2024-05-02T16:12:49.858Z

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„Es gefällt mir, wenn du einen Gegner aufarbeiten kannst“: Greilinger im Zweikampf mit einem Lübeck-Prof.
„Es gefällt mir, wenn du einen Gegner aufarbeiten kannst“: Greilinger im Zweikampf mit einem Lübeck-Prof. – Foto: IMAGO/Ulrich Wagner

„Mehr als Vollgas geht nicht“: Fabian Greilinger über seinen Aufstieg beim TSV 1860

Greilinger als Fanliebling und Stammspieler

Fabian Greilinger kommt aus der eigenen Jugend der Löwen. Mittlerweile ist er beim TSV Fanliebling und Stammspieler. Der Spieler im Interview.

München – Er ist der „Mister 100 Prozent“ beim TSV 1860, ein Profi aus dem eigenen Nachwuchs, der immer alles raushaut, ob im Training oder im Spiel. Die Fans schätzen Fabian Greilinger aber nicht nur wegen seiner vorbildlichen Einstellung, sondern auch, weil er ungefiltertes Bairisch spricht und den Löwen im Herzen trägt. Unser Interview mit dem Linksverteidiger, der am Mittwoch 23 Jahre alt wird und auf dem Weg zur festen Größe beim Giesinger Drittligisten ist.

