2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Sportliche Brüder: Auf dem linken Bild schirmt Isaac Bonga den Basketball ab – auf dem Weg zum WM-Titel mit dem deutschen Team. Rechts: Tarsis Bonga im Gespräch mit Löwen-Reporter Uli Kellner.
Sportliche Brüder: Auf dem linken Bild schirmt Isaac Bonga den Basketball ab – auf dem Weg zum WM-Titel mit dem deutschen Team. Rechts: Tarsis Bonga im Gespräch mit Löwen-Reporter Uli Kellner. – Foto: Imago Images / camera4+

Tarsis Bonga spricht über WM-Titel seines Bruders Isaac im Basketball: „Habe zu Hause mitgefiebert“

1860-Angreifer im Interview

Mit seiner Familie hat Tarsis Bonga am Sonntag beim WM-Sieg von Bruder Isaac mitgefiebert. Das Interview mit dem Rechtsaußen des TSV 1860.

München – Sein Bruder Isaac (23) hat sich am Sonntag mit dem deutschen Team zum Basketball-Weltmeister gekrönt – und auch für Tarsis Bonga (26) lief es zuletzt etwas besser beim TSV 1860: Viererpack beim siegreichen Totopokalspiel in Hain (8:0). Der einzige Fußballprofi der sportbegeisterten Familie Bonga will seine ins Stocken geratene Karriere wieder in Schwung bringen, dafür hat er sich die sportliche Heimat seines jüngeren Bruders ausgesucht. Wir trafen den 1,97 Meter langen Rechtsaußen der Löwen zum Interview.

Tarsis, Ihr Bruder Isaac ist am Sonntag mit Deutschland Basketball-Weltmeister geworden. Wie und wo haben Sie mitgefiebert?

Zu Hause – mit meiner Familie. Natürlich haben wir alle auf den Sieg gehofft!

Wie eng ist Ihr Austausch während eines solchen Turniers?

Während des Turniers habe ich meinen Bruder bewusst in Ruhe gelassen, damit er sich komplett auf seine Aufgabe fokussieren kann.

„Ich denke, sein Fokus vor allem gegen den Ball ist etwas Besonderes – davon kann ich lernen.“

Tarsis Bonga auf die Frage, was er von seinem Bruder Isaac lernen kann.

Was können Sie von ihm lernen – und umgekehrt?

Eine gute Frage. Ich denke, sein Fokus vor allem gegen den Ball ist etwas Besonderes – davon kann ich lernen. Umgekehrt kann er von meiner Willensstärke und dem Glauben, den ich in mir trage, bestimmt etwas mitnehmen.

Vielleicht auch von Ihrer Beharrlichkeit. Können Sie sich noch an den 9. Februar 2020 erinnern?

Das kommt darauf an . . . Was war denn an diesem Tag?

Im Drittligaspiel Chemnitz gegen Halle haben Sie ein Tor geschossen – es war bis zu Ihrem Viererpack im Totopokal der letzte Pflichtspieltreffer.

Ja, das kann sein. Eine lange Zeit!

„Ich wusste immer, was ich kann.“

Tarsis Bonga über seine Torflaute von dreieinhalb Jahren.

Sie waren seither in Bochum und Braunschweig, in der zweiten Liga und kurz sogar in der ersten. Corona kam auch noch dazwischen. Und jetzt sind Sie bei 1860. Würden Sie die letzten drei Jahre gerne aus Ihrer Erinnerung streichen?

Nein, auf gar keinen Fall. Es waren keine einfachen Jahre, aber es war eine sehr gute und wichtige Erfahrung. Keine, die man sich als Fußballer selbst aussuchen würde, aber eine, bei der ich gewachsen bin, als Mensch und auch mental. Ich habe gelernt, stark zu bleiben, auch wenn man nicht auf dich baut. Eine wichtige Erfahrung, damit ich jetzt durchstarten kann.

Wie befreiend war Ihr erster Treffer nach dreieinhalb Jahren?

Ich muss ehrlich sagen: Ich bin überrascht, dass es so lange her ist, habe in dieser Zeit aber keine Sekunde an mir gezweifelt. Nie – in keinem Moment. Es ist eine schöne Bestätigung für mich, dass ich jetzt wieder getroffen habe, es pusht mich, aber ich wusste immer, was ich kann.

„Das ist ganz klar mein Tempo, meine Durchschlagskraft.“

Tarsis Bonga über seine Stärken.

Bei 1860 sind Sie mit großen Erwartungen angetreten – und nun doch wieder nur zweite Wahl. Wie sehr wurmt das?

Klar wurmt mich das. Trotzdem bleibe ich immer positiv und sage auch zu den jungen Spielern: Das Leben ist ein Auf und Ab, das muss man verstehen, das muss man akzeptieren. Ich habe weiter einen starken Fokus auf meine Schwächen – und auf meine Stärken.

Wo sehen Sie denn ihre Schwächen?

Ein Punkt, den der Trainer anspricht, ist defensive Aggressivität. Und natürlich will er Tore und Assists sehen.

