2024-04-23T13:35:06.289Z

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Wer kommt wann zum Einsatz? Diese Frage stellt sich auch bei den SF Fischbachau, wenngleich die Sportfreunde aktuell sehr viele Spieler haben.
Wer kommt wann zum Einsatz? Diese Frage stellt sich auch bei den SF Fischbachau, wenngleich die Sportfreunde aktuell sehr viele Spieler haben. – Foto: Ralf Poeplau

Spielabsagen wegen neuer „1+5-Regelung“ - Vereine wettern gegen BFV: „Ein absoluter Witz“

Zahlreiche Spieler müssen zusehen

In den unteren Klassen werden zahlreiche Spiele aufgrund der neuen „1+5-Regel“ abgesagt. Die Vereine fordern Anpassungen.

Landkreis Miesbach – Mit einer Regeländerung sorgte der Bayerische Fußball-Verband (BFV) zum Saisonstart in den unteren Ligen für Verärgerung. Aus der „3+3-Regelung“ wurde die „1+5-Regelung“. Dies bedeutet für Vereine, deren zweite Mannschaften in der B- oder C-Klasse spielt, dass nur noch ein Spieler eingesetzt werden darf, der in den zurückliegenden 15 Tagen in einem Match der ersten Mannschaft in der ersten Halbzeit eingesetzt wurde, sowie die bis zu fünf Auswechselspieler, die in der zweiten Hälfte oder gar nicht zum Einsatz kamen. Alle weiteren Spieler der ersten Mannschaft müssen für mindestens 15 Tage oder zwei Spiele der Reserve aussetzen, ehe sie in der Zweiten eingesetzt werden dürfen. Zuvor waren es drei in der ersten Hälfte eingesetzte Spieler sowie drei Ersatzakteure.

Spielgruppenleiter Lechermann: „Mehr Spielabsagen als in den letzten Jahren“

„Diese Änderung wurde auf dem Verbandstag vom Verbandsspielausschuss beschlossen. Damit wurden die Regeln an die Corona-Änderungen angepasst, weil fünf statt drei Auswechslungen erlaubt sind. Sonst hätten drei plus fünf Spieler eingesetzt werden können“, erklärt Spielgruppenleiter Anton Lechermann. Er gesteht aber ein: „Bisher gab es in dieser Saison, vor allem in der C-Klasse, mehr Spielabsagen als in den letzten Jahren.“

Eine Regeländerung, die etwa Weyarns Trainer Helmut Schenk nicht nachvollziehen kann. „Wer hat denn in unseren Ligen fünf Auswechselspieler auf der Bank? Das ist eine absolute Ausnahme. Klar muss es eine Regelung geben, um Wettbewerbsverzerrung vorzubeugen. Aber wem bringt es etwas, wenn jedes dritte Spiel in der C-Klasse abgesagt wird?“, fragt Schenk.

Vereine wettern gegen BFV: „Ich finde es Wahnsinn, die Regel so zu ändern“

Die neue Regelung führte bereits zu etlichen Spielabsagen in den unteren Ligen. Die Urlaubszeit schlug zusätzlich durch. Beim BFV sieht man sich an dieser Problematik unschuldig. Um Chancengleichheit zu wahren, sind solche Regeln sicher nötig. Doch die aktuelle Änderung stößt bei den Vereinen an der Basis auf wenig Gegenliebe.

Beispielsweise beim SC Wörnsmühl. „Unser Kader für die erste und zweite Mannschaft ist nicht groß. Wenn Urlaub oder Verletzungen dazukommen, ist dieser schnell ausgereizt, und man kann keine zweite Mannschaft stellen“, berichtet Trainer Klaus Wörndl. So hätte der SC vor zwei Wochen gegen Weyarn nicht antreten können – das Spiel wurde aber im beiderseitigen Einvernehmen verlegt. „Es macht doch keinen Sinn, wenn Spiele nicht stattfinden können, obwohl die Auswechselspieler nur ein paar Minuten in der ersten Halbzeit der Ersten gespielt haben. Dazu kommt im Herbst wohl wieder Corona. Das macht es nicht leichter“, ärgert sich der SC-Trainer.

SG-Abteilungsleiter Klaus Kinshofer: „Mit der ,3+3-Regel’ können wir leben. Aber so ist es ein absoluter Witz“

Ähnlich ist die Situation bei der SG Waakirchen/ Schaftlach. „Ich finde es Wahnsinn, die Regel so zu ändern. Es entsteht den Eindruck, als möchte man die Reserven in den unteren Ligen nicht mehr haben. Wir haben an den ersten Spieltagen einige ältere Spieler reaktiviert, die ihre Karriere eigentlich schon beendet haben, und sind gut durchgekommen. Aber auf Dauer geht das so nicht“, betont SG-Abteilungsleiter Klaus Kinshofer. „Mit der ,3+3-Regel’ können wir leben. Aber so ist es ein absoluter Witz.“

Die Weyarner trifft es genauso. „Diese Änderung verstehe, wer will. Wir tun es nicht. Damit ist der Verband am Ziel vorbeigeschossen und braucht sich nicht wundern, wenn Spiele ausfallen und Mannschaften während der Saison abgemeldet werden“, sagt Schenk. Den TSV erwischte es bereits am ersten Spieltag, als man wegen Spielermangels nicht in Fischbachau antreten konnte. Die SF kamen sowohl gegen Weyarn als auch gegen die SG Wall/Parsberg kampflos zu drei Punkten.

