2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines
Martin Hasenpflug freut sich auf die neue Saison in der Oberliga Niederrhein.
Martin Hasenpflug freut sich auf die neue Saison in der Oberliga Niederrhein. – Foto: Michael Mietz

Martin Hasenpflug: „Wir sind gut beraten, demütig zu bleiben“

Der Trainer von Ratingen 04/19 spricht vor dem Start der Fußball-Oberliga über die Favoriten, die Rolle und Taktik seiner Mannschaft.rn

Am Sonntag startet Ratingen 04/19 in die neue Oberliga-Saison. Beständig hat sich die Mannschaft in den vergangenen Jahren weiterentwickelt, die ganz großen Erwartungen dämpft Trainer Martin Hasenpflug im großen Interview mit der Redaktion aber.

Herr Hasenpflug – Sie waren früher Torwart. Was ziehen Sie daraus heute als Cheftrainer einer Fußball-Oberligisten?

Martin Hasenpflug: "Das kann man so nicht vergleichen. Früher wurde anders mit Torhütern gearbeitet, und auch die Arbeit mit einer Mannschaft ist eine andere. Der Fußball hat sich weiterentwickelt, es gibt neue Erkenntnisse in der Trainingslehre. Das ist auch ein Stückweit mein Steckenpferd: trainingsmethodisch und bei den Inhalten modern zu sein und vielleicht auch mal einen Trend zu setzen. Deswegen ist das auch mit meinen Fußball-Büchern entstanden."

Sie haben inzwischen 17 Fachbücher veröffentlicht. Wie kam das?

Hasenpflug: "Das war nicht geplant, sondern eher Zufall. Ich hatte meine Trainingspläne akkurat gesammelt und dann die Gelegenheit, ein Buch zu veröffentlichen. Ich habe das dann einfach mal gemacht ohne großartige Pläne, dass daraus etwas entsteht. Aber dann waren die Verkaufszahlen ziemlich gut, und das war eine Motivation, weiterzumachen. Ich habe dann immer die Arbeit des letzten Jahres zusammengefasst, und so ist jedes Jahr ein Buch erschienen."

Also ist Training gleich doppelt wichtig für Sie.

Hasenpflug: "Im Training findet die Entwicklung des Einzelnen und des Teams statt. Ich bin der Meinung, dass sich auch ältere Spieler noch verbessern können. Vorausgesetzt, dass sie das überhaupt wollen. Daher gehe ich jedes Training so engagiert an wie ein Spiel."

Und da sind Sie sehr rege und lautstark an der Seitenlinie. Wie gehen Sie mit Kommentaren dazu von außerhalb um?

Hasenpflug: "Natürlich hört man mal das eine oder andere – das kennt jeder Trainer. Aber ich finde, es ist auch eine Qualität, das rauszufiltern und sich nicht aus dem Konzept bringen zu lassen – was ja vielleicht genau die Absicht hinter dem Kommentar ist. Man muss die Professionalität haben, sich auf die Sache zu konzentrieren. Das ist ja auch das, was ein Spieler im Idealfall kann: Etwaige Beleidigungen ausblenden, sein Ding machen und sich nicht emotional beeinflussen lassen."

Wie begann Ihre Trainertätigkeit?

Hasenpflug: "In meinem ersten Jahr war ich Torwarttrainer beim FC Tönisheide, der mittlerweile in Union Velbert aufgegangen ist. Da hatte ich als Torwart in der Bezirksliga gespielt. Nach dem Jahr als Torwarttrainer habe ich eine eigene Mannschaft übernommen, ich hatte Freude daran, und dann hat sich eines nach dem anderen ergeben. Ich will immer das Maximale herausholen und Sachen perfekt machen, bei mir ist es nie so, dass ich denke: Jetzt ist alles gut. Ich bin auch kritisch mit mir selbst und schaue, was man besser machen kann."

Was hat also die Analyse zuletzt ergeben? Was kann Ratingen 04/19 in dieser Saison besser machen?

Hasenpflug: "Wir haben am Ende der Saison zum Beispiel von einem 4-2-3-1- auf ein 4-1-4-1-System umgestellt und dadurch mehr Kompaktheit bekommen, weshalb wir diese Erfolgsserie am Saisonende hingelegt haben. Jetzt haben wir mit dem 4-1-4-1 oder dem 4-4-2 eine gewisse Variabilität drin, die uns gut tut. Wir können zwischen zwei Formationen switchen, wie wir das auch in jedem Testspiel getan haben. Dann wird die Arbeit gegen den Ball wichtiger, das Gegenpressing, das Doppeln, das Jagen des Gegners. Wir werden eine höhere Intensität auf den Platz bringen müssen. Ich bin jemand, der das auch lautstark einfordert, damit die Spieler das verinnerlichen. Außerdem müssen wir im Spiel mit dem Ball schneller werden. Deswegen arbeite ich beim Training mit Provokationsregeln: Werden diese nicht eingehalten, wechselt der Ballbesitz."

Was ist bei Ihnen zuerst da: die Taktik oder der Kader?

Hasenpflug: "Ich stehe für eine gewisse Spielweise: Pressing und Ballbesitz. Die Spieler, die zu uns kommen, brauchen Laufstärke und eine gute Technik, egal auf welcher Position. Ich brauche auch technisch gute Innenverteidiger, weil wir einen guten Spielaufbau haben wollen. Das ist so im Groben das Anforderungsprofil an die Spieler."

