2024-04-23T06:39:20.694Z

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Max Baumgartner, links, und Lennart Friis vom Fußball-Kreisligistenj SV Polling im Heimspiel gegen den SV Münsing am 7. Mai 2023..
Max Baumgartner, links, und Lennart Friis vom Fußball-Kreisligistenj SV Polling im Heimspiel gegen den SV Münsing am 7. Mai 2023.. – Foto: Emanuel Gronau

Neuer Spielmodus: „Man muss da nicht künstlich was schaffen“

Beim SV Polling scheiden sich die Geister

Eigentlich spielt der SV Polling eine solide Saison, dennoch kann er aus der Kreisliga noch absteigen. Das hat mit dem neuen Spielmodus zu tun, den viele beim SVP nicht toll finden. Es gibt aber auch Befürworter.

Polling – Nach dem 0:2 bei der DJK Waldram am vorletzten Spieltag zittert der SV Polling nach wie vor um seine Existenzberechtigung in der Kreisliga. Der Tabellendritte der Qualifikationsgruppe D kann noch in die Abstiegszone rutschen, obwohl die Mannschaft eine solide Saison spielt. „Wir haben jetzt schon mehr Punkte geholt als letztes Jahr“, stellt Tobias Niederleitner fest, „und trotzdem bleibt es bis zum Schluss spannend“.

Polling hat Einzug in die Meisterrunde nur knapp verpasst

Dies mag für den Spieler und Zweiten Abteilungsleiter des SV Polling einen gewissen Reiz haben, er stößt jedoch nicht überall im Klosterdorf auf Begeisterung. Der Gedanke, vielleicht ins Gras beißen zu müssen, obwohl man sich die ganze Runde über nichts Gravierendes zu schulden kommen ließ, lässt Fabian Berg schaudern. „Wir hätten in der Hinrunde auf Platz drei landen können, wenn wir das letzte Spiel gegen Münsing gewonnen hätten.“ Am Ende könnte ein einziges Spiel aus der Vorrunde den Ausschlag über Wohl und Wehe seines Vereins geben.

Ich weiß nicht, ob das sein muss.

Markus Kasper

Mit dieser Ansicht ist der 28-Jährige nicht allein. „Ich weiß nicht, ob das sein muss“, fragt sich Markus Kasper. Den Druck auf die Mannschaften und Spieler, die in den Abstiegskampf verwickelt sind, empfindet der 34-Jähre als belastender als in all den Jahren zuvor. Denn seit März geht es für seine Elf jedes Wochenende nur noch um Sein oder Nichtsein. „Das finde ich nicht gut.“

Kasper äußert ohnehin grundsätzliche Zweifel am neuen Spielmodus, den der Bayerische Fußball-Verband im vergangenen Herbst im Kreis Zugspitze eingeführt hat. „Ich sehe keine Notwendigkeit, dass man ein Ligensystem ändern muss.“ Er fragt sich, was die Funktionäre dazu getrieben hat, ein Verfahren zu ändern, das seit Jahrzehnten erfolgreich zur Anwendung kommt. „Es gäbe Themen genug. Man muss da nicht künstlich etwas schaffen.“

Vereine hatten nur ein Vierteljahr Bedenkzeit

Kasper arbeitet als Abteilungsleiter bei der „Heine Optotechnik“ in Gilching, einem weltweit führenden Hersteller für medizinische Diagnostik-Instrumente. Momentan befasst er sich mit einem Reformprojekt, das dem Unternehmen durch eine Gesetzesänderung der Europäischen Union auferlegt wurde. Die anvisierten Veränderungen setzen eine längere Vorlaufphase voraus. Dass der BFV den Vereinen im Kreis Zugspitze nur eine Frist von einem Vierteljahr Bedenkzeit gewährte, kann er nicht nachvollziehen.

