2025-01-24T06:57:50.986Z

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Die erste Mannschaft beobachtet er mit Sorge, die Junglöwen lobt er stark: Ex-1860-Trainer Frank Schmöller.
Die erste Mannschaft beobachtet er mit Sorge, die Junglöwen lobt er stark: Ex-1860-Trainer Frank Schmöller. – Foto: Imago/Ulrich Wagner

„Schaue bewusst keinen Fußball vor Ort an“: Ex-1860-Coach Schmöller lehnt Angebote weiter ab

Sonderlob für seinen Nachfolger

Das Kapitel TSV 1860 München ist seit dem Sommer beendet. Wie Frank Schmöller die Löwen sieht und wie er seine Zukunft plant, verrät er im Interview.

München – Nach fünf Jahren beim TSV 1860 München war plötzlich Schluss: Frank Schmöller verließ die Löwen überraschend im Sommer und kündigte eine halbjährige Fußballpause an. Über abgelehnte Angebote, aufblühende Junglöwen und die Situation von Schmöllers Nachfolger Argirios Giannikis spricht der einstige Bundesliga-Stürmer im Interview.

Zuletzt beim TSV 1860 München: Schmöller verlängert Auszeit vom Trainerjob

Hallo Frank, die angekündigte Fußballpause ist vorbei. Wann sehen wir dich wieder an der Seitenlinie?

Ich genieße die Auszeit noch. Die freien Wochenenden sind schön. Die Akkus sind aufgeladen. Trotzdem habe ich entschieden, dass ich im Winter noch keine Mannschaft übernehmen werde. Ich verfolge zwar noch alles, schaue mir aber bewusst keinen Fußball vor Ort an. Ehemalige Spieler haben mich gefragt, ob ich mal vorbeikomme, doch das hätte leicht zu Missverständnissen geführt. Die Pause habe ich gebraucht. Irgendwann wird mir bestimmt langweilig. Im Moment ist das aber nicht so.

Gab es bereits Anfragen von Vereinen?

Es gab lose Kontakte, aber ich habe immer direkt klargestellt, dass es für mich noch keinen Sinn ergibt. Deshalb waren die Gespräche relativ zeitig beendet. Fußball ist meine große Leidenschaft, meine große Liebe, das wird nicht vorübergehen. Ich verfolge weiterhin die Trends im Fußball. Ich war 21 Jahre durchgehend auf dem Trainingsplatz und auf jedem Fußballplatz in Bayern. Die Auszeit tut mir jetzt gut.

„Ich muss Felix zu seinen tollen Leistungen mit der Mannschaft gratulieren. Er braucht keine Tipps von mir.“

Frank Schmöller über seinen Nachfolger bei 1860 München, Felix Hirschnagl.

Je höher die Liga, desto zeitaufwendiger der Trainerjob. Weißt du schon, in welcher Liga es weitergehen soll?

Ich denke tatsächlich ligaunabhängig und klar, der Verein muss in meinen Tagesablauf passen. Viel entscheidender ist aber, dass der Verein Perspektive, Möglichkeiten und Potenzial zum Entwickeln bietet. Wenn das gegeben ist, könnte ich mir ein Engagement in der Regionalliga genauso gut vorstellen wie in der Landesliga. Die Vereine in München und im Umland sind aber alle gut besetzt. Im Winter wäre es ohnehin kein Thema.

Deine alte Mannschaft, die U21 des TSV 1860 München, führt unter Felix Hirschnagl die Tabelle an. Wie bewertest du deren Entwicklung?

Ich muss Felix zu seinen tollen Leistungen mit der Mannschaft gratulieren. Das ist wirklich großartig. Als ich noch bei 1860 war, standen wir immer in einem intensiven Austausch.

Hat er sich Tipps von dir abgeholt?

Felix braucht keine Tipps von mir. Er ist ein extrem guter Trainer, dazu sehr entspannt und sympathisch. Ich war bewusst nicht vor Ort, wir haben aber gelegentlich Kontakt. In der Winterpause werden wir uns auf einen Kaffee treffen und reden dann sicher auch über Fußball.

„Die erste Mannschaft beobachte ich dagegen teilweise mit Sorge. Ich kann nicht verstehen, warum sie dort keine konstanten, stabilen Leistungen hinbekommen.“

Frank Schmöller über die bisherige Saison des TSV 1860 München.

