Der TSV 1860 macht den Fans trotz des 1:1-Unentschiedens gegen Ingolstadt wieder Spaß. Kurios wurde es nach der Partie bei der Pressekonferenz.
München – Nachspielzeit: 90+4. Auf einer Werbebande wurde die Restlaufzeit eines packenden Derbys angezeigt, und die Löwen-Fans ließen ihrer Freude freien Lauf: „Sechzig München olé“. Lange nicht gehört im Grünwalder Stadion, das Ende 2024 Friedhofsstimmung ausgestrahlt hatte – und ähnlich gut besucht war.
Für Passanten draußen auf den Gehsteigen dürfte der Fall am Samstagabend klar gewesen sein: Haben sie also mal wieder gewonnen, die Sechzger! Aber so war es nicht, höchstens gefühlt. 1:1 stand auf der alten Anzeigetafel, auch die letzten Sekunden des Spiels änderten nichts mehr daran – und trotzdem dürfte die Mehrheit der Löwen-Fans glücklich nach Hause gegangen sein.
Eins zu eins also, wieder kein Heimsieg, doch wen kümmert das, wenn die 90+4 Minuten auf dem Platz endlich wieder das (ohnehin üppige) Eintrittsgeld wert sind. Gegen den alten Rivalen FC Ingolstadt, vor dem Spiel das beste Rückrundenteam, hatten der TSV 1860 das gezeigt, was jeder Trainer predigt, aber meistens nur selten zu sehen ist: Leidenschaft, Mut und Tempo, die berühmten „Basics“, die schon Ex-Trainer Giannikis erfolglos herbeireden wollte. Nach kurzer Aufwärmphase dauerte es nicht lange, bis die Löwen in den Angriffsmodus übergingen.
Und Dickson Abiama, für Deniz in die Siegerelf von Köln gerückt, gab dabei die Richtung vor. Der Neulöwe sprintete, flankte und schoss aus allen Lagen: Schlenzer mit links (51.), Knaller mit rechts (59.). Zur Führung traf aber ein Altlöwe: Köln-Matchwinner Maximilian Wolfram, der Ingolstadt-Keeper Boevink auf dem falschen Fuß erwischte (64.). Schade für die Elf von Patrick Glöckner, dass die Führung nur fünf Minuten hielt. Der eingewechselte FCI-Torjäger Grönning war nach einer Halbfeld-Flanke zur Stelle und stellte jenes Unentschieden her, auf das Ingolstadt von Anfang an aus war. Anders als die entfesselten Löwen.
„In Summe haben wir heute unser bestes Spiel gemacht.“
Patrick Glöckner
FCI-Trainerin Sabrina Wittmann bestätigte hinterher, großen Respekt vor dem neuen Löwen-Geist gehabt zu haben, haderte mit einer Elfmeter-Szene, die zu Ungunsten der Gäste ausgelegt wurde (Schwalbe für Besuschkow, 17.) und wähnte sich später „wie in einem A-Jugend-Spiel“ – weil es streckenweise wild hin und her ging. 1860-Coach Glöckner dagegen schien am Samstag fast alles zu genießen – bis auf das Ergebnis. „Wir waren sehr griffig“, sagte er: „In Summe haben wir heute unser bestes Spiel gemacht.“
Abiama, die FCK-Leihgabe, hatte großen Anteil daran. Anderson Lucoqui, ebenfalls seit Montag Löwe, durfte nur in der Nachspielzeit reinschnuppern. Vorher, so einfach ist das, hatte Glöckner keinen Grund durchzuwechseln. „Wir sind jetzt griffiger in den Zweikämpfen“, zog Kapitän Thore Jacobsen einen Vergleich zur Hinrunde, „vielleicht im Kopf ein bisschen wacher.“ Kwadwo, erneut ein Aktivposten, drückte so aus, was sich durch Glöckner verändert hat: „Wir sind eine Mannschaft, die es eigentlich kann, in der Hinrunde aber nicht immer so gezeigt hat.“
Mit fünf Punkten aus drei Spielen arbeiten die Glöckner-Löwen an einer Serie – und dürfen am Sonntag das nächste Mal zeigen, was sie können: Flutlichtspiel beim Tabellenzweiten Dresden. Glöckner will auch dieses Spiel gewinnen: „Man sieht, dass die Jungs step by step weiterkommen, sich was aufgebaut haben.“
Das Derby am Samstag endete ungewohnt harmonisch. Glöckner legte väterlich seinen Arm um Wittmann – eine Fanfamilie, die sich in den Presseraum verirrt hatte, witterte ihre Chance. „Ich? Auf einem 60-Trikot unterschreiben?“, staunte die FCI-Trainerin. „Naja“, sagte der ältere Fan, „man weiß nie, was die Zukunft bringt...“ Für den Moment, so scheint es, sind aber beide Kontrahenten sehr zufrieden mit ihren Trainerbänken.