2024-04-25T10:27:22.981Z

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Im Duell um den Ball: Richard Neudecker ist nach kurzer Zeit schon zum Stammspieler beim 1.FC Saarbrücken gereift
Im Duell um den Ball: Richard Neudecker ist nach kurzer Zeit schon zum Stammspieler beim 1.FC Saarbrücken gereift – Foto: IMAGO/Eibner-Pressefoto/Fabian Friese

Richard Neudecker: Rückkehr zu 1860? „Es wird nie so sein, dass ich da die Tür komplett schließe“

Er wurde bei den Löwen ausgebildet

Premiere für Richard Neudecker, 26: Erstmals in seiner Profikarriere ergibt es sich, dass er auf den TSV 1860 trifft, bei dem er ausgebildet wurde.

München – Für den TSV 1860 München kurbelte Richard Neudecker zwei Jahre lang das Offensivspiel an, schoss 13 Tore und bereitete 16 vor. Auch jetzt, beim 1. FC Saarbrücken, ist der 26-Jährige Stammspieler – und freut sich auf das Wiedersehen am Sonntag auf Giesings Höhen (15 Uhr). Unser Interview mit dem Altöttinger.

Servus Richard, am Wochenende geht’s zurück in die Heimat - diesmal als Gegner im Grünwalder Stadion. Was löst das in Ihnen aus?
Pure Vorfreude! Sechzig ist meine fußballerische Heimat. Ich freue mich darauf, alle wiederzusehen und mit ihnen zu quatschen. Ungewohnt ist, dass ich als Gegner komme – nachdem man ja bis zum Sommer an einem Strang gezogen hat. Das ist schon ein komisches Gefühl, aber ansonsten ist die Vorfreude riesengroß.
Der Tabellenzweiten empfängt den Fünften. Ein echtes Spitzenspiel?
Ich denke schon, dass es ein hochkarätiges Spiel ist in dieser Liga. Wir haben eine gute Defensive, 1860 hat eine sehr, sehr gute Offensive. Da wird es krachen. Mit Sicherheit wird es ein sehr interessantes, umkämpftes Spiel.
Spielt im Hinterkopf Ihrer Mitspieler auch noch die Aufstiegsrelegation von 2018 eine Rolle?
Das ganz große Thema ist es nicht mehr, aber der eine oder andere wird sicher mit einer Portion Extramotivation ins Spiel gehen …

Sechs Scorer nach 13 Spielen: Richard Neudecker ist eine wichtige Stütze beim 1. FC Saarbrücken

Die Leistungen beider Teams waren allerdings schwankend zuletzt. 1860 stürzte vom Gefühlshoch gegen Wiesbaden ins Bayreuther Jammertal. Und Saarbrücken: Drei Spiele ohne Sieg gefolgt von drei Spielen ohne Niederlage. Ist Konstanz in dieser Liga ein Ding der Unmöglichkeit?
Schwer zu sagen. Generell ist in der 3. Liga alles sehr eng – und wir würden alle woanders spielen, wenn wir diese Konstanz reinbringen würden. Fast keiner kriegt es hin, eine 100 oder 110 Prozent Leistung über die komplette Saison abzurufen.
Bei Ihnen persönlich läuft es aber sehr ordentlich: 13 Saisoneinsätze, fast alle über die vollen 90 Minuten. Dazu ein eigener Treffer und fünf Vorlagen. Zufrieden mit Ihrer Bilanz?
Grundsätzlich bin ich happy damit, dass ich so viele Spiele machen durfte – alle bis auf einmal, als ich eine muskuläre Verletzung hatte. Verbessert habe ich mich bei den herausgespielten Chancen – auch wenn wir nicht alle davon nutzen konnten. Ich kreide mir aber an, wenn ich nicht immer komplett im Spiel drin bin. Ich denke, dass da auf jeden Fall noch Luft nach oben ist – und dass ich insgesamt an meiner Statistik schrauben kann.

Ich hab es immer gehasst, gegen Saarbrücken zu spielen. Dann spiele ich doch jetzt lieber mit ihnen.

Fabian Neudecker im Interview

Wie kam es überhaupt dazu, dass Sie im Saarland gelandet sind?
Den Fußball, den Saarbrücken spielt, fand ich immer sehr ansprechend. Im Sommer hatte ich ein gutes Gespräch mit Uwe Koschinat (der nach dem 11. Spieltag von Rüdiger Ziehl abgelöst wurde/Red.). Ich habe mich wohl gefühlt mit der Taktik, wie wir spielen wollten – und mit der Verantwortung, die er mir zugesprochen hat. Am Ende dachte ich mir: Ich hab es immer gehasst, gegen Saarbrücken zu spielen. Dann spiele ich doch jetzt lieber mit ihnen.
Es heißt immer, Sie wären eigentlich gerne in München geblieben.
Ich denke, das war am Ende ein Problem der Kommunikation. Beide Seiten waren anfangs nicht abgeneigt, den Vertrag zu verlängern. Dann hab ich mir zu lange Zeit gelassen – wobei ich ja noch einen Vertrag gehabt hätte, wenn wir aufgestiegen wären. Solange wir im Rennen oben dabei waren, hab ich mir gesagt: Okay, dann brauchen wir ja erst mal nicht zu reden. Am Ende hab ich mich dann zu lange nicht gemeldet. Das kreide ich mir an, das war absolut falsche Kommunikation von mir. Alles in allem waren aber beide Seiten daran beteiligt, dass es kompliziert wurde und am Ende nicht funktioniert hat.
Haben Sie sich verpokert oder ist das zu hart ausgedrückt?
Verpokert würde ich nicht sagen. Das hätte ich mich, wenn ich ein anderes Angebot aus der 2. Liga genutzt hätte, um Druck zu machen. Dem war aber nicht so. Mein großes Ziel war damals, mit 1860 aufzusteigen und hochzugehen. Ich habe auch immer kommuniziert, dass ich mir vorstellen könnte, lange zu bleiben.

