2024-04-29T14:34:45.518Z

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Die Lebensdauer von Kunstrasenplätzen ist begrenzt.
Die Lebensdauer von Kunstrasenplätzen ist begrenzt. – Foto: Sascha Köppen

Neuss: Der Kunstrasen-Kraftakt

Durchschnittlich halten Kunstrasenplätze im Spiel- und Trainingsbetrieb 15 Jahre. Diese Zeit läuft bei den ältesten Sportplätzen im Stadtgebiet nun bald ab. So geht die Politik damit um.

Die Kunstrasen-Pioniere sind in die Jahre gekommen. Nachdem in Holzheim der älteste Fußballplatz, der stadtweit mit einem Kunststoffbelag versehen wurde, bereits 2020 erneuert werden musste, präsentieren sich nun drei Bezirkssportanlagen als echte Sanierungsfälle. Eine finanzielle Kraftanstrengung steht an, auf die der Beigeordnete Matthias Welpmann den Sportausschuss am Dienstagabend vorbereiten wollte und ihm auch eine Prioritätenliste vorlegte. Wie mit der umgegangen werden soll, wird zunächst in der Arbeitsgemeinschaft Sportentwicklung im Mai diskutiert.

Der Platz auf der Mathias-Ehl-Sportanlage, auf dem der damalige Kreisligist DJK Germania im November 2008 zum Eröffnungsspiel Fortuna Düsseldorf II empfing (allerdings mit 0:13 verlor), ist zwar der Oldie unter den prekären Großspielflächen. Doch besonders heikel ist die Lage nicht dort oder auf dem ein Jahr jüngeren Platz in Rosellen, sondern im Hubert-Schäfer-Sportpark an der Neusser Weyhe, wo seit 2010 auf Kunstrasen gekickt wird.

Nicht zuletzt die 30 Mannschaften, die die SVG Weissenberg im Ligabetrieb hat, sorgen für eine enorm hohe Beanspruchung des großen Spielfeldes im Sportpark auf der Furth. „Im Prinzip wird der Platz 14 Stunden am Tag genutzt“, sagt der SVG-Vorsitzende Notker Becker. Doch auch wenn eine Fachfirma erst in der vergangenen Woche den Belag ausbessern konnte, kommt das Osnabrücker „Labor für Landschafts- und Sportstättenbau“, das als Gutachter eingeschaltet wurde, zu einem klaren Befund. Der Zustand sei so, dass – „bedingt durch die nicht vorhandene Verkehrssicherheit“ – ein sofortiger Austausch des Belages notwendig wäre.

Mittelfristig Erneuerung notwendig

Mittelfristig hält Gutachter Matthias Schucht auch eine Erneuerung des Belages in Hoisten und Rosellen für notwendig, stellt dem im Jahr 2007 fertig gestellten Kleinspielfeld auf der Hoistener Anlage aber noch eine etwas längere Lebensdauer in Aussicht, doch im Rathaus denkt man offenbar über einen echten Befreiungsschlag nach: Vier auf einen Streich. Hintergedanke dabei ist, dass bei einem solchen Großauftrag ein ordentlicher Mengenrabatt rauszuholen sein müsste. Schließlich kostet die Rundumerneuerung eines einzelnen großen Spielfeldes mindestens 250.000 Euro.

Im Prinzip hätte man das Geld gleich bei der Eröffnungsfeier etatisieren können, denn Erfahrungswerte auch aus anderen Städten zeigen, dass Kunstrasenplätze – auch wenn sie wie in Neuss regelmäßig und ordnungsgemäß gepflegt werden – nach etwa 15 Jahren an ihre Altersgrenze kommen.

Asche hingegen hält länger, wie der Fall Rosellen zeigt. Dort ersetzte im Jahr 2009 der Kunstrasen einen Tennisplatz, der zuvor 47 Jahre lang bespielt worden war. Auch Tartan scheint langlebiger zu sein, wie sich derzeit in Grefrath zeigt. Dort wurde der Winter genutzt, um den Tartanbelag des Bolzplatzes auf der dortigen Bezirkssportanlage durch Kunstrasen zu ersetzen, weil die Germania Grefrath großen Bedarf für ihre Fußballer geltend gemacht hatte. Witterungsbedingt hat sich das Vorhaben zwar in die Länge gezogen, doch konnte dem Sportausschuss eine zeitnahe Fertigstellung in Aussicht gestellt werden. Die Baufirma ist soweit durch, nun muss sich der Belag noch setzen und das Klebemittel trocknen.

Politik beim TuS Reuschenberg im Wort

Kleinspielfelder mit Kunstrasen zu bauen, ist bei nachgewiesenem Bedarf in Neuss nach wie vor möglich, große und mit Steuergeldern bezahlte Plätze gibt es dagegen nur noch für die im Sportentwicklungskonzept definierten Fußballzentren. So will es ein Ratsbeschluss aus dem Jahr 2019. Zu diesen Zentren gehören Weissenberg, wo ein Gutachten der Sporthochschule Köln schon 2005 einen besonders dringlichen Bedarf ausgemacht hatte, ferner Gnadental, 2018 mit einem Kunstrasenplatz ausgestattet, Norf und das Jahnstadion. Dort hielt der Kunstrasen 2020 ebenso auf dem Fußballplatz Einzug wie in Reuschenberg. Das ist zwar kein Fußballzentrum, aber die Politik stand beim TuS Reuschenberg schon lange im Wort.

Info: Die lange Mängelliste der Prüfer

Vorteile Viele Vereine wünschen sich einen Kunstrasenplatz, weil auf diesem Belag zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter trainiert und gespielt werden kann.

Nachteile Neben der Lebensdauer von im Schnitt 15 Jahren sprechen Entsorgungskosten für das Restmaterial dagegen, jeden Platz mit diesem Belag zu versehen.

Schadensbilder Bei den im Februar gutachterlich untersuchten vier Spielfeldern wurden neben Faserverschleiß, Spliss, und kahl werdenden Stellen auch Unebenheiten, Fugen, offene Klebenähte zwischen den Kunstrasenbahnen und Löcher im Belag als Mängel diagnostiziert.

Aufrufe: 013.4.2024, 22:00 Uhr
NGZ / Christoph KleinauAutor