Markus Kasper stellt den Sinn von Bonuspunkten in Frage

So verwundert es nicht, dass sich die Kritik am neuen Spielsystem häuft. Das Versprechen, bisweilen vier Mal in der Saison gegen denselben Gegner zu spielen, bedeutet für Kasper nicht automatisch Attraktivität. „Das muss nicht für die Zuschauer interessant sein.“ Auch für die Kicker nicht, die wie Kasper nicht nur an der Einteilung der Gruppen ihre Zweifel haben, sondern auch mit den Prämien, mit denen die Leistungen aus der Hinrunde vergütet wurden. „Warum muss eine Mannschaft mit irgendwelchen Bonuspunkten starten?“

Zweite Mannschaft in der Meisterrunde der A-Klasse ohne große Ziele

Generell wirft die Einteilung der Rückserie in Auf- und Abstiegsrunden Fragen auf. In Polling können sie am Beispiel ihrer eigenen Reserve hautnah studieren, was es bedeutet, wenn eine Mannschaft die Meisterrunde erreicht, die überhaupt nicht nach dem Titelgewinn strebt. „Die geht in die Aufstiegsrunde ohne großes Ziel“, moniert Fabian Berg. „Das ist mit mehr Wettbewerbsverzerrung verbunden, als wenn man ständig Gefahr liefe, nach unten durchgereicht zu werden.“

Das neue System hält den Verein bis zum Schluss auf Trab

Darüber hinaus sieht Berg ein weiteres Problem. Als Zweiter Vorsitzender des Musikvereins Polling hat er momentan alle Hände voll zu tun, das Bezirksmusikfest, das vom 20. bis 24. Juli im Klosterdorf gefeiert wird, zu organisieren. Gleichzeitig wird er im Abstiegskampf dringend gebraucht. „Es ist schwer, alles unter einen Hut zu bringen“, räumt er ein. Die Doppelbelastung zehrt an seinen Kräften. Beim alten Spielsystem wäre seine Mannschaft bereits aller Sorgen ledig. Das neue Verfahren wird ihn bis Ende Mai und vielleicht darüber hinaus auf Trab halten. „Das macht es schwierig“, gibt er zu.

Du spielst gegen Mannschaften, gegen die man keinen Bezug hat.

Sebastian Gößl

Es sind nicht nur die sozialen Verpflichtungen, die mehr oder weniger in Mitleidenschaft gezogen werden. Die neue Einteilung der Gruppen hat dafür gesorgt, dass fast jedes zweite Wochenende weite Auswärtsfahrten anstehen. „Wir haben keine Fahrt unter 40 oder 50 Minuten mehr“, hat Sebastian Gößl festgestellt. In der Regel ist es für ihn und die anderen Pollinger kein Problem, mehr Zeit als gewohnt auf der Straße zu verbringen und mehr Sprit zu verfahren. Aber eines ist Gößl schon aufgefallen bei den Begegnungen in Sauerlach oder Otterfing. „Du spielst gegen Mannschaften, gegen die man keinen Bezug hat.“

Relegation: Keiner kennt sich so richtig aus

Vielleicht werden die Vereine demnächst die Köpfe öfter zusammenstecken als ihm lieb ist. Die Abstiegsregelung sorgt in Polling für großes Achselzucken. Nach welchen Kriterien werden die vier Releganten ermittelt? Was passiert bei Punktgleichheit und identischem Quotienten? Lassen sich Mannschaften, die in unterschiedlichen Gruppen gespielt haben, überhaupt am Ende über einen gemeinsamen Kamm scheren? „Es hat keiner mehr einen Überblick, ob man am letzten Spieltag abgestiegen ist oder nicht“, moniert Markus Kasper die fehlende Klarheit.

Ich glaube, dass man heute, wenn man abstimmen würde, nicht mehr so viele Befürworter finden würde.

Tobias Niederleitner

„Ich glaube, dass man heute, wenn man abstimmen würde, nicht mehr so viele Befürworter finden würde“, ist sich Tobias Niederleitner sicher. Deshalb sieht Markus Kasper dringenden Handlungsbedarf: „Ich würde mir wünschen, dass man das Ganze im Sommer diskutiert.“ Abstimmen sollen die Vereine erst in der kommenden Winterpause. „Ich hoffe, dass man das nicht auf Teufel komm raus durchdrückt, sondern zurück zu den Wurzeln geht“, wünscht sich Sebastian Gößl den alten Modus zurück.

Aufrufe: 023.5.2023, 08:50 Uhr
Christian HeinrichAutor