2025-07-10T14:11:59.007Z

Interview
Der FC Una Strassen hat sich zu einem luxemburgischen Topteam gemausert
Der FC Una Strassen hat sich zu einem luxemburgischen Topteam gemausert – Foto: paul@lsn.sarl

Strassen: in zehn Jahren von der Ehrenpromotion zur Vizemeisterschaft

Kaum ein aktueller BGL-Ligue-Verein hat sich im letzten Jahrzehnt so konstant weiterentwickelt wie der FC Una

Mit der Vizemeisterschaft und dem erstmaligen Gewinn der „Coupe du Prince“ hat Una Strassen als Verein einen neuen Höhepunkt in seiner Geschichte erreicht. Dass dies kein Zufall war, erklärte uns Mitte Juni Vereinspräsident Luc Hilger.

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Bis 2011 spielte die „Union Athletique“, kurz UNA, aus Strassen maximal drittklassig, bevor ihr bemerkenswerter Aufstieg begann. 2011 stieg man erstmals in der Vereinsgeschichte in die Ehrenpromotion auf, nur vier Jahre später sicherte man sich über die Relegation den erstmaligen Aufstieg in die BGL Ligue.

2024 rutschte man dann zum erstenmal in den Europapokal nach, ein Jahr später wird der zweite internationale Auftritt folgen – und das als Vizemeister! In den Jahren vor 2011 war das Erreichen des Endspiels der „Coupe du Prince“ 2004 das höchste der Gefühle, damals verlor man gegen den einst noch bestehenden Nachbarn Spora.

2025 stand man wieder im Finale des wichtigsten Nachwuchspokals Luxemburgs und legte nicht nur einen beeindruckenden Sieg hin, sondern verblüffte auch mit dem Ziel, alle möglichen Spieler im Endspiel einzusetzen, unabhängig vom Ergebnis. Dass gleich mehrere jener U19-Akteure auch Teil der BGL-Ligue-Mannschaft des Clubs sind, scheint dabei in Strassen eine Selbstverständlichkeit.

„Das Ziel war, sich langfristig in der Ehrenpromotion zu etablieren“

Luc Hilger zu dieser Entwicklung und zum Arbeitsaufwand, der dahintersteckt: „Es war ein weiter Weg. Nach dem Finale der Coupe du Prince 2004 hatten wir eine richtige Jugendkommission gegründet und begonnen, Sponsoren zu suchen. Damals war ich selber noch nicht im Vorstand. Die 1.Mannschaft spielte in der 1.Division. Ich sagte dem Vorstand, dass, wenn wir den nächsten Schritt gehen wollten, wir das Potenzial der Geschäfte entlang der Arloner Straße für uns nutzen müssten. Dabei dürfen wir die drei Sponsoren der ersten Stunde nicht vergessen, welche uns immer treu geblieben sind. Mit ihnen wurde das Ganze aufgebaut. Das Ziel war, sich langfristig in der Ehrenpromotion zu etablieren.“

Der entsprechende Aufstieg erfolgte 2011 unter Patrick Gloden. Man blieb aber bescheiden, bezahlte den Angaben Hilgers zufolge nie Fixbeträge, sondern nur Einsatzprämien. „Man hatte aber plötzlich andere Tarife zu zahlen. Der Etat blieb aber im Gleichgewicht und wir machten nie Verlust.“ Man verwaltete die Einnahmen weise und versucht auch heute noch nach dem Motto zu funktionieren, dass man nicht mehr ausgibt, als man einnimmt. Als sich genügend Reserven angehäuft hatten, entschied man, dass man den nächsten Schritt gehen könne. „Als Patrick Grettnich Trainer wurde, öffnete er uns mit seiner langjährigen Erfahrung in der BGL Ligue die Augen für das, was geändert werden musste, wenn man man irgendwann in der 1.Liga spielen möchte“ erklärte Hilger. Man war sich nie zu schade, Wissen von anderen Personen an den eigenen Verein angepasst einzubringen.

