2025-12-03T05:51:34.672Z

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Der Spieler des PSV Neuss, der den Schiedsrichter massiv tätlich angriff, wurde für fünf Jahre gesperrt. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig.
Der Spieler des PSV Neuss, der den Schiedsrichter massiv tätlich angriff, wurde für fünf Jahre gesperrt. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. – Foto: Sascha Köppen

Neuss: Schiedsrichter will Täter nicht verzeihen

Vor zweieinhalb Wochen schlug der Fall des bei einem Fußballspiel in Hoeningen attackierten Schiedsrichters hohe Wellen. Inzwischen ist der Täter vom PSV Neuss hart bestraft worden. Wie der Unparteiische das Urteil sieht und wie es für ihn weitergeht.

Das Wichtigste vorneweg: Robin Nilgen geht es deutlich besser. Die bohrenden Kopfschmerzen sind verschwunden, nur im Nacken zwackt’s ab und an noch mal. Das ist insofern nicht selbstverständlich, als der gerade mal 19 Jahre alte Schiedsrichter aus den Reihen des VfL Jüchen-Garzweiler vor zweieinhalb Wochen als Spielleiter der Kreisliga-C-Partie DJK Hoeningen gegen den PSV Neuss III von einem Neusser Spieler angegriffen wurde und er die Partie abbrach.

Nachdem Nilgen ihm die Gelb-Rote Karte gezeigt hatte, ging der ihn massiv an und schlug ihm sogar mit der flachen Hand in den Nacken. Der Fall sorgte für viel Aufmerksamkeit, auch weil ein Video von der Szene im Netz viral ging. Inzwischen gibt es ein hartes Urteil der Spruchkammer des Fußballkreises Grevenbroich/Neuss gegen den Übeltäter.

Sitzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Die Sitzung der Spruchkammer ging Ende vergangener Woche unter Ausschluss der Öffentlichkeit in der Kreisgeschäftsstelle in Norf über die Bühne. Zum Ablauf der Sitzung und zum Strafmaß wollte sich Daniela Dohmen in ihrer Funktion als Vorsitzende des Kreisfußballausschusses mit Verweis auf die Statuten des Fußballverbandes Niederrhein auf NGZ-Nachfrage nicht äußern. „Das verbietet die Satzung. Das Urteil bekommt erst nach zehn Tagen Rechtskräftigkeit, weil der Spieler so lange Einspruch einlegen kann“, erklärte Dohmen. Deutlich gesprächiger war da Robin Nilgen, der als Betroffener selbstredend bei der Sitzung des Sportgerichts anwesend war. Wie er berichtet, war sein Peiniger allerdings nicht vor Ort. Vertreten sei der PSV durch das Vorstandsmitglied Bouchaib Dahhou gewesen, der schon kurz nach dem Vorfall Kontakt zu ihm aufgenommen und sich im Namen des gesamten Vereins entschuldigt habe. Das habe im Übrigen auch Dahhous Vorstandskollegin Ulrike Engels-Dvorak getan, worüber sich Robin Nilgen ebenfalls sehr gefreut hat.

Schwach fand er hingegen nicht nur, dass der angeklagte Spieler durch Abwesenheit glänzte, sondern, dass der auch noch eine schriftliche Erklärung eingereicht hatte, die nicht unterschrieben gewesen sei und beim Vorlesen durch den Sportrichter für Nilgens Empfinden klar zu erkennen gegeben habe, dass sie mit Hilfe von künstlicher Intelligenz erstellt worden sei. „Darin hat er auch noch behauptet, er habe sich vorher noch nichts zuschulden kommen lassen. Dann hat sich aber gezeigt, dass er schon einige Platzverweise kassiert hat“, erklärte Robin Nilgen. Die Spruchkammer ließ sich durch die schriftliche Stellungnahme auch nicht milde stimmen. Laut Robin Nilgen bekam der PSV-Spieler eine Sperre von fünf Jahren ohne Bewährung verpasst. Die maximal mögliche Strafe wären acht Jahre gewesen.

Schiedsrichter stimmt Urteil zu - und will Zeichen setzen

„Ich finde das Urteil gut. Die Aktion gegen mich war zwar hart, aber es gibt ja noch deutlich heftigere Angriffe. Da muss es auch noch Luft nach oben geben“, meinte Nilgen. Zumal dem PSV-Spieler ohnehin noch weitere Strafen drohen. Der 19-Jährige hat sich inzwischen mit seinem Anwalt beraten und wird wohl zivilrechtlich gegen seinen Peiniger vorgehen. Zudem hat Nilgen von einem Schiedsrichterkollegen aus einem anderen Fußballkreis, der als Polizist arbeitet, den Hinweis bekommen, dass er davon ausgeht, dass gegen den Täter auch strafrechtlich vorgegangen wird. Doch unabhängig davon, wie es für den PSV-Spieler weitergeht, will Robin Nilgen ihm nicht verzeihen. „Bei einer Beleidigung wäre das etwas anderes, aber bei körperlicher Gewalt hört der Spaß auf. Hinzu kommt, dass er bei der Spruchkammersitzung gefehlt hat und auch in seinem Schreiben keinerlei Reue gezeigt hat“, so Robin Nilgen.

Dass der 19-Jährige so offen mit den Ereignissen rund um den Angriff auf ihn umgeht, hat einen ganz bestimmten Grund. Er möchte auf die schwierige Situation von Fußball-Schiedsrichtern aufmerksam machen. „Es ist wichtig, dass so etwas publik wird, nur so kann sich etwas ändern“, betonte Nilgen, der gerne auch mal höher pfeifen möchte, die Landesliga ist das Ziel. Er weiß zwar, dass es auf Funktionärsebene nicht so gerne gesehen wird, wenn jemand mit so heiklen Fällen in die Öffentlichkeit geht, doch darauf will er keine Rücksicht nehmen. „Wenn das Einfluss auf meine Schiri-Karriere haben sollte, dann ist das eben so“, sagte der 19-Jährige, der eine Ausbildung bei einer Versicherung absolviert. Für Nilgen, der seine ersten Spiele schon mit 14 Jahren gepfiffen hat, ist es wichtig, auf die ernste Lage für die Schiedsrichter hinzuweisen.

Verbale Beleidigungen seien leider schon seit vielen Jahren zur Normalität geworden. Aus seiner Sicht habe aber nach der Corona-Pandemie die Aggressivität auf den Fußballplätzen nochmal deutlich zugenommen. Das sei sowohl am Verhalten der Spieler untereinander als auch bei Konfrontationen mit den Schiedsrichtern zu beobachten. In seiner noch jungen Karriere war er schon mehrfach als Zeuge bei Spruchkammersitzungen dabei. „Auch wenn es in meinem Fall anders war, sind mir die Strafen oftmals zu mild und stehen in keinem guten Verhältnis zu Strafen für leichtere Vergehen, für die es Platzverweise gab“, erklärte Nilgen.

Auch wenn er zugibt, direkt nach der Attacke gegen ihn in Hoeningen unter Schock gestanden zu haben, ist das alles ist kein Grund, sein Hobby aufzugeben. Am vergangenen Wochenende hat er schon wieder ein Jugendspiel gepfiffen, am Sonntag steht er bei einer Bezirksliga-Partie an der Seitenlinie und in der Woche darauf ist er in der Kreisliga B beim Derby Rheinwacht Stürzelberg gegen Delhoven II im Einsatz. Nilgen: „Ich will ein Zeichen auch für andere Schiedsrichter setzen. Wir dürfen uns nicht unterkriegen lassen.“

Aufrufe: 028.11.2025, 12:00 Uhr
RP / David BeinekeAutor