2024-04-19T07:32:36.736Z

Allgemeines
Paul Hahn wurde 1988 Trainer von Viktoria Goch.
Paul Hahn wurde 1988 Trainer von Viktoria Goch. – Foto: Patrick Mohrmann

Paul Hahn – der „kleine Kaiser“ in Goch

In der Saison 1988/89 trainierte der Sonsbecker Star, der bei Bayer Uerdingen zum zweitbesten Libero Deutschlands hinter Franz Beckenbauer avanciert war, den Verbandsligisten Viktoria Goch. Sohn Jan-Paul Hahn schließt nun den Kreis.

In der Saison 1988/89 trainierte der Sonsbecker Star, der bei Bayer Uerdingen zum zweitbesten Libero Deutschlands hinter Franz Beckenbauer avanciert war, den Verbandsligisten Viktoria Goch. Sohn Jan-Paul Hahn schließt nun den Kreis.

In diesen Tagen schließt sich ein Kreis, denn sein Sohn Jan-Paul Hahn, der beim Engagement seines Vaters in Goch gerade mal drei Lenze zählte, wurde von Trainer Daniel Beine als Innenverteidiger und Führungspersönlichkeit zur Viktoria geholt, nachdem beide vor einem Jahrzehnt beim Oberligisten SV Sonsbeck in einem Team gekickt hatten. Beines Plan: Der 37-jährige Hahn junior, der eine von seinem Vater nach der Fußball-Karriere gegründete Sporthalle in Sonsbeck führt und zuletzt beim TuS Xanten am Ball war, soll der Leitwolf der Schwarz-Roten in der Bezirksliga werden.

Das war Paul Hahn sein ganzes Fußballer-Leben lang. Die Libero-Position galt in den siebziger Jahren als das Herzstück der Mannschaft, nachdem Franz Beckenbauer diese Rolle erfunden und als unumstrittene Nummer eins der Welt ausgefüllt hatte. Ihm in Deutschland am nächsten kam der am 16. Januar 1949 geborene Paul Hahn, der zehn Jahre lang von 1971 bis 1981 in der Bundesliga und der Zweiten Liga 239 Spiele für Uerdingen bestritt – ein exzellenter Techniker, intelligent im Spiel nach vorne, schnell, mit 1,86 Metern Größe kopfballstark, der Chef der Truppe.

Nationalmannschaft und USA-Exkurs

Dass er es nur auf zwei B-Länderspiele brachte, ist aus heutiger Sicht beinahe unvorstellbar: Er debütierte 1975 beim 2:0 gegen Österreich in Augsburg und gewann auch das zweite B-Länderspiel in Duisburg mit 2:0 gegen Rumänien. Doch in der Saison 1975/76 stieg Uerdingen ab, Nationaltrainer Helmut Schön riet Paul Hahn, sich unbedingt einen neuen Verein in der Bundesliga zu suchen, doch der Sonsbecker blieb Uerdingen treu. Der Rest ist Fußball-Geschichte: Der Kaiser wechselte 1977 über den großen Teich zu Cosmos New York und kam nach damaliger Auffassung nicht mehr für die Nationalelf infrage (aus heutiger Sicht eher eine grenzwertige Entscheidung). Aber Paul Hahn spielte in der Zweiten Liga außerhalb des Blickfelds von Helmut Schön. Was Hahn noch mit Beckenbauer verbindet: 1981 überquerte auch er den großen Teich, die Chicago Stings hatten den Nieder­rheiner verpflichtet. Mit dem Verein gewann er auf Anhieb die US-Meisterschaft, bestritt 54 Spiele für Chicago, schoss zwei Tore und hat die Meisterfeier mit 250.000 Menschen in Chicago nie vergessen. Seine Karriere ausklingen ließ Hahn von 1982 bis 1986 bei Rot-Weiß Oberhausen, zunächst als Ligakonkurrent der Viktoria in der Oberliga Nordrhein, danach in der Zweiten Bundesliga mit 103 Spielen und drei Toren.