Viele Premieren in einem Jahrzehnt

„Der Sieg im Barrage-Spiel gegen Käerjeng in Hesperingen war für mich neben den Europapokalspielen letztes Jahr der schönste Moment hier in Strassen“ so der zurecht stolze Vereinsvorsitzende im Gespräch mit FuPa. Nach diesem Aufstieg wurde schnell klar, dass man anfangen musste, erstmals Fixbeträge an die Spieler zu zahlen. Alle Sponsoren seien sofort damit einverstanden gewesen, mehr zu zahlen. „Nach dem Aufstieg spielten wir eine tolle erste Saison. Es folgte ein schwierigeres Jahr, welches aber unser einziges war, das sich kompliziert gestaltete. Danach ging es konstant nach oben, insbesondere aber in den vergangenen zwei Spielzeiten.“

Nicht nur Strassen selbst, auch viele Kenner des luxemburgischen Fußballs sehen den FC Una künftig regelmäßig auf europäischer Bühne. Man habe sich auch dahingehend verstärkt. Man wusste aus Fehlern zu lernen und schaute sich u.a. bei Differdingen, einem regelmäßigen Teilnehmer an internationalen Wettbewerben, oder auch bei Racing einiges ab. Mit diesen neu gesammelten Erfahrungen möchte man bald in Schottland Dundee United die Stirn bieten.

Das diesjährige erste Heimspiel im Europapokal gegen Dundee United wird man am 31.Juli um 19 Uhr in Oberkorn austragen. Ein attraktives aber sportlich und vor allem physisch schweres Los stellt der Tabellenvierte der abgelaufenen „Scottish Premiership“ dar. Hilger über die Chancen, zu einem möglichen Einzug in die dritte Runde der Conference League: „Wenn man die Historie betrachtet, haben wir keine Chance. Persönlich hätte ich lieber den möglichen Gegner aus Kosovo gehabt, weil das sportlich die einfachste Aufgabe dargestellt hätte. Vom Kostenpunkt her wäre Lausanne die einfachste Lösung gewesen. Ich schätze die Shamrock Rovers, auf die wir auch hätten treffen können, stärker als Dundee United ein.“

Der Zuschauerandrang gegen die Schotten wird groß sein, aber nicht so groß, dass man hätte im „Stade de Luxembourg“ spielen können. „Wir gehen von 2.000 Zuschauern in Differdingen aus. Sportlich muss man den Gegner annehmen, als wenn man gegen Differdingen als stärkste Mannschaft aus Luxemburg spielen würde. Es ist schön, dass wir direkt in der 2.Qualifikationsrunde antreten können. Das ist schon unser Verdienst, da wir Zweiter in der BGL Ligue wurden.“

Blickpunkt Nachwuchs: „wir wollen keine elf Söldner auf dem Platz haben“

Doch nicht nur die 1.Mannschaft steht in Strassen im Fokus. Nach dem Gewinn der „Coupe du Prince“, dem ersten großen nationalen Titel für den Verein, wäre laut Luc Hilger sogar der Gewinn der U19-Meisterschaft drin gewesen. Auch diese Entwicklung folgte einem Plan. Hilger: „Vor vier Jahren haben wir einen Koordinator fest eingestellt. Dieser liefert in der Verwaltung aber auch auf sportlicher Ebene sehr gute Arbeit ab. Die Verpflichtungen von Trainern, Spielern, die Transfers usw. fallen unter seine Verantwortung. Im Nachwuchsbereich ist es unser Ziel, jedes Jahr bessere Trainer zu finden und in den einzelnen Kategorien um die Titel mitzuspielen.“

Dass das System bereits funktioniert und nach oben durchlässig ist, belegen Eigengewächse wie Lukas Sever, Paddy Bock, Mick Kirsch oder Bryan Almeida. „Wir hatten einen sehr guten 2006er Jahrgang. Die 2007 und 2008 Geborenen sind ebenfalls nicht schlecht. Es ist aber utopisch zu denken, dass man jedes Jahr drei Spieler hat, die zur 1.Mannschaft stoßen werden.“ Man sei durchaus in der Lage, solche Talente zu binden. Es gibt eine Richtlinie, eigene Nachwuchsspieler nach oben zu bringen. „Wir wollen keine elf Söldner auf dem Platz haben“ wurde Luc Hilger deutlich.