Fabian, am Dienstag, in der zweiten Halbzeit des Totopokalspiels in Hain, haben Sie die Mannschaft als Kapitän angeführt, zum ersten Mal als Profispieler. Bekommt die Binde einen Ehrenplatz?
Nein, sie ist wie nach jedem Spiel in der Kiste mit der dreckigen Wäsche gelandet – damit sie für den nächsten Einsatz bereit ist (lacht). Das letzte Mal, dass ich eine Mannschaft als Kapitän auf den Platz geführt habe, ist schon ein paar Jahre her – in der Jugend war das, wenn ich mich recht erinnere.
Auch Ihre Einsatzbilanz ist Ausdruck eines wachsenden Stellenwerts. Von zehn möglichen Halbzeiten in der Liga standen Sie in sieben Halbzeiten auf dem Platz. Wie sehr fühlen Sie sich inzwischen als Stammspieler?
Natürlich war ich ein bisserl enttäuscht, dass ich gegen Aue nicht auf den Rasen durfte. Das akzeptiere ich aber und werde alles dafür tun, wieder in die Startelf zu rutschen. Ansonsten freut es mich, dass ich bisher so viel Spielzeit bekommen habe. Ich versuche, in jedem Spiel alles rauszuhauen – das wird vom Trainer honoriert.
Bei den Fans waren Sie schon immer beliebt, weil Sie jedem Ball hinterherjagen. Täuscht der Eindruck oder haben Sie diesbezüglich noch mal eine Schippe draufgelegt?
Ich sag mal so: Mehr als Vollgas geben geht nicht, aber vielleicht hat mein Motor ja ein Upgrade bekomme (lacht). Die Erfahrung spielt sicher auch eine Rolle. Linksverteidiger ist ja immer noch relativ neu für mich – da tut einem jedes Spiel gut, jede Minute.
Generell gefällt es mir einfach, wenn du einen Gegner aufarbeiten kannst, wenn er dich ständig im Kopf haben muss. Saubere Zweikämpfe führen, einem im letzten Moment den Ball abjagen – das ist mein Spiel. Ich schau’ auch gerne anderen Spielern zu, die sich so reinhauen. Das ist einfach geil, und ich glaube, das taugt auch anderen Leuten.
Ihre Vollsprint-Grätsche gegen Saarbrücken ist ja immer noch Kult unter Löwen-Fans.
Wo der Jacob alleine aufs Tor zuläuft, vorm Kretzsche den Haken macht und ich ihm noch den Ball ablaufe . . . ja, das war schon eine sehr schöne Szene. Die bleibt im Gedächtnis (strahlt).
Ihr Eigentor gegen Lübeck vermutlich auch . . .
Das war leider eine nicht ganz so positive Szene. Der Eckball war ein bisschen abgefälscht, dann fällt er mir auch noch auf die rechte Seite vom Kopf drauf – so hat das Unheil seinen Lauf genommen. Ist halt unglücklich, aber gehört dazu.
Von den Mitspielern gab es keine Vorwürfe, auch nicht von Trainer Maurizio Jacobacci. Wie haben Ihre Kumpels vom FC Julbach-Kirchdorf reagiert?
Ein paar haben natürlich geschrieben: Schöner Flugkopfball – oder andere Sachen. Aber das gehört zum Fußball dazu, damit muss man leben. Ärgerlich, aber ich kann’s nicht ändern. Nach vorn schauen! Ich geb’ mein Bestes, dass ich das nicht wiederhole – und wenn, dann ins gegnerische Tor.
Es sind nicht viele Stammspieler aus der zurückliegenden Saison übrig geblieben: Hiller, Vrenezi, Verlaat und Sie. Erfüllt Sie das mit Stolz?
Ich hatte ja noch einen Vertrag (lacht). Aber es stimmt schon: Viele sind nicht mehr da. Die Mannschaft hat sich stark verändert.
13 Spieler sind gegangen, 18 neue gekommen – ein Bayer war nicht dabei.
Ja, wobei in der Kabine zum Glück der Michi Glück neben mir sitzt. Der ist zwar Österreicher, aber er versteht zumindest Boarisch.
Und Sie? Verstehen Sie einen Morris Schröter?
Die Frage ist eher, ob er mich versteht (lacht). Aber das ist kein Problem. Dann spreche ich halt ein bisschen mehr Hochdeutsch.
Kapitän Jesper Verlaat hat Ihnen im Stadionblatt den Ehrentitel „Musterschüler“ zugewiesen. Was denkt man sich da?
Die Umfrage haben ja alle machen müssen. Es war schon Thema in der Kabine, dass da des Öfteren mein Name gefallen ist. Umgekehrt hab ich den Jessie genommen. Aber es stimmt schon: Ich mache viel zusätzlich, auch außerhalb des Platzes, das nehmen die Kollegen anscheinend wahr.
Was machen Sie denn zusätzlich?
Ich bin einfach sehr hinterher, dass ich meine Leistung bringen kann. Trainingsvorbereitung, Kraftraum, Ernährung und mehr. Ich schaue zu, dass ich für mich alles mache, um zu spielen – der Rest ist dann Trainersache, ob er mich aufstellt oder nicht.
Zieht der Musterschüler Greilinger denn auch mal um die Häuser?
Eher selten und nur dann, wenn es keinen Einfluss auf meinen Beruf hat, also zum Beispiel in der Sommerpause. Ich bin schon ewig in einer Beziehung, da geht man am Samstagabend eher gemütlich mit der Freundin essen.
Die Stimmung im Team wirkt ausgelassen und gut. Ist sie das auch?
Ja, die ist wirklich gut. Es sind Topcharaktere dabei, korrekte Typen, mit denen es Spaß macht, auf dem Platz zu stehen – oder im Kraftraum eine Gaudi zu haben. Der Eindruck täuscht also nicht.
Wer sind die Anführer? Und wo sortieren Sie sich ein?
Chef ist natürlich der Jessie, unser Kapitän. Marlon (Frey) sagt auch recht viel. Hiller übernimmt viel Verantwortung, jeder eigentlich. Wenn auf dem Platz elf Leute stehen, gehört es für mich dazu, dass jeder den Mund aufmacht, egal wie lange er dabei ist. Ich gebe da auch mein Bestes, denn mit Kommunikation auf dem Platz kannst du viele Fehler verhindern.
Dass Sie eine Brille tragen, ist recht neu, oder?
Ja, ich spiele jetzt mit Linsen, hab auf einem Auge 1,75 Dioptrien. Beim Führerschein hat noch nichts gefehlt, jetzt bin ich offiziell kurzsichtig. Aber keine Sorge – der Flugkopfball ins eigene Tor hat nix damit zu tun (lacht).
Offiziell gibt es ja diesmal kein Saisonziel. Setzen Sie sich trotzdem Marken, die Sie persönlich erreichen wollen?
Mein Ziel ist, dass ich so viele Spiele wie möglich mache – und in jedem alles raushaue, was geht. Dann brauche ich mir nix vorzuwerfen.
Geht Ihre Entwicklung so weiter, werden Sie noch in der Hinrunde ihr 100. Drittligaspiel bestreiten. Zufrieden mit dem Erreichten als bald 23-Jähriger?
100 Spiele sind ein schöner Meilenstein, aber man sieht natürlich, dass die Spieler immer jünger werden – oder in jüngeren Jahren hochgezogen werden. Ich war ja selber jung, als ich beim Biero meine ersten Spiele gesammelt habe. Schön, dass man sagen kann, man hat bald 100 Drittligaspiele, aber das soll noch nicht das Ende sein.
Und auf den Verein bezogen: Was muss passieren, dass Sie sich den Traum von der 2. Liga mit 1860 erfüllen?
In den letzten Jahren haben wir gesehen, dass es nicht zielführend ist, öffentlich einen rauszuhauen. Deswegen schauen wir von Spiel zu Spiel – und dann wird man ja sehen, wohin das führt.
Am Samstag erst mal zum FC Ingolstadt – dort kommt es zum Wiedersehen mit Ihrem Ex-Trainer Michael Köllner. Wie viel Brisanz steckt da drin?
Wir wollen auf jeden Fall wieder Punkte holen, aber bei Ingolstadt ist auch Druck im Kessel. Der Audi-Sportpark wird wie immer in blauer Hand sein. Es ist alles angerichtet für ein geiles Spiel. Wir werden alles dafür tun, dass wir unsere beste Leistung abliefern und erfolgreich sind.

Interview: Uli Kellner

Aufrufe: 08.9.2023, 17:57 Uhr
Uli KellnerAutor