2023-12-05T08:16:00.589Z

Spielbericht
Abpfiff, es ist vollbracht: Pokalhelden und Ersatzspieler bejubeln den 1:0-Sieh gegen die Münchner Löwen.
Abpfiff, es ist vollbracht: Pokalhelden und Ersatzspieler bejubeln den 1:0-Sieh gegen die Münchner Löwen. – Foto: Bruno Haelke

Sensation im Toto-Pokal: FC Pipinsried kegelt die Löwen raus

Trotz Unterzahl

Die Toto-Pokal-Sensation ist perfekt: Drittligist TSV 1860 scheitert im Viertelfinale am Bayernligisten Pipinsried, dem Dorfclub aus dem Dachauer Hinterland.

Pipinsried – Wie aus sicherer Quelle zu erfahren war, stand das Sportheim des FC Pipinsried am gestrigen Sonntagmorgen noch. Das ist eine gute Nachricht. Womöglich fehlte den erschöpften Fußballern des FCP am Samstagabend schlichtweg die Kraft, das Angekündigte noch in die Tat umzusetzen. Die Kicker des Bayernligisten hatten schließlich kundgetan, dass sie das Vereinsheim abreißen werden, wenn sie den Drittligisten TSV München 1860 aus dem Toto-Pokalwettbewerb kegeln sollten. Sie kegelten tatsächlich: Dank des goldenen Treffers von Stürmer Daniel Gerstmayer gewann David Pipinsried gegen Goliath Sechzig 1:0.

Vorausgegangen war ein spannendes und dramatisches Pokalspiel, dessen Ergebnis viele Löwen-Fans erzürnte und Maurizio Jacobacci ratlos zurückließ. „Ich kann mich nur entschuldigen für die Leistung meiner Mannschaft“, sagte der 1860-Trainer bei der Pressekonferenz in der bumsvollen Pipinsrieder Vereinsgaststätte. FCP-Coach Martin Weng platzte derweil voll Stolz: „Die Jungs haben ihr Herz auf dem Platz gelassen!“

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Von den 2500 Zuschauern dürften die meisten den Löwen die Daumen gedrückt haben, wenngleich die kleine, aber feine FCP-Anhängerschar alles gab. Oben, im Pressebereich der Tribüne, saß ein zur Untätigkeit Verdammter mit hochgelegtem Bein auf einem Klappstuhl und litt: Simon Rauscheder, der mit Kreuzbandriss außer Gefecht gesetzte Kapitän des FC Pipinsried. In den letzten 20 Minuten der Partie, in denen die Pipinsrieder kaum mehr über die Mittellinie kamen und mit Mann und Maus den knappen Vorsprung gegen wütend anrennende Löwen verteidigten, wäre Rauscheder wohl am liebsten aufs Feld geeilt, um zu helfen – trotz Krücken. Als Schiedsrichter Assad Nouhoum den Pokalfight endlich abpfiff, war Rauscheder ebenso geschafft wie seine Teamkameraden auf dem Platz und gestand: „Ich bin fertig!“

An die Latte: Albion Vrenezi (nicht im Bild) verschießt kurz vor Schluss einen Elfmeter.
An die Latte: Albion Vrenezi (nicht im Bild) verschießt kurz vor Schluss einen Elfmeter. – Foto: Bruno Haelke

Der FC Pipinsried startete mutig ins Spiel gegen den großen Gegner, versteckte sich keineswegs – und war in der ersten Halbzeit sogar die bessere Mannschaft. Mittelstürmer Daniel Gerstmayer scheiterte in der 3. Spielminute nach einem feinen Steckpass von Kevin Gutia an 1860-Keeper Marco Hiller. Viel Zeit, um über die verpasste Chance nachzugrübeln, blieb nicht. Denn es gab Ecke. Die führten die Pipinsried kurz aus, Tim Greifenegger flankte Richtung Fünfmeterraum, wo sich Gerstmayer gegen zu passive Münchner – vor allem Hiller und Innenverteidiger Leroy Kwadwo – durchsetzte und zur umjubelten Führung einköpfte (4. Minute).

Den hoch favorisierten Drittliga-Profis fiel in der Folge erstaunlich wenig ein, um die engmaschige Pipinsrieder Defensive zu knacken. Nennenswerte Chancen hatten sie jedenfalls nicht, weshalb die Pipinsrieder Führung zur Pause in Ordnung ging. Rauscheders Zwischenfazit: „Das war super bis jetzt.“

In der zweiten Halbzeit taten die Löwen mehr, sie spielten vor allem schneller. Zudem hatte Trainer Jacobacci mit Fynn Lakenmacher einen absoluten Aktivposten für den Angriff eingewechselt. Auch in der 65. Minute war Lakenmacher an einer Schlüsselszene beteiligt: Zum wiederholten Male war FCP-Schlussmann Maximilian Retzer ein Abschlag missraten, der Ball fiel Lakenmacher vor die Füße. Der Löwen-Angreifer sprintete Richtung Pipinsrieder Tor – und wurde von Wiggerl Räuber per Grätsche gestoppt. Foul und Freistoß, ja. Aber Rot? Schiedsrichter Nouhoum befand: Notbremse. Eine strittige Entscheidung.

Ab jetzt ohne Sie: Schiedsrichter Assad Nouhoum zeigt Ludwig Räuber (rechts) die Rote Karte.
Ab jetzt ohne Sie: Schiedsrichter Assad Nouhoum zeigt Ludwig Räuber (rechts) die Rote Karte. – Foto: Bruno Haelke

Pipinsried stemmte sich nun in Unterzahl gegen den Ausgleich. In der 82. Minute bot sich den Münchnern dann die Top-Gelegenheit aufs 1:1. Der kurz zuvor eingewechselte Aleksandar Kovacevic trat Philipp Steinhart auf den Fuß, es gab zurecht Elfmeter. Albion Vrenezi trat an – und knallte den Ball mit Vehemenz an die Unterkante der Latte. Elfmeter – oder wie der Schweizer Jacobacci sagt „Penalty“ – verschossen.

FCP-Keeper Retzer stand anschließend noch ein paar Mal im Brennpunkt, weil Eckball um Eckball und Flanke um Flanke in den Strafraum segelten, dann war Feierabend im wahrsten Sinn des Wortes.

Ob er denn auch an der Demontage des Vereinsheims beteiligt sein werde, wurde Martin Weng bei der Pressekonferenz gefragt. „Nein“, so die Antwort, bei derlei Siegesfestivitäten „sieht man nur Sachen, die man als Trainer nicht so gern sieht...“

Aufrufe: 019.11.2023, 13:42 Uhr
Thomas LeichsenringAutor