Ein neues Stadion kommt

Neue Infrastrukturen sind ebenfalls überfällig, damit Una Strassen nicht irgendwann Opfer seines eigenen Erfolges wird. Noch ist das neue Stadion nicht bezugsfertig und mit Blick auf den Europapokal erfüllt es ebenfalls noch nicht die international erforderlichen Normen. „Es gibt in einer ersten Phase nicht genügend Sitzplätze. Die Maße des Platzes, die Umkleiden oder das Flutlicht stellen allesamt kein Problem dar. Wir wussten aber auch nicht, dass wir im zweiten Jahr hintereinander im Europapokal spielen würden.“ Es gibt bereits konkrete Ideen, dass die neue Anlage so ausgebaut werden kann, dass künftig internationale Spiele dort stattfinden dürfen. Man denkt dabei nicht nur an den eigenen Verein, sondern auch an Auftritte z.B. der U21- oder Frauen-Nationalmannschaften.

Noch spielt Strassen im Complexe Sportif Jean Wirtz
Noch spielt Strassen im Complexe Sportif Jean Wirtz – Foto: paul@lsn.sarl

„Wir haben hier im Verein kein Problem mit dem Ehrenamt“

Im Amateurfußball, in dem Strassen immer noch beheimatet ist, ist das Thema Ehrenamt ein Dauerbrenner. Hilgers Aussage, wie sich dieses in Strassen gestalte, überraschte dann doch und zwar um positiven Sinn: „Wir haben hier im Verein kein Problem mit dem Ehrenamt. Hier wird jeder, vom Wasserträger bis ganz nach oben, respektiert. Einmal im Jahr lade ich alle freiwilligen Helfer zum Essen ein, als Dankeschön für ihre geleistete Arbeit. Es ist nicht viel, aber eine wichtige Geste. Was uns einen neuen Schub gibt, ist die 3.Herren-Mannschaft, die wir anmelden werden. Diese wird aus vielen ehemaligen Strassenern bestehen, die unter Freunden Fußball spielen wollen. Darunter befinden sich einige, die dem Verein bereits ihre Hilfe angeboten haben. So entstehen dann neue Verbindungen und Freundschaften. Man wird auch versuchen, weniger talentierte Jugendspieler am Ball zu halten, damit sie sich später selber z.B. in der Jugendkommission engagieren. Und so wächst man dann als Verein.“ Auch mit der Gemeinde Strassen funktioniere die Zusammenarbeit sehr gut, wusste Hilger zu berichten.

Was die Zukunft bringen kann

Am Ende des gut halbstündigen Gesprächs wurde der Blick auch Richtung Zukunft gerichtet. Der nächste Entwicklungsschritt in Strassen wäre eigentlich der Gewinn eines Titels mit der 1.Mannschaft. Doch bei dem dürfte laut Luc Hilgers Meinung in den kommenden Jahren kein Weg an Differdingen vorbeiführen, was auch auf die viel höheren von der UEFA ausbezahlten Prämien für die Meister zurückzuführen sei. „Es wird aber machbar sein, unter die ersten drei zu kommen“ so der Strassener Präsident zum Abschluss des Interviews. Der FC Una ist ein Beispiel, das man aufgrund einer langfristigen, ruhigen aber durchdachten Entwicklung im schnelllebigen Fußball hervorheben kann. Wie die Zukunft aussehen kann, weiß man in Strassen. Ob alles nach Plan verlaufen wird, ist immer schwerer zu sagen, je höher man steigt. Doch so lange das Fundament stabil bleibt, kann man dem Verein aus der Vorstadt vieles zutrauen.

Aufrufe: 05.7.2025, 16:24 Uhr
Paul KrierAutor