Auf den SC Kapellen scheint die nächste Zittersaison zuzukommen. Wie in der Spielzeit 2022/2023, als die Erftstädter nach der Vizemeisterschaft in Abstiegsnot geraten waren, droht ihnen nach dem dritten Platz im Juni nun ein vergleichbares Schicksal. Eigentlich sollten am Sonntag im Heimspiel gegen das Kellerkind 1. FC Viersen drei wichtige Punkte eingefahren werden, um den Anschluss ans Mittelfeld zu halten. Doch daraus wurde nichts, letztlich reichte es nach einer 2:0-Führung nur zu einem 2:2. Und am Ende konnten die Gastgeber sogar froh sein, dass sie nicht noch als Verlierer vom Platz gegangen sind. Dennoch rutschten sie durch das Unentschieden auf einen direkten Abstiegsplatz ab.
Und was die Angelegenheit so ärgerlich macht für die Kapellener: Die Partie gegen tapfer kämpfende, aber nach dem großen Umbruch im Sommer spielerisch sichtlich limitierte Viersener hätten sie nach einem vielversprechenden Beginn nie und nimmer aus den Händen geben dürfen. Doch nach den vielen Rückschlägen der vergangenen Wochen scheint es, um die mentale Verfassung der meisten Spieler nicht zum Besten bestellt zu sein. So begann trotz eines ebenso sicheren wie verdienten 2:0-Vorsprungs plötzlich das große Zittern. Die Kapellener steckten sich gegenseitig mit ihrer Verunsicherung an und machten die Gäste so immer stärker. „Wir fragen uns auch gerade, wie das passieren konnte“, sagte Jörg Ferber kurz nach der Partie mit Blick auf den überaus ungewöhnlichen Spielverlauf.
Denn trotz ihrer zahlreichen Ausfälle begannen die Gastgeber ordentlich. Trainer Lennart Ingmann hatte die Offensive nach den Eindrücken der vergangenen Wochen und des Pokalsiegs in Grefrath umbesetzt. Maik Ferber gab die Sturmspitze, dahinter kam Joel Mangano nach einer langen Verletzungszeit zu seinem Startelfdebüt. Nils Mäker wich auf den rechten, Luis Giesen auf den linken Flügel aus. Der Plan war es offenbar, die Viersener früh zu stören, um sie zu Fehlern zu zwingen.
Davon ließ sich der SCK auch nicht abbringen, als Save Spasovski früh verletzt runter und durch Tim Effertz ersetzt werden musste. Zwei jeweils schön über die Flügel eingeleitete Tore innerhalb von acht Minuten ebneten scheinbar den Weg zu den erhofften drei Punkten. Doch dann war es eine unglückliche Aktion auf der linken Abwehrseite, die das fragile SCK-Selbstvertrauen ins Wanken brachte. Bahan Arslanboga konnte viel zu leicht in den Strafraum ziehen und zum Anschluss einschießen. Wenig später war es dann Torhüter Jan Pillekamp, der mit einer Harakiri-Aktion fast den Ausgleich verschuldet hätte. Anschließend geriet der SCK noch mal mächtig ins Schwimmen. Die ersten Signale für die Viersener, dass im Jupp-Breuer-Stadion noch mehr drin war.
Und sie wurden nach der Pause durch weitere Fehler der Gastgeber ermutigt. Die verloren immer mehr die Kontrolle, weil sie trotz zunehmender Verunsicherung oftmals den schwierigeren, risikoreicheren Weg wählten, statt sich über einfache, klare Aktionen Selbstvertrauen zurückzuholen. Der Ausgleich war zum Beispiel die Folge eines Hochrisikopasses von Tim Effertz in die Spitze, der quasi in Form eines Konters als Bumerang zurückkam. Hinterher rannten sich die Kapellener meist durch die Mitte fest, während die Gäste auf Kontermöglichkeiten lauerten und mit fast jeder Aktion für Gefahr sorgten. In der 83. Minute scheiterte Bahan Arslanboga mit der besten Konterchance nur knapp an Jan Pillekamp. Klar, dass Jörg Ferber hinterher ziemlich bedient war. „Das war zu wenig. Es kann doch nicht sein, dass wir uns jedes Mal durch eigene Fehler um den Lohn bringen“, meinte der Sportliche Leiter, der aber nicht zu negativ sein wollte: „Wir müssen mit der Situation umgehen und das nächste Spiel gegen Fischeln gut vorbereiten.“