Richard Neudecker beim TSV 1860 München: Er war immer Fan-Liebling bei den Löwen

Im Nachgang argumentierte Michael Köllner, Sie wären in keinem wichtigen Spiel „präsent“ gewesen. Wie stehen Sie zu diesem Vorwurf?
Ich verstehe, dass er im Nachhinein irgendwie rechtfertigen musste, dass er mich hat gehen lassen. Aber wie definiert man wichtiges Spiel? Für den Trainer war sicherlich Dortmund das wichtigste Spiel – direkt nach der Trennung von Sascha Mölders und dem Co-Trainer (Oliver Beer/Red.). Wir haben das Spiel auswärts 2:0 gewonnen, ich habe zwei Assists gegeben und war mit der beste Mann auf dem Platz. Ich denke: Alles, was der Trainer sagt, formuliert er mit Bedacht. Für mich ist es daher schwierig, wenn das so dargestellt wird. Solche Aussagen können einem nachhängen.
Ist es ein Trost, dass man bei 1860 seit Ihrem Abgang einen Dreh- und Angelpunkt in der Offensive vermisst?
Ich habe nicht viele Spiele von 1860 gesehen. Daher kann ich das überhaupt nicht beurteilen. Ich habe jetzt die eine oder andere Nachricht bekommen, dass es eventuell so sein könnte, dass man mich vermisst… (lächelt). Ich muss das aber so deutlich sagen: Genugtuung empfinde ich da überhaupt nicht, denn ich bin dem Verein sehr dankbar für diese zwei Jahre – und für die ganze Jugend, die ich bei 1860 verbringen durfte. Ich wünsche dem Verein nur das Beste und dass sie weiter oben dran bleiben – weil sie sich das über die letzten zwei, drei Jahre total verdient haben.
Bei den Löwen-Fans stehen Sie nach wie vor hoch im Kurs, wie Sie gerade selber angedeutet haben. Eine Bestätigung für Ihre Leistungen?
Total! Das freut mich wirklich sehr. Auch damals die Auszeichnung als „Löwe der Saison“ – das war etwas ganz Besonderes für mich. Es hat in meinem Bauch gekribbelt und extrem weh getan, diese tollen Fans zu verlassen.

Ich freue mich allgemein, wieder in diesem Stadion zu spielen – vor voller Hütte.

Neudecker über das anstehende Spiel gegen den Ex-Verein

Fühlen Sie sich denn wohl jetzt im Saarland?
Ja, auf jeden Fall. Es macht Riesenspaß hier zu spielen. Wir hatten jetzt zwar auch das eine oder andere Down, aber grundsätzlich spielen wir eine ordentliche Runde. Das können wir jetzt krönen, wenn wir bis zum Winter noch ein paar Punkte holen.
Was die Saisonziele angeht, müssen Sie sich nicht umstellen, oder? Beide Teams wollen hoch…
Unser großes Ziel ist, dass wir erst mal die 60-Punkte-Marke knacken – und dann schauen wir weiter. Wenn wir schnellstmöglich die 60 Punkte schaffen, die der FCS seit dem Aufstieg nie geschafft hat, dann heißt das ja auch, dass wir oben irgendwie dabei sind…
Zurück zum Spiel am Sonntag: Auf wen freuen Sie sich am meisten?
Zunächst freue ich mich allgemein, wieder in diesem Stadion zu spielen – vor voller Hütte. Aus der Mannschaft habe ich den meisten Kontakt zu Marco (Hiller), zu Niki Lang, zu Deichi (Yannick Deichmann). Ich freue mich aber auch auf Fatih (Aslan), den Teammanager. Ich vermisse ihn, weil er so ein lustiger Kauz ist. Auch auf Steges freue ich mich (Zeugwart Norbert Stegmann), auf Harry Huber (den Torwarttrainer)… Es sind nicht nur Spieler, sondern auch viele aus dem Staff, mit denen ich mich super verstanden habe.

Fabian Neudecker über eine Rückkehr zu 1860: „Es wird nie so sein, dass ich die Tür da komplett schließe“

Die Stimmung nach dem 0:1 in Bayreuth können Sie sich lebhaft ausmalen…
(schmunzelt) Klar, da brodelt es jetzt natürlich – und diese Chance wollen wir nutzen. Wir wollen alles raushauen und eine eventuell kleine Verunsicherung zu einer größeren Anspannung machen.
Einmal sind Sie schon zu 1860 zurückgekehrt. Wäre eine weitere eines Tages vorstellbar für Sie?
Absolut. Erstens ist 1860 meine fußballerische Heimat. Es wird nie so sein, dass ich die Tür da komplett schließe. Und zweitens bin ich sehr überzeugt von der Nachwuchsarbeit bei 1860. Da irgendwann mithelfen zu können, wäre super. Der Verein hat mir sehr viel gegeben. Schauen wir mal, was die Zukunft bringt. Aber jetzt bin ich erst einmal in Saarbrücken und werde alles für den FCS geben.

Das Interview führte Uli Kellner

Aufrufe: 04.11.2022, 09:38 Uhr
Uli KellnerAutor