In der U21 des TSV 1860 spielt inzwischen mit Alexander Benede (36) ein ehemaliger Profi und ein Ex-Spieler von dir. Hilft ein so ein erfahrener Spieler?

Ohne Zweifel. Ich denke, das ist eines der Erfolgsgeheimnisse der U21: Einen sehr erfahrenen, extrem guten Spieler wie Alex auf einer strategisch wichtigen Position zu haben. Offen gesagt: Ich habe bei der U21 von Anfang an versucht, einen erfahrenen Innenverteidiger oder Sechser zu bekommen. Unsere Strategie war aber eine andere. Wir wollten nur mit jungen Spielern spielen. Ich bin mir sicher, Alex tut der jungen Mannschaft extrem gut und kann eine Führungsposition übernehmen. Er ist eigentlich ein Trainer im Trikot.

Deine Trennung kam für viele überraschend. Wie blickst du darauf zurück?

Ich bin bei 1860 München durch die Vordertür gegangen. Das war meine bewusste Entscheidung. Ich verfolge das NLZ (Nachwuchsleistungszentrum) weiterhin, weil dort richtig gute Arbeit geleistet wird. Aber fünf Jahre NLZ bedeuten fünf Jahre zahlreiche Trainings, Spiele und Sitzungen. Zudem war ich ein Bindeglied zur ersten Mannschaft. Am Ende wurde es dann einfach zu viel. Sollte ich dort wieder auftauchen, hoffe ich, dass man mich mit offenen Armen empfängt. Die erste Mannschaft beobachte ich dagegen teilweise mit Sorge. Ich kann nicht verstehen, warum sie dort keine konstanten, stabilen Leistungen hinbekommen.

„Die 3. Liga ist dieses Jahr so ausgeglichen. Ich denke, es wäre möglich, oben mitzuspielen.“

Frank Schmöller über die Profis des TSV 1860 München.

Du hast Argirios Giannikis erlebt. Bei 1860 ist der Trainerjob ständig Thema, oft wird von „Endspielen“ gesprochen. Wie siehst du seine Arbeit?

Ich habe ihn bewusst nicht kontaktiert. Er ist ein sehr entspannter, reflektierter Mensch mit großer Fußballfachkenntnis. Seine aktuelle tägliche Arbeit kann ich nicht bewerten, weil ich nicht beim Training zusehe und auch kein Detailwissen habe. Die inkonstanten Leistungen sind mir als Außenstehender aber ein Rätselstück: Du gewinnst zweimal mit 3:0 und denkst, jetzt können wir marschieren und dann verlierst du daheim gegen Rostock. Die 3. Liga ist dieses Jahr so ausgeglichen. Ich denke, es wäre möglich, oben mitzuspielen.

Trainerentlassungen im Fußball? Schmöller: „Der Trend wird von der Spitze vorgelebt“

Wenn wir noch einmal auf den Amateurfußball zu sprechen kommen: Dein Ex-Klub Pullach steckt in einer schweren Krise. Verfolgst du die Entwicklung?

Natürlich verfolge ich das, aber ich bin inzwischen ganz weit weg. Der Verein hat eine große Zäsur hinter sich – das ist der entscheidende Faktor. Ich wünsche mir, dass Pullach die Klasse hält. Zu den Verantwortlichen habe ich keinen Kontakt mehr, aber mit Theo Liedl treffe ich mich privat. Da sprechen wir auch über den Verein. Es ist wirklich schade, zu sehen, wo sie derzeit stehen.

Läuft es sportlich nicht, sind Trainerentlassungen immer wieder ein heißes Thema. Wie beobachtest du die Entwicklung?

Um so etwas zu beurteilen, brauchst du Detailkenntnisse. Der Trend wird aber von der Spitze des Fußballs vorgelebt. Jeder kann seine Meinung über die soziale Medien kundtun und es wird ständig gegen Trainer geschossen. Als Trainer brauchst du dann einen starken Rückhalt im Verein, jemand, der dir sagt: „Pass auf, du machst das gut. Wir ziehen das gemeinsam durch.“ Es ist wie in der Ehe: Mal gibt es gute Zeiten, mal schlechte Zeiten. Da geht man gemeinsam durch – auch wenn manche Ehen das inzwischen auch nicht mehr durchhalten.

Aufrufe: 012.12.2024, 11:39 Uhr
Boris ManzAutor