Im „Fohlenstall“ im Borussia-Park wurde im Dezember das Zimmer Nummer 9 leer geräumt. Winsley Boteli hat seinen Auszug vorbereitet und sein Zimmer im Internat an der Hennes-Weisweiler-Allee 1 gegen die erste eigene Wohnung in Mönchengladbach getauscht. Dort lebt er künftig zusammen mit seinem Vater, der aus der Schweiz an den Niederrhein zieht, um Boteli vor allem neben dem Platz zu unterstützen.
Für Boteli geht damit ein ereignisreiches Jahr zu Ende: Zum Erreichen des Halbfinals um die Deutsche Meisterschaft der A-Junioren hatte er mit 21 Toren in 21 Spielen einen großen Beitrag geleistet, im Juli stattete der Klub ihn dann mit dem ersten Profivertrag bis 2028 aus, seit seinem Schulabschluss im Sommer kann er sich zudem voll auf seine sportliche Karriere konzentrieren. Im Trainingslager am Tegernsee durfte sich der Schweizer erstmals über einen längeren Zeitraum am Stück bei den Profis zeigen, anschließend rückte er als U19-Spieler frühzeitig in die U23 von Borussia Mönchengladbach auf.
Dort war er unter Trainer Eugen Polanski bereits in der Saison 2023/24 elfmal zum Einsatz gekommen, seine zwei Doppelpacks nach Einwechslung sicherten den Borussen sechs Punkte im Kampf gegen den Abstieg. Zu Beginn der laufenden Saison benötigte Boteli etwas Anlaufzeit, um sich zurechtzufinden, weshalb er zwischendurch immer wieder in der U19 eingesetzt wurde, um ihm weiterhin den Vergleich mit Gleichaltrigen zu ermöglichen.
Dort bestätigte Boteli seine beeindruckende Torquote aus der Vorsaison prompt: In sieben U19-Spielen gelangen ihm sieben Tore, darunter der 1:0-Siegtreffer im DFB-Pokal-Achtelfinale gegen die TSG Hoffenheim. Das Selbstvertrauen aus den Auftritten in der U19 in Verbindung mit dem täglichen Training in der U23 haben Boteli in der Entwicklung geholfen. Vor der Winterpause gehörte er in sieben Regionalliga-Partien, in denen er zum Kader gehörte, fünfmal zur Startelf, die Tendenz ist positiv.
Dass Grant-Leon Ranos (vier U23-Einsätze) und Shio Fukuda (zehn) als Profi-Leihgaben in der U23 gesetzt sind, wenn sie nicht dem Bundesliga-Kader angehören, hat Boteli in den vergangenen Monaten die eine oder andere Einsatzminute gekostet. Die Ausbeute von Fukuda (vier Tore in 746 Minuten) und Boteli (drei Tore in 667 Minuten) ist ähnlich, Ranos (drei Tore in 339 Minuten) sticht wegen seines Dreierpacks beim 4:2-Sieg gegen den 1. FC Bocholt hervor.
Dass Boteli über einen großen Torinstinkt verfügt, ist unbestritten. „Es gibt Spieler, die haben Qualitäten im Abschluss, mit denen sie in jeder Klasse treffen würden – von der Kreisliga bis zur Champions League. Wenn so ein Typ bestimmte Gelegenheiten erhält, macht er das instinktiv“, sagt U19-Trainer Oliver Kirch im Gespräch mit unserer Redaktion. „Winsley würde ich aufgrund seiner Fähigkeiten vor dem Tor jetzt schon zutrauen, in der Bundesliga zu treffen. Ob er aber über 90 Minuten in allen Phasen des Spiels der Mannschaft helfen könnte, weiß ich nicht.“
Sollten Ranos oder Fukuda die zweite Saisonhälfte leihweise bei einem anderen Klub bestreiten, wäre das für Boteli hilfreich. Unabhängig davon wird er bis zum Saisonende dort spielen, wo die Einsatzchancen am größten sind, die Entscheidungen darüber fallen bei den Verantwortlichen im Nachwuchsbereich jede Woche aufs Neue.
Vor allem die anstehenden Topspiele in der Haupt- und Endrunde der U19-Nachwuchsliga könnten Boteli, der das Gespür für die gefährlichen Räume im und rund um den Strafraum besitzt, den passenden Reiz verschaffen, weshalb der Schweizer auch in der Rückrunde ein Pendler zwischen der U19 und U23 bleiben dürfte.
Ähnlich könnte das Modell in den kommenden Monaten bei Niklas Swider aussehen, der vor der Winterpause zu den Profis befördert wurde und im Januar seinen ersten Profivertrag unterschreiben wird: Neben den Trainingseinheiten unter Cheftrainer Gerardo Seoane dürfte Swider im neuen Jahr seine ersten Erfahrungen als dann 18-Jähriger in der U23 sammeln – und auch weiterhin in der U19 zum Einsatz kommen, um sich dort hin und wieder über 90 Minuten beweisen zu können.
Sich regelmäßiger über die volle Distanz zeigen zu dürfen, sollte auch Botelis nächster Schritt in der Regionalliga West sein, erst zweimal spielte er in dieser Saison dort durch. Weitere Tore dürften ihm zudem helfen, sich mehr und mehr im Seniorenbereich festzubeißen – und sich für höhere Ziele zu empfehlen.