2024-04-25T14:35:39.956Z

Spielbericht

Pleite im Wedding-Derby

Hertha III kann auch gegen Minerva den Bock nicht umstoßen

SC Minerva – Hertha BSC Ama Zwee 6:3

3.Spieltag Kreisliga A Berlin Staffel 1 Saison 2023/2024

Sonntag, 03.09.2023 13:00 Uhr

Sportplatz Chausseestraße

70 Zuschauer

Präzise, wie das Skalpell eines Herzchirurgen, zieht sich der kleine, dreckige Fingernagel einmal quer durch meine Pupille. Es ist nicht das erste Mal, dass das passiert. Mein Sohn hat mir schon diverse Male seinen Finger oder seinen Zeh ins Auge gejagt. Dabei hat er mir einen Riss bzw. Abriss in der Hornhaut beschert. Das heilt recht schnell wieder zu, reißt in der Folge aber auch sehr gerne schnell wieder auf. Man kann es mit einer Wunde vergleichen, die zuschorft und öfter einfach wieder aufreißt. Und heute fühlt es sich so an, als würde er sich mit dem Finger unter den Schorf pulen und ihn dann mit einem heftigen Ruck abreißen. Nur eben im Auge. Für mehrere Minuten brennt mein Augapfel jetzt, als würde ein heißes Stück Metall darin stecken. Passiert ist das Ganze ungefähr 2 Stunden nachdem das heutige Match abgepfiffen wurde. Und es war nicht das Schmerzhafteste, was mir heute wiederfahren ist.

Obwohl heute ein Auswärtsspiel anstand, fühlte es sich wie ein Heimspiel an, liegt der Austragungsort doch keine drei Kilometer von der heimischen Lüderitz entfernt. Man könnte gar von einem Weddinger Derby sprechen.

Nach einem kurzen Ritt auf der blauen Linie unter der Erde und dem S-Bahn Ring, hatte ich mein Ziel erreicht. Der Sportplatz Chausseestraße schmiegt sich direkt an das Erika-Heß-Eisstadion an und wird von einer Schule und einem baufälligen Parkhause flankiert. Auf ihm liegt quasi der Schatten eines Bayer Büro Turms und der künstliche Rasen schimmerte in der Septembersonne im feinsten Grün.

Ich traf Rónnóur am Eingang und wir schlürften ein Kaltgetränk zusammen, ehe ich mich an den Platz verzog, um anzuflaggen, Tach zu sagen und die Lage peilen.

Letzteres war bitter nötig, denn mir waren tatsächlich viele Herthaner, die gerade am Aufwärmen waren, fremd. Unsere Trainer hatten nochmal kräftig auf dem Transfermarkt zugeschlagen und dadurch stand heute auch die vierte Aufstellung im vierten Pflichtspiel zu buche.

Trotzdem wirkte das Spiel der Hertha erst einmal recht souverän. Jedenfalls bis zur achten Minute, als der Schiri ein Foul innerhalb der strafbaren Sektion gesehen haben wollte. Also, ein Foul war es, keine Frage. Allerdings würde ich sagen, dass da noch einige Centimeter bis zur Strafraumkante vorhanden waren. Aber sei es drum. Aus 11 Metern ging Minerva also in Führung. Doch Hertha zeigte Moral und drehte das Spiel, noch bevor die erste halbe Stunde gespielt war. Erst war es Görki, der erneut aus der Distanz traf, ehe Kapitän Justin die Führung erzielte.

Ich stand mit der Sektion der Mittelalten Ama Zwee Fans am Stankett und wir waren uns sicher, dieses Spiel nun zu gewinnen. Da störten auch die völlig lächerlichen gelben Karten gegen Görki und Sascha vorerst nicht, die der Unparteiische sehr früh wegen absoluter Nichtigkeiten gezogen hatte. Eigentlich schade, dass der Mann mit der Pfeife diese Linie nicht durchzog, sonst wäre Minervas Keeper noch vor dem Seitenwechsel Duschen gegangen. Der Torhüter fiel in einer Tour durch dumme Sprüche, Provokationen und Ausflüge übers ganze Feld auf.

So aber ging er, wie alle anderen, regulär nach 45 Minuten in die Kabine, kam nach 15 Minuten Pause wieder raus und sah nach 58 Minuten einen Bock seines Gegenübers. Hertha Keeper Michael hatte einen Ball durch die Handschuhe rutschen lassen und Minerva bedankte sich mit dem Ausgleich. Hertha Reaktion auf den Fehler, des eigentlich guten Rückhalts, war sensationell. Nur zwei Minuten nachdem 2:2 ging Justin wie ein heißes Messer durch kalte Abwehr-Butter und netzte zur erneuten Führung ein.

Was dann geschah ist immer noch unbegreiflich und unfassbar bitter. Minerva hatte 60 gute Sekunden, in denen sie zwei Buden machten. Das 5:3 fiel vier Minuten später und als neun Minuten vor dem Ende erneut ein Elfer für die Hausherren versenkt wurde war klar, dass dieses Spiel verloren war.

Zu allem Überfluss bekam Sascha kurz vor dem Schlusspfiff noch die gelb-rote Karte.

Was soll man am Ende für ein Resümee ziehen? Lag es daran, dass Minerva das etruskische Pendent zur griechischen Göttin des taktischen Verteidigungskrieges, Athene ist. Während der Name Hertha vermutlich auf einen Abschreibfehler der germanischen Fruchtbarkeitsgöttin Nerthus zurückgeht? (N zu H)

Das wäre eine mögliche Erklärung. Eine Andere, und ich tun sowas wirklich nicht gerne, ist es den Schiri ein wenig in die Pflicht zu nehmen.

Der Schiedsrichter fuhr eine ganz merkwürdige Linie und lag wirklich oft daneben. Richtig kurios war es zum Beispiel wenige Sekunden vor Schluss, als er einem Herthaner nach einer Grätsche die rote Karte unter die Nase hielt. Offenbar selbst erschrocken darüber, welche Farbe er da in der Hand hatte, wollt er seinen Fehler, denn die Grätsche war niemals rotwürdig, revidieren und Gelb zeige. Doch stattdessen zeigte der dem verdutzten Spieler seinen Notizblock. Erst dann kam der gelbe Karton zum Vorschein.

Schon klar, nach so einer Niederlage sucht man natürlich gerne die Schuld beim Unparteiischen. Das will ich aber eigentlich gar nicht. Er hatte einfach einen Tag und schien eigentlich nie Herr der Lage zu sein. Aber das war heute nicht der Grund für die Niederlage. Der Grund lag eher in…bei…ich weiß es nicht.

Wir hatten das Spiel im Sack und haben es aus der Hand gegeben.

Eine so unfassbare und eigentlich nicht erklärbare Niederlage tut richtig weh und ich war fast schon froh, als ich am Nachmittag mit einem puckernden Auge zu Hause hockte. Denn das lenkte wenigstens vom Schmerz dieses Spiels ab.

Jetzt ist erst einmal eine Woche Spielfrei für den Ama Zwee und dann muss es mit voller Konzentration gegen Lübars II am 17.09 einfach klappen mit den Punkten.

Ich bin jetzt einfach optimistisch und sage: in zwei Wochen stoßen wir den Bock um!

Ha Ho He Amateure Zwee

der Kutten König

Aufrufe: 05.9.2023, 20:29 Uhr
Jörn KutschmannAutor