Ratingen 04/19 dreht ein irres Auftaktspiel

Der Präsident selber wurde aus dem Topf der 30 Sponsoren für das Ausweichtrikot gezogen, alles aber unter notarieller Aufsicht, wie er beteuerte. Das Trikot des B-Junioren-Niederrheinliga-Teams wird künftig der Malerbetrieb Anders & Eifler zieren, das Heimtrikot gewann der Merisa Pflegedienst.

Und der präsentierte dann zwei Tage später nicht nur die Mannschaftsaufstellung, sondern auch den ersten Spieltag der neuen Saison im heimischen Stadion gegen TVD Velbert. Um das vorwegzunehmen – viel irrer kann ein Auftakt in eine neue Spielzeit nicht laufen.

Die Ratinger wurden gleich kalt erwischt: Nach einem Ballverlust im Spielaufbau war die rechte Abwehrseite offensiv unterwegs, Robert Nnaji sah es, war nicht zu stoppen und legte den Ball perfekt für Denzel Oteng Adjej in den Strafraum, der Luca Fenzl im 04/19-Tor aus drei Metern überwand – 1:0 TVD nach 68 Sekunden. Das drückte spürbar auf die Stimmung der Gastgeber, während sich die körperlich überlegenen Gäste nun massiv im Mittelfeld und in der Abwehr formierten. Da gab es lange wenig bis gar kein Durchkommen für die Ratinger, es reichte nur zu Halbchancen. Ausnahme: Einen super Pass in die Schnittstelle der Velberter Abwehr von Philipp Baum auf Yassin Merzagua, der aber nach links abgedrängt wurde und dann verzog (39. Minute).

Im Gegenzug fuhr TVD einen Konter wieder über die rechte Ratinger Abwehrseite, doch beim finalen Zuspiel war es Abseits. Es war aber die Szene, die 04/19-Trainer Martin Hasenpflug in der Pause ansprach: „Das war das zweite Mal, dass wir da keine Rückverteidigung hatten. Da haben wir auch vor dem 0:1 geschlafen. Das ist ärgerlich und darf nicht passieren.“ Der zweite Punkt, den der Chefcoach seinen Mannen mitgab, war, mutiger zu sein. Dafür wechselte er im rechten Mittelfeld und brachte Ex-Profi Moses Lamidi für Georgios Touloupis. „Es war klar, dass wir nach dem Rückstand mutiger werden müssen, und Moses kann zwei Leute auf sich ziehen und gefährliche Offensivaktionen kreieren“, erklärte Hasenpflug.

Die Ratinger setzten die Worte ihres Trainers um – ebenso schnell, wie das Gegentor in Halbzeit eins gefallen war, fiel nun der Ausgleich: Ali Can Ilbay flankte von rechts, Kapitän Erkan Ari verlängerte im Strafraum mit dem Kopf an den zweiten Pfosten, wo Phil Spillmann den Ball nur noch über die Linie schießen musste (47.). Vier Minuten später hätte 04/19 das Spiel fast schon gedreht, aber nachdem Tim Klefisch im Mittelfeld den Ball erobert und ihn perfekt in Merzaguas Lauf gelegt hatte, blieb der Stürmer mit seinem Schuss an TVD-Keeper Robin Offhaus hängen. „Den muss Yassin machen, dann wäre uns vielleicht einiges erspart geblieben“, sagte Hasenpflug hinterher.

Was er meinte: Quasi im Gegenzug kassierte Innenverteidiger Gianluca Silberbach eine Rote Karte (51.), war dabei aber wie sein Trainer und das Gros auf der Tribüne überhaupt nicht einverstanden mit der Entscheidung von Schiedsrichter Martin Ulankiewicz. „Ich bin eher am Ball und spiele sogar noch einen Pass zu Luca. Dabei trifft der Gegner mich, aber der Schiri sagt, ich trete ihn, und gibt mir Rot“, ärgerte sich Silberbach. Hasenpflug: „Da habe ich die Welt nicht mehr verstanden.“

Noch ärgerlicher: Den folgenden Freistoß schoss Dario Schumacher für TVD über die Mauer ins Tor zurerneuten Führung (55.), die Ratinger mussten nun in Unterzahl einem Rückstand hinterher rennen. Und hätten die große Chance zur postwendenden Antwort bekommen müssen, doch Ulankiewicz übersah ein klares Foul an Simon Busch bei dessen Abschluss im Velberter Strafraum – Abstoß statt Elfmeter (57.).

Die Ratinger drängten nun aber mit Macht auf ihren nächsten Treffer, Hasenpflug wechselte auch offensiv. Für den erneuten Ausgleich war aber Linksverteidiger Baum zuständig, der mit einem unglaublichen Hammer im Fuß den Ball von links in den langen Winkel jagte – ein Traumtor, das viele der 324 Zuschauer von den Sitzen riss (72.). Auf der Gegenseite schoss Justin Sarpong im Strafraum zentral feste drüber (77.), dann folgte der große Auftritt des gerade eingewechselten Bo Lasse Henrichs: Einen super Ball in den freien Raum erlief der schnellste Sprinter des Kaders, legte ihn am ersten TVD-Verteidiger vorbei, ließ im Strafraum noch die Grätsche des zweiten ins Leere rutschen und vollendete kühl gegen Offhaus zum 3:2 – Spiel gedreht (79.).

TVD warf nun viel Körper nach vorne, um noch den Ausgleich zu erzielen, doch als Fenzl in der dritten Minute der Nachspiel einen abgefälschten Ball schnappte, pfiff Ulankiewicz ein Spiel ab, dessen Verlauf durchaus als „irre“ bezeichnet werden kann. „Die Mannschaft hat nie aufgegeben, der tolle Distanzschuss von Philipp hat uns wieder reingebracht, und Bo macht das am Ende überragend“, schloss Hasenpflug.