„Ich bin mit der Situation sehr unzufrieden. Wir sind aktuell in der glücklichen Situation, dass wir sehr viele Spieler haben, die eine große Freude am Amateurfußball haben, aber ich kenne das auch anders. Mir tut es für unsere zweite Mannschaft wahnsinnig leid, dass so viele Spiele abgesagt werden, weil der Gegner kurzfristig nicht antreten kann“, ärgert sich Fischbachaus Trainer Thomas Gschwendtner. Irgendwann könne er nicht mehr vermitteln, dass die Spieler fleißig trainieren, am Wochenende aber nicht spielen dürfen.

Darchings Trainer Lachemeier: „Dieser Torwart darf jetzt zwei Wochen nicht mehr Fußballspielen“

Noch härter trifft es die Reserven in der A-Klasse oder höheren Spielklassen. Aus der Region sind dies der TuS Holzkirchen II, der SV Miesbach II, der FC Real Kreuth II und die DJK Darching II. Alle Spieler, die in der ersten Halbzeit der ersten Mannschaft eingesetzt wurden, dürfen für 15 Tage nicht in der Reserve spielen.

„Wir sind sehr betroffen“, sagt Darchings Trainer Patrick Lachemeier. „Beispielsweise haben wir für zwei Mannschaften drei Torhüter. Einer ist momentan verletzt, einer im Urlaub, also haben wir uns bei der zweiten Mannschaft bedient. Dieser Torwart darf jetzt zwei Wochen nicht mehr Fußballspielen.“

Dorfvereine fordern: Zweite Mannschaften wie früher als Vorspiel vor der Ersten

Genauso verhalte es sich bei Verletzungen, von denen es bei der DJK gerade mehr als genug gibt, und Urlauben. „Wir haben zuletzt fünf Spieler hochgezogen, die jetzt zwei Wochen warten müssen, ehe sie wieder in ihrer Mannschaft spielen dürfen“, berichtet Lachemeier. „Wenn man einen Spieler für seinen Fleiß belohnt und in der Ersten spielen lässt, bestraft man ihn zugleich, weil er dann zwei Wochen pausieren muss. Für uns Dorfvereine ist diese Regelung einfach bescheiden.“ Seine Idee: „Vielleicht sollte man die zweiten Mannschaften wie früher als Vorspiel vor der Ersten spielen lassen. Dann gibt es wieder eine Reservetabelle, und alle können gemeinsam spielen und anschließend gemeinsam essen und feiern.“

Mit denselben Problemen kämpft Christian Pralas, der Trainer des SV Miesbach II. „Aufgrund von Verletzungen oder taktischen Wechseln in der ersten Mannschaft ist es für uns schwer zu planen, und wir brauchen einen großen Kader. Da tun wir uns als Kreisstadt vermutlich leichter als viele andere Vereine“, berichtet Pralas.

Zahlreiche Verbesserungsvorschläge für den Verband - Reaktion des BFV unwahrscheinlich

So kommt es auch bei den Miesbachern immer wieder vor, dass junge Kicker zwei Wochen aussetzen müssen, nachdem sie in der Kreisliga im Einsatz waren. „Wir sind immer noch im Amateurfußball, wo kein Spieler allein ein Spiel entscheidet. Bei der Regelung muss sich etwas ändern, damit die jungen Spieler nicht nur ins Training gehen und dann nicht spielen dürfen. Das ist einfach schade für die Burschen“, sagt der Miesbacher Coach. Er hat einen Verbesserungsvorschlag für den Verband: „Man sollte den jungen Spielern bis zu einem gewissen Alter Spielrecht in beiden Mannschaften geben. Oder eine Regel finden, dass die Beschränkungen erst an den letzten fünf oder sechs Spielen einer Saison gelten, wo dann die Entscheidungen fallen.“

Der Ärger ist dem Vernehmen nach auch bei den Vereinen in den benachbarten Spielgruppen groß. Dass der Verband darauf reagiert, hoffen jedoch nur Optimisten. Zu weit scheint sich der Verwaltungsapparat in den letzten Jahren von der Basis entfernt zu haben, sodass sich die Spielabsagen wohl auch künftig weiter häufen dürften. Gerade in der Urlaubszeit. Die Chancengleichheit wäre ab Saisonbeginn nur bedingt gegeben. (Thomas Spiesl)

Aufrufe: 07.9.2022, 08:39 Uhr
Thomas SpieslAutor