Wenn man im Kopf nicht bereit ist, wenn man Demut und Respekt vermissen lässt, wenn irgend ein Zufall daherkommt und alle Siegesziele auseinandernimmt.
BERICHT von Harry Suhr
Und genau deshalb warnte Trainer Beck eindringlich davor, Weida II auf die leichte Schulter zu nehmen: "Wir haben uns die jetzige Tabellensituation erarbeitet und wir müssen weiter konzentriert und demütig sein." Gleichzeitig verwies er aber auch auf die makellose Heimbilanz der Blau-Weißen, die letztmalig im April zu Hause verloren hatten. Dann zeigte er der Mannschaft die Aufstellung und meinte, dass im Vergleich zu Ehrenhain keine Veränderungen notwenig sind. Und erstmals hatte Niederpöllnitz eine proppevoll bestückte, qualitativ hochwertige Ersatzbank zu bieten.
Weida II hatte besonders in der Auftaktphase der Saison Erfolge verbuchen können, war am 5. Spieltag bis auf Tabellenplatz 4 vorgestoßen. Dann aber kamen die hammerharten Wochen gegen die Spitzenteams der Liga und die Spiele gingen allesamt verloren. Gegen Niederpöllnitz setzte der Gast Zink und Berthold neu im Vergleich zur Vorwoche ein
Das Derby begann mit je einer Strafraumaktion: L.Müller lässt sich in der Box zu weit abdrängen und auf der anderen Seite setzt Berthold seinen Kopfball deutlich vorbei. Dann aber klingelt es bereits. Ahmadi wird im Strafraum gefoult, den fälligen Strafstoß verwandelt Müller sicher (6.). Läuft ja, dachten sich die über 80 ZBW-Fans. Geht ja gut los, dachten sich die ca. 30 FC-Fans. Und bei den anschließenden Großchancen von Müller (Dropkick von der Strafraumgrenze, Wolf ist mit einer Hand dran/9.) und Kolnisko (Heinrettet auf der Linie/11.) hatte man den Eindruck, Niederpöllnitz macht ernst und will das Spiel schnell entscheiden. Die Gastgeber hatten bis zur 25. Minute alles im Griff, zeigten die bessere individuelle Klasse und Spielanlage. Berthold und Schmidt auf Weidaer Seite kamen über Offensivansätze nicht hinaus. Aber leise und schleichend verlagerte sich das Spielgeschehen in die BW-Hälfte. Die Niederpöllnitzer produzierten jede Menge unnötiger Freistöße und Weida näherte sich dem Tor von Talevski, der heute in ein paar Situationen kleine Wackler zeigte, an. Die erste Großchance leitete er quasi mit ein. Eine Faustabwehr landet genau vor den Beinen von Pechmann, der zieht sofort ab und Kolnisko rettet auf der Linie (24.). Zwei Minuten später gab es allerdings niemand mehr im blau-weißen Trikot, der das Unheil aufhalten konnte. Berthold bugsiert per Kopf einen Ball in den 5-Meter-Raum, wo Pechmann angeflogen kommt und ebenfalls per Kopf vollendet. Glück für Niederpöllnitz, dass die Antwort nicht lange auf sich warten ließ: Das perfekte Procdere Flanke - Kopfball Menzel - Abdrehen zum Torjubel hatte wieder mal geklappt (29.). Bitter für Weida war dann, dass Pechmann nach 38 Minuten verletzt raus musste. Der hatte vor dem Spiel angekündigt, dass er "Menzel im Griff haben werde" und mit seinem tollen Flugkopfballtor auch bewiesen, dass er daneben noch mehr kann. Das Spiel war bis zur Halbzeit dann nicht mehr besonders aufregend. Eine gute Chance für Mumini war die Ausbeute.
Niederpöllnitz hatte bis ca. zur 25. Minute alles im Griff, demonstrierte gute Ansätze, auch wenn heute die Ahmadi-Seite schwächelte. Dann aber verlagerte sich das Spielgeschehen zunehmend, verursacht durch viel zu viele Freistöße, in die Hälfte der Hausherren und Weida kam zum nicht mal unverdienten Ausgleich. Zwar antwortete der Spitzenreiter postwendend, das Spiel wurde aber deshalb nicht besser. Vorn ist noch jede Menge Luft nach oben. Bei beiden Teams.
Es kam die zweite Halbzeit und der Vorhang wurde durch die Gastgeber aufgezogen: Herzlich Willkommen zum Spektakel. Weida stand höher, wollte natürlich den Ausgleich und das brachte BW so richtig ins Spiel. Ex-Vereinschef Steffen Rüdiger sprach "von der besten Halbzeit, die ich unter Trainer Roy Back gesehen habe". Niederpöllnitz kombinierte nun sicherer, auch die im Durchgang 1 noch verschlafene Achse Mumini - Ahmadi wachte auf und sorgte für Speed. Weida kam nur noch gelegentlich zu Aktionen. Ein Abseitstor (Illguth/73.), ein Lattenknaller von Schmidt (86.) - waren immerhin Lebenszeichen, aber zu spät, um nun wie entwurzelt aufspielende Niederpöllnitzer noch zu gefährden. Wer an diesem Spieltag die Tormusik noch nicht gekannt hatte - nach den 89 Minuten (Schiri Roddeck war wohl zu der Erkenntnis gekommen, dass notwendige Nachspielzeit, immerhin waren ja nach der Pause noch 5 Tore gefallen, nicht notwendig wäre) kannte man Ramala Dingdong in- und auswendig. Innerhalb von 4 Minuten trafen die Kicker des Spitzenreiters dreimal ins Tor, Wolf im Kasten hatte eigentlich nie eine Abwehrchance. In der Schlussphase steuerte auch Jauch in seinem erst 6. KOL-Einsatz ein Tor bei und wurde frenetisch dafür gefeiert.
Es sind diese Spiele, die im Kopf entschieden werden. Auf den besannen sich die Blau-Weißen im zweiten Durchgang. Weida muss darauf hoffen, dass die nächsten Partien, die mit Roschütz und Motor Altenburg Mannschaften bringen, die tabellarisch auf Augenhöhe mit dem Aufsteiger sind, Punkte bringen. Für Niederpöllnitz geht die Reise an der Tabellenspitze weiter mit der Partie in Meuselwitz, einem Team, was die wenigsten Tore geschossen hat. Da sind dann wieder Demut und Konzentration gefragt.