Erste Schritte als Trainer

Als er im April 1988 dem damaligen Viktoria-Vorsitzenden Bruno Völling seine Zusage gab, da hatte er gerade eine Tennishalle daheim in Sonsbeck eröffnet und mit dem SV Lintfort seine erste Trainerstation hinter sich. Der Plan: Hahn sollte aus vielen Talenten und einigen Routiniers zusammen mit Torwart-Trainer Arno Merckx eine schlagkräftige Truppe formen. Der erste Versuch einer Heimkehr in die Oberliga mit dem niederländischen Entertainer-Trainer Leo Beerendonk war gerade krachend gescheitert, auch weil die Mischung aus holländischen Halbprofis und englischen Soldaten-Kickern aus Laarbruch nicht stimmte.

Aber Hahns Mission stand von Beginn an unter einem unglücklichen Stern – endete nach schon einer Spielzeit mit seinem Wechsel zum damaligen „Krösus“ Preußen Krefeld. Hahn holte von seinem Ex-Klub aus Lintfort Libero Frank Hildebrandt, Vorstopper Stefan Klaß und Stürmer Boris Pompe, mit Clemens Stang kam ein neuer Keeper aus Wissel und mit Werner Steeger ein 30-jähriger Profi von Wattenscheid 09, der mit Hahn in einer Mannschaft gespielt hatte und der später auch als Trainer bei der Viktoria bleiben sollte. Steeger war aber erst im Oktober wegen der Reamateurisierung einsatzbereit.

Und es gelang Hahn nicht, Reserve-Trainer Jürgen Offermanns zu einer weiteren Saison zu bewegen. Zudem verhinderte eine ellenlange Verletztenliste monatelang eine Bestbesetzung. So krebsten die Gocher von Anfang an im Mittelfeld zwischen Rang neun und zwölf herum. Am Ende landeten sie auf Rang zwölf, bei 26:34-Punkten und 45:58-Toren. Daheim sahen 4167 Zuschauer 15 Heimspiele mit fünf Siegen, zwei Remis und acht Niederlagen. Die meisten Besucher zählte man mit 950 beim torlosen Remis gegen den Lokalkonkurrenten SC Kleve 1863, den man am Bresserberg mit 2:1 durch zwei Tore von Olaf Bodden geschlagen hatte.

Bodden gelingt der Durchbruch

23 Spieler setzte Hahn im Laufe des Jahres ein. Kuriosität am Rande: Es waren nämlich in Wahrheit nur 14 Heimspiele im Hubert-Houben-Stadion, ein Auftritt am 28. August gegen den VfB Homberg fiel aus und wurde am Grünen Tisch mit einem 2:0-Sieg für den Gast aus Homberg gewertet, weil die Viktoria-Funktionäre offenbar vergessen hatten, den Schiedsrichter einzuladen.

Und doch hatte die enttäuschend verlaufene Saison einen Sieger: Olaf Bodden, der baumlange und gerade mal 20 Jahre alte Mittelstürmer aus Hasselt, erzielte in seinem zweiten Jahr im schwarz-roten Dress 16 Tore bei 23 Einsätzen und wurde von Bundesligist Borussia Mönchengladbach verpflichtet, gegen dessen Zweitvertretung er auch zweimal ins Schwarze getroffen hatte. „Obo“ ging nach zwei Jahren am Bökelberg zu Hansa Rostock und machte mit Toren und spektakulären Spielen ab 1991 so sehr auf sich aufmerksam, dass Präsident Karl-Heinz Wildmoser und Trainer Werner Lorant ihn 1994 zum TSV 1860 München lockten.

Olaf Bodden stand vor einer Berufung ins Nationalteam, als er 1996 am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankte und nach einem Kurzcomeback seine Karriere 1997 beenden musste, weil er auch noch an einem Chronischen Erschöpfungssyndrom litt. Sein Zustand verschlechterte sich weiter, seit 2013 ist er auf einen Rollstuhl angewiesen. Aber das ist eine ganz andere, traurige Geschichte.

Aufrufe: 021.7.2022, 10:00 Uhr
RP / Jürgen LoosenAutor