2023-11-29T07:35:21.087Z

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Bürgermeister von Alzey und demnächst dann Ex-RWO-Vorsitzender: Steffen Jung.
Bürgermeister von Alzey und demnächst dann Ex-RWO-Vorsitzender: Steffen Jung. – Foto: Carsten Selak/pakalski-press (Archiv)

Steffen Jung: "Katastrophale Bedingungen für den Sport in der Stadt"

Zu seinem Ende als Vorsitzender von RWO: Steffen Jung über den Sport in Alzey und die positive Zukunft des Vereins

Alzey. Am kommenden Montag tritt Steffen Jung als Vorsitzender von RWO Alzey ab. Wer Nachfolger des Stadtchefs werden soll, wie es um die Altlasten steht und welche Zukunft der ambitionierte Fußball in Alzey hat, sagt der 40-Jährige im Interview.

Dieser Text wird euch kostenlos zur Verfügung gestellt von der Allgemeinen Zeitung und Wormser Zeitung.

Herr Jung, nach 15 Jahren als Vorsitzender soll nun Schluss sein. Wie steht der Verein in Ihren Augen da?

Ich glaube, der Verein steht insgesamt gut da. In den letzten Jahren wurde die Jugendarbeit aus dem Dornröschenschlaf erweckt. Alle Altersklassen sind besetzt und bis auf die B-Jugend auch im Spielbetrieb. Nach Jahren der Krisen bezüglich Corona und Sportstätten wird der Verein im kommenden Jahr ein saniertes Wartbergstadion nutzen können. Diese Bedingungen machen Mut, allein schon, weil man nicht mehr die halbe Saison zittern muss, dass die Spiele ausfallen.

Wie entwickeln sich die Mitgliederzahlen?

Positiv. Wir lagen lang um die 500 Mitglieder, bis es bergab ging, weil in der Jugend kaum noch Mannschaften da waren. Nun sind wir wieder über 500, was vor allem der Jugendabteilung zu verdanken ist.

Wie wird Ihre Nachfolge aussehen?

Ich habe schon vor einigen Jahren gesagt, dass mir die Zeit fehlt – erst recht nach meiner Wahl zum Bürgermeister. In den letzten Monaten hat sich ein Team um Mario Petzold zusammengefunden, das bereit ist, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen. Es wird ein großer Umbruch sein, und ich weiß, dass der Verein in gute Hände kommt. Ich werde aus dem Vorstand ausscheiden, aber intensiv zur Übergabe zur Verfügung stehen und RWO verbunden bleiben.

An welche Momente denken Sie mit besonderer Freude zurück?

Als ich in den Vorstand kam, wurde bald die Schiene „Sport und Kultur“ ins Leben gerufen, denn allein aus dem Spielbetrieb heraus kann ein Verein in einer Stadt wie Alzey wirtschaftlich nicht überleben. Ich denke gern an Veranstaltungen mit Tobias Mann oder Aca & Pella zurück. Absolute Highlights waren die Konzerte der Bembelsänger oder das Gastspiel der 05er zu 200 Jahren Rheinhessen. Auch der Aufstieg in die Verbandsliga ist ein unvergessenes Erlebnis, genauso wie der Last-Minute-Klassenerhalt in der Landesliga 2009/10.

Welche Entscheidungen hätten Sie im Rückblick gern anders getroffen?

Da fällt mir spontan keine Entscheidung ein. Die Entscheidungen wurden immer gemeinsam mit der sportlichen Leitung getroffen, und ich denke, die 15 Jahre sind insgesamt positiv gelaufen. Natürlich hat nicht jede Trainer-Verpflichtung den erhofften Erfolg gebracht, aber das hat auch mit Glück zu tun.

Welche Folgewirkungen haben die frühere, starke Verschuldung des Clubs und die Corona-Zeit hinterlassen?

Wir sprechen von Restschulden in Höhe von rund 40.000 Euro. Das ist nach wie vor eine große Hypothek. Als der Verein kurz vor dem Exitus stand, waren es mehr als 300.000 D-Mark. Ohne die Corona-Jahre und die Spielstätten-Problematik wären wir ein ganzes Stück weiter. Die Einschränkungen im Spielbetrieb und bei kulturellen Veranstaltungen haben dem Verein weh getan. Die Kosten für den aktiven Spielbetrieb mussten deutlich zurückgefahren werden.

Wie peinlich ist Ihnen, nach dem jüngsten Landesliga-Spiel auf Hartplatz, die Sportplatz-Situation in der heimlichen Hauptstadt Rheinhessens?

Es sind im Moment katastrophale Bedingungen für den Sport in der Stadt. Da sprechen wir auch über die Turnhallen in Trägerschaft von Stadt und Kreis. Ich finde beeindruckend, wie alle Vereine damit umgehen und zusammenrücken. Die Verzögerungen der absolut notwendigen Sanierung des Wartbergstadions haben auch mit den aktuellen Gegebenheiten und den Auflagen zu tun. Bei den Sportstätten in Alzey gibt es einen Sanierungsstau, nun kommt alles auf einmal.

RWO hat vor fünf Jahren noch von der Oberliga gesprochen. Aktuell sind kaum Strukturen rund um das Trainer-Duo ersichtlich. Welche Zukunft hat der leistungsorientierte Fußball in Alzey?

Die Führung des Vereins hat nie über die Oberliga gesprochen. Ich kann mir Oberligafußball in Alzey allein schon aus finanziellen Gründen aktuell überhaupt nicht vorstellen. Als Mittelzentrum in einer 20.000-Einwohner-Stadt sollte man den Anspruch haben, im Bereich der Landes- oder Verbandsliga zu spielen. Hinsichtlich Kosten und Zuschauerzahlen ist die Landesliga die undankbarste Klasse. Ich bin guter Dinge, dass man die Abteilung für die Zukunft gut aufgestellt bekommt.

Welche Empfehlungen geben Sie Ihren Nachfolgern im Vorstand?

Mit Mut im Team an die Aufgabe zu gehen, alles zu hinterfragen und nichts so zu lassen, nur weil es schon immer so ist.

Das Interview führte Torben Schröder



Aufrufe: 021.11.2023, 10:00 Uhr
Torben SchröderAutor