Einen klassischen Mittelstürmer haben Sie nicht. Haben Sie keinen bekommen oder brauchen Sie in ihrem System keinen?

Hasenpflug: "Jeder wünscht sich einen kopfballstarken, schnellen Spieler mit guter Technik, den man von Anfang an bringen kann oder als Brechstange am Ende. Aber das hat sich für uns nicht ergeben, dass wir einen solchen Spieler verpflichten konnten. Ich bin aber auch nicht so traurig darüber, weil sich die Tore dann auf mehreren Schultern verteilen. Wir haben in der Vorbereitung viele Tore geschossen, nahezu jeder konnte sich in die Torjägerliste eintragen. Solange wir Tore schießen oder gut vorbereiten, ist alles im Grünen Bereich."

Ihnen fehlen aber 18 Tore, die Tom Hirsch in der Vorsaison erzielt hat...

Hasenpflug: "Und die wollen wir auf mehrere Schultern verteilen. Wir werden sicher nicht von dem Spieler, der auf der Position von Tom Hirsch aufläuft, erwarten, dass er 18 Tore schießt. Wir haben ja in der Vorbereitung gesehen, dass wir es verteilen können. Wir haben Standard-Tore geschossen, aus dem Spiel heraus, die Innenverteidiger haben Tore gemacht, das Mittelfeld und der Sturm."

Sie sind in der Vorbereitung ungeschlagen geblieben. Zufrieden?

Hasenpflug: "Sehr zufrieden. Wir haben uns von Woche zu Woche verbessert. Die neuen Spieler wissen, wie wir spielen wollen und haben sich nahtlos eingefügt. Vor allem in den letzten drei, vier Spielen konnte jeder sehen, welche Art Fußball wir spielen wollen. Wir haben uns eine Spiel-Identität erarbeitet, an der die Leute, die ins Stadion kommen, ihre Freude haben werden."

Ist Ihre Eingespieltheit ein Vorteil gegenüber anderen Teams, die einen größeren Umbruch hatten?

Hasenpflug: "Es besteht ein gewisser Vorteil, wenn man nur punktuelle Veränderungen und einen starken Stamm hat. Dann braucht man nur die neuen Spieler zu integrieren, und das macht es einfacher als mit einem nahezu komplett neuen Kader wie beim KFC Uerdingen oder dem SV Straelen. Solche Teams sind vielleicht von der individuellen Klasse her besser besetzt, aber wir kommen über die Mannschaft."

Zum Auftakt kommt am Sonntag TVD Velbert, der Vorjahres-Dritte zum -Vierten. Was erwarten Sie?

Hasenpflug: "Ich kenne TVD gut, weil er bei uns in der Liga ist, seit ich hier Trainer bin, und weil ich in Velbert wohne. Ich habe auch das letzte Testspiel live gesehen – da haben allerdings acht Spieler gefehlt. Der TVD hatte einen großen Umbruch: Wenn wir mit Tom Hirsch 18 Tore verloren haben, haben die Velberter mit drei Abgängen 45 Tore verloren. Aber sie haben sich auch gut verstärkt mit neuen Spielern und einem neuen Trainer. Der TVD hat sich sieben Jahre in Folge jede Saison ein Stückweit verbessert, daher muss man ihn ganz klar auf dem Schirm haben. Ich sehe TVD auch diese Saison mit oben: So einen dritten Platz wie letzte Saison – das erreicht man nicht ohne Weiteres. Und die Architekten Michael Kirschner und André Grimmert sind noch da – die werden auch jetzt etwas aufgebaut haben, um die Erfolgsreise fortzusetzen. Ich bin froh, direkt am ersten Spieltag so einen Gegner zu haben, um zu sehen, wo wir stehen."

Wohin wollen Sie denn nach Platz vier – zum dritten Mal in Folge unter den besten Fünf – und dem Halbfinale im Niederrheinpokal in der Vorsaison?

Hasenpflug: "Es ist unser Ziel, oben mitzuspielen, und wir haben auch die Qualität dazu. Wir haben durch unsere gute Vorbereitung das Fundament dafür gelegt und werden uns vor keinem verstecken. Wir wollen das Bestmögliche herausholen."

Die Favoriten der Saison sind klar?

Hasenpflug: "Der KFC Uerdingen hat die größten finanziellen Mittel, die meisten Zuschauer und redet schon von der Zweiten Bundesliga. Straelen hat auch andere finanzielle Mittel, dazu werden noch ETB Schwarz-Weiß Essen, der VfB 03 Hilden und TVD Velbert genannt."

Ratingen 04/19 nicht?

Hasenpflug: "Wir auch, aber nicht von uns. Wir sind gut beraten, demütig zu bleiben und uns alles Stück für Stück zu erarbeiten."

Vor der Vorsaison hatten Sie noch Platz eins als persönliches Ziel ausgegeben...

Hasenpflug (lacht): "Da hatten wir auch noch keinen Verein in der Liga, der schon an die Zweite Liga denkt."

Georg Amend führte das Gespräch.

Aufrufe: 012.8.2023, 08:30 Uhr
Georg AmendAutor