Seit dieser Saison gilt auf allen deutschen Fußballplätzen die Kapitänsregel: Nur der Kapitän darf bei wichtigen Entscheidungen mit dem Schiedsrichter sprechen. Eine Bilanz aus dem Landkreis Stade.
Bei der Europameisterschaft im Sommer wurde sie erstmals ausprobiert, inzwischen ist sie fester Bestandteil des deutschen Fußballs. Laut der Kapitänsregel darf sich nur der Teamkapitän auf dem Spielfeld an den Schiedsrichter oder die Schiedsrichterin wenden, um eine wichtige Entscheidung erklärt zu bekommen, das schreibt der Deutsche Fußball-Bund auf seiner Website.
Verstößt ein Spieler gegen die Weisung des Schiedsrichters, wird er mit der Gelben Karte verwarnt, heißt es dort weiter. Ein Blick in die Statistik zeigt: Die Schiedsrichter zücken seit dieser Saison pro Spiel durchschnittlich mehr Gelbe Karten als in der Vorsaison - egal ob in der 3. Kreisklasse, der Kreisliga Stade, oder Bezirksliga Lüneburg 4. Wird also immer noch gemeckert und diskutiert wie zuvor?
Schiedsrichter Kilian Braun aus Buxtehude, der in der Oberliga und Jugendbundesliga pfeift, nimmt eine Veränderung im Verhalten der Spieler wahr. „Ich habe das Gefühl, dass es etwas respektvoller zugeht und die Spieler ihre Emotionen besser kontrollieren“, sagt Braun.
Die Anwendung der Regel funktioniere gut, auch wenn es nicht oft vorkomme. Als er am vergangenen Wochenende beim Oberligaspiel zwischen dem VfL Oldenburg und dem HSC Hannover auf den Punkt zeigt, stürmen zunächst in gewohnter Manier einige Spieler auf ihn zu. Aber die Aufregung legt sich schnell, Braun spricht mit dem Kapitän und klärt so die Situation. „Die Regel hilft uns als Schiedsrichter, die Kontrolle zu behalten.“
Seiner Ansicht nach könne die neue Regel durchaus ein Grund für mehr Gelbe Karten sein - zum Beispiel, wenn Schiedsrichter Spieler verwarnen, sobald sie diskutieren, obwohl keine spielentscheidende Entscheidung getroffen wurde. „Dafür ist die Regel ja gar nicht gedacht“, sagt Braun.
Dennoch helfe die Regel in der Kommunikation. Der Umgang mit den Schiedsrichtern sei in jüngerer Vergangenheit problematischer geworden, so Braun. Anders als bei Regeländerungen wie beim Video-Assistant-Referee (VAR) oder der Handspiel-Regel werde über die Kapitänsregel nie diskutiert. „Das zeigt, wie gut die Regel angenommen wird. Sie ist ein gutes Hilfsmittel für den Fußball“, sagt Braun.
Ähnlich sieht es Marcel Smilari. Seit 20 Jahren leitet er Spiele in Kreisliga und Kreisklassen des Landkreises. „Speziell für Anfänger ist die Regel hilfreich“, sagt Smilari. Diese seien meistens anfälliger, weil die Spieler nicht wüssten, was sie erwarte. Für ihn persönlich habe sich mit der Regel aber nicht viel verändert.
„Ich habe noch nie erlebt, dass es für mich wirklich gefährlich wird“, sagt Smilari. Im Landkreis Stade pflege man auf dem Platz meist ein friedliches Miteinander. „In Regionen wie Hamburg oder anderen Ballungsräumen geht es oft härter zu.“
Die meisten Spieler kennen ihn inzwischen, das schlage sich auch im Umgang wieder. „Wenn einer einen blöden Spruch macht, kriegt er eben einen zurück“, sagt Smilari. Er sei auch kein Schiedsrichter, der mit Gelben Karten um sich werfe. Dass in dieser Saison mehr Verwarnungen ausgesprochen werden, macht er vor allem an einem fest: „Das Niveau und die Dynamik im Spiel ist gestiegen. Bei der hohen Geschwindigkeit gibt es auch härtere Fouls.“
Es habe sich aber auch etwas in den Köpfen der Spieler verändert. „Früher standen immer 22 Schiris mit dir auf dem Platz und du warst der, der alles falsch macht“, sagt Smilari. Das sei jetzt anders, weil es einfacher zu sanktionieren wäre.