, der findet es super. Aber es gab auch kritische Stimmen. Das finde ich in Ordnung. Wenn jetzt alle sagen würden: Christian, das ist super, was du machst, dann würde ich das auch nicht glauben.
„Es braucht im Kontrollgremium eine gewisse sportliche Expertise.“
Christian Träsch
Was wollen Sie als Präsident als Erstes anstoßen?
Die Identifikation zum Verein ist in der Stadt ziemlich verloren gegangen. Es braucht mehr Mitglieder. Und wir müssen die Mitglieder mit mehr Informationen versorgen. Was passiert in den Jugendmannschaften, bei den Frauen, in den Herrenteams? Wenn ich nichts über meinen Club weiß, kann ich mich auch nicht mit ihm identifizieren.
Sie haben zuletzt kritisiert, dass im Verein die sportliche Expertise fehlt. Seit 2021 ist Dietmar Beiersdorfer als Geschäftsführer im Amt. Sind Ihre Äußerungen als Kritik an seiner Arbeit aufzufassen?
Nein, absolut nicht. Didi Beiersdorfer ist ein großer Name. Er hat viel erreicht. Aber es braucht im Kontrollgremium eine gewisse sportliche Expertise. Ich will da niemandem zu nahe treten. Peter Jackwerth, Andi Mayr, Christoph Heckl – sie alle haben eine unglaubliche Karriere hingelegt und man muss ihnen dankbar sein. Aber diese spezifische Erfahrung fehlt.
„Wenn sich niemand mehr kritisch äußern darf, dann ist es sowieso zu spät. Nur, wo hinterfragt und kritisiert wird, kann etwas entstehen.“
Christian Träsch
Und Sie haben diese Erfahrung?
Ich bringe einige Kontakte aus meiner aktiven Karriere mit. Sei es nach Wolfsburg, Leipzig, oder Leverkusen. Warum denken wir nicht mal über eine Kooperation mit einem Bundesligisten nach? Der VfL Wolfsburg hat beispielsweise keine U23 mehr. Was passiert denn da mit den jungen Spielern? Warum binden wir diese Spieler nicht eventuell beim FC Ingolstadt ein? Es gibt bereits ein paar Ideen. Aber wenn die Kontakte fehlen, wird es schwierig.
Es gab viel Kritik an Ihrer Kandidatur. Auch die Supporters Ingolstadt haben sich in einem Statement gegen Sie ausgesprochen.
Das Statement der Fans habe ich gelesen und es hat mich überrascht. Es wurde häufig angeprangert, dass ich mich kritisch gegenüber dem Verein geäußert habe. Aber wenn sich niemand mehr kritisch äußern darf, dann ist es sowieso zu spät. Nur, wo hinterfragt und kritisiert wird, kann etwas entstehen. Dass die Kandidatur teilweise so negativ behaftet ist, kann ich nicht nachvollziehen.
„Das ist eine demokratische Wahl. Wenn wir sie verlieren, dann ist das so.“
Christian Träsch
Befürchten Sie bei einem knappen Wahlausgang eine Spaltung innerhalb des Vereins?
Spalten hört sich immer sehr hart an. Natürlich gibt es zwei Lager, vielleicht gibt es sogar drei. Ich habe gehört, dass eine dritte Partei antreten soll.
Ja?
Ich habe den einen oder anderen Namen gehört, aber ich will keine Gerüchte streuen. Aber warum wurde das noch nicht öffentlich gemacht? Das ist kurios. Um auf die Aussagen zur Spaltung zurückzukommen – Es wird immer jemanden geben, der für dich ist und jemanden, der gegen dich ist. Das ist eine demokratische Wahl. Wenn wir sie verlieren, dann ist das so. Wir wollen nicht mit Zwist und Frust den Verein spalten.
„Für mich gehört der FC Ingolstadt – mit Blick auf die Profimannschaft – in die 2. Bundesliga.“
Christian Träsch
Gesetzt den Fall, Sie gewinnen die Wahl und werden Präsident des FC Ingolstadt. Welche sportlichen Ziele haben Sie für den FCI in Zukunft vorgesehen?
Wir als Präsidium wollen gemeinsam mit dem Aufsichtsrat Didi Beiersdorfer zur Seite stehen. Für mich gehört der FC Ingolstadt – mit Blick auf die Profimannschaft – in die 2. Bundesliga. Für den e.V. ist es wichtig, dass wir der Frauenmannschaft eine Heimat geben. Nur wer eine Heimat hat, fühlt sich zugehörig. Die Frauen spielen in der 2. Bundesliga. Das darf man nicht vergessen. Darauf kann man stolz sein.
Sie spielen selbst noch Fußball beim FC Gerolfing in der Bezirksliga. Können Sie den Amateurfußball mit einem möglichen Präsidentenamt in Ingolstadt in Einklang bekommen?
Ich habe schon vor, weiter Fußball zu spielen, weil ich den Fußball liebe. Aber eins ist natürlich klar: Sollte es zur Kollision kommen, geht der FC Ingolstadt vor. Das steht außer Frage. Das weiß auch der FC Gerolfing. Leider stecken wir momentan in einer sportlichen Misere. Wir haben aber eine sehr junge Mannschaft. Jeder ist willig. Ich bin mir sicher, wir werden das Ruder herumreißen.