Und was sehen Sie als Ihre ganz großen Stärken?

Das ist ganz klar mein Tempo, meine Durchschlagskraft. Ich bin relativ groß, habe eine gewisse Grundgeschwindigkeit, dazu kommt meine Wucht im Eins-gegen-eins. Wenn ich diese drei Dinge verbinde, kann ich sehr gefährlich sein.

„Ich orientiere mich an den größten Spielern, und eine Sache, die alle verbindet, ist: Sie machen alle Sonderschichten.“

Tarsis Bonga über Extraschichten nach dem Training.

Wären Sie auch gekommen, wenn Sie gewusst hätten, dass in Morris Schröter noch ein starker Konkurrent für Ihre Position geholt wird?

Also, ich bin nicht gekommen, weil die Position rechts frei war. Es stimmt, dass ich andere Angebote hatte, auch aus der 2. Liga, aber für mich war es wichtig, dorthin zu gehen, wo mein Herz ein gutes Gefühl hat. Das war der Punkt, warum ich gesagt habe: Geiler Verein, boah, ich hab Lust hier zu spielen. Die Aufgabe hört auch nicht auf, weil ein neuer Spieler kommt. Umso besser! So kann ich mich noch mehr zeigen. Wenn du allein bist, dann heißt es: Der spielt ja nur, weil sonst keiner da ist. Mein Ziel ist es, auf dem Platz zu stehen. Dort kann ich dem Team weiterhelfen.

Sind die vielen Extraschichten, die Sie schieben, auch ein Signal an den Trainer?

(lacht) Nein, ich spiele nicht für den Trainer Fußball, sondern weil ich mich als Kind dazu entschieden habe. Ich möchte diesen Traum leben. Auch das habe ich in den drei Jahren gelernt, wo wenig auf mich geschaut wurde. Ich orientiere mich an den größten Spielern, und eine Sache, die alle verbindet, ist: Sie machen alle Sonderschichten.

Tarsis Bongas Vorbilder: Cristiano Ronaldo, Ibrahimovic, Leroy Sane, Bukayo Saka und Gabriel Martinelli

Wer sind denn die Spieler, an denen Sie sich orientieren?

Da gibt es sehr viele! Ich versuche mir, von den Besten der Besten etwas abzuschauen: Cristiano Ronaldo, Ibrahimovic, Leroy Sane, aber auch Bukayo Saka oder Gabriel Martinelli. Ich schaue vor allem: Was machen die, die auf meiner Position spielen? Das versuche ich dann umzusetzen, auch nach dem Training. Nur das bringt dich weiter.

Auffällig ist auch, dass Sie immer viel lachen. Sogar bei schlechtem Wetter, nach Niederlagen, wenn Sie nicht gespielt haben.

Ja, das ist meine Art. Wenn du schon im Kopf hast: Es wird ein Auf und Ab geben – dann kannst du trotzdem glücklich sein. Geld kommt und geht, andere Dinge auch, aber Freude kannst du immer haben. Sie basiert nicht nur auf dem Fußball, sondern auch auf meinem Glauben. Es wäre so einfach, wütend und schlecht gelaunt rumzulaufen, aber das hilft mir nicht – und den Jungs nicht.

„Die letzten Niederlagen waren brutal.“

Tarsis Bonga über die Serie von drei Pleiten in Folge.

Mit Joel Zwarts scheinen Sie sich besonders gut zu verstehen.

Gut beobachtet. Das stimmt: Wir haben wirklich eine sehr gute Connection – und eine ähnliche Haltung, wie wir die Dinge angehen: entspannt, aber trotzdem fokussiert.

Am Samstag geht es zum FC Ingolstadt, der auch nicht die beste Phase hat. Wie wichtig ist das Spiel?

Ingolstadt ist nicht weit weg, ein paar Jungs haben noch unter Michael Köllner trainiert. Wir wollen aber vor allem für uns den nächsten Schritt machen. Die letzten Niederlagen waren brutal. Wir wollen zeigen, dass wir eine Mannschaft sind, die konstant spielen kann. Es ist eine große Aufgabe, aber wir sind ready.

„Ich denke, das ist so wie bei uns im Rheinland der Karneval. Ich weiß nicht, ob ich Angst haben oder mich freuen soll.“

Tarsis Bonga vor seinem ersten Besuch auf der Wiesn.

Und drei Tage später geht es mit der Mannschaft ins Hackerzelt auf die Wiesn, für Sie zum ersten Mal. Was erwarten Sie?

Ganz ehrlich: Ich habe nicht die geringste Ahnung. Ich denke, das ist so wie bei uns im Rheinland der Karneval. Ich weiß nicht, ob ich Angst haben oder mich freuen soll.

Werden Sie auch eine Mass trinken, wenn es der Trainer erlaubt?

Ich werde auf jeden Fall mit den Jungs anstoßen – mit einer guten Fanta!

(Interview: Uli Kellner)

Aufrufe: 012.9.2023, 08:20 Uhr
Uli KellnerAutor