2024-06-14T14:12:32.331Z

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Lorrene Jalina übernimmt im Sommer den CfR Links.
Lorrene Jalina übernimmt im Sommer den CfR Links. – Foto: Alexander Link

Lorrene Jalina: „Meine kleinen Sticheleien fruchten offenbar“

Ab der kommenden Saison übernimmt sie die erste Frauenmannschaft des Niederrheinligisten CfR Links.

Lorrene Jalina ist Trainerin und steht ab dem Sommer vor einer neuen Aufgabe. Dann nämlich übernimmt sie mehr Verantwortung beim Niederrheinligisten CfR Links. Über ihre Pläne hat sie nun im großen Interview gesprochen.

Frau Jalina, Sie waren vor einigen Tagen mit Ihrem Team beim Pokalendspiel der Frauen, das der VfL Wolfsburg gegen Bayern München mit 2:0 gewann. Wie waren Ihre Eindrücke?

Lorrene Jalina: "Wolfsburg ist eine gestandene Mannschaft, kämpferisch wie spielerisch ist sie enorm stark. Von Bayern war ich ein wenig enttäuscht. Sie haben sich zu schnell ergeben, es fehlten Biss und Dynamik. Da war kein Feuer drin, als ob die Spielerinnen die große Kulisse hemme."

Wie kamen Sie zum CfR Links?

Jalina: "Der Verein liegt mir schon länger am Herzen, weil dort Freundinnen von mir spielen. „Komm zu uns, wir haben hier eine nette Truppe“, haben sie gesagt. Das hat sich bewahrheitet."

Wie war das vergangene Jahr als Co-Trainerin des nun scheidenden Jan Eul?

Jalina: "Es war anstrengend, mit vielen Aufs und Abs. Ich bin beim CfR auf eine sehr familiäre Atmosphäre und eine durchmischte Mannschaft gestoßen, darunter Spielerinnen mit Zweitligaerfahrung und junge Spielerinnen mit großem Potenzial. Wichtig ist, dass alle super miteinander auskommen. Dass der Zusammenhalt groß ist, zeigt sich nicht nur, aber auch auf dem Platz. Bei Rückständen beißt sich das Team ins Spiel zurück."

Haben Sie lange überlegt, den Chefposten in Heerdt zu übernehmen?

Jalina: "Nein, obwohl ich beruflich stark eingespannt bin. Ich leite bei einer Importfirma ein Team von 15 Leuten. Das frisst viel Zeit. Wir haben uns beim CfR aber schnell geeinigt. Ich habe Bock, ich mag den Verein und ich habe das Bedürfnis, die Mannschaft weiter voran zu bringen."

Die Mannschaft liegt in der Niederrheinliga auf Rang fünf und ist damit derzeit das beste Düsseldorfer Team. Und es soll noch höher hinaus gehen?

Jalina: "Ich denke sehr leistungsorientiert. Ich will gewinnen und das Bestmögliche herausholen. Luft nach oben ist fast immer. Ich kenne keine Fußballerin, die Spaß am Verlieren hat und keine, die beim Training und im Spiel nicht ihr Bestes gibt. Dass ich leistungsorientiert bin, heißt aber nicht, dass ich den Menschen übersehe."

Jan Eul hat immer wieder betont, wie sehr er es schätzen gelernt hat, Frauen zu trainieren.

Jalina: "Ja, das kann ich verstehen. Frauen sind weitaus emotionaler als Männer, sie wollen die anderen mitnehmen. Das heißt auf den Fußball übertragen: Männer wollen gewinnen, Frauen wollen gemeinsam gewinnen."

Ab Sommer tragen Sie beim CfR die Hauptverantwortung. Ein komisches Gefühl?

Jalina: "Ich habe schon ein wenig Demut davor, jetzt die Verantwortung zu tragen. Aber ich spüre auch riesige Vorfreude. Wir planen jetzt bereits die Vorbereitung: Wo setzen wir Schwerpunkte? Wie steigern wir die Athletik? Wie können wir das Spielverständnis vor allem der jungen Mädels fördern?"

Wo sehen Sie die wichtigsten Stellschrauben, um das Team besser zu machen?

Jalina: "Definitiv müssen wir bei Athletik und Kondition ansetzen. Das sind die Grundlagen. Kicken können alle. Unmittelbar nach meinem Start beim CfR hatte ich vor einem Jahr den Spielerinnen einen Laufplan an die Hand gegeben. Die Ergebnisse waren ausbaufähig. Das halte ich ihnen auch immer wieder vor. Wir müssen das Ziel verfolgen, 90 Minuten lang Vollgas geben zu können. Meine kleinen Sticheleien fruchten offenbar. Einige Mädels legen inzwischen freiwillig auch Laufeinheiten ein. Wenn wir nach dem Spiel – gewonnen oder nicht – uns nichts vorzuwerfen haben, können wir anschließend gerne in die „dritte Halbzeit“ gehen. Dazu müssen alle bereit sein. Alle!"

Wie wichtig ist Ihnen der Teamspirit?

Jalina: "Jeder und jede von uns sollte Ziele haben, Feuer und Flamme sein und auch gerne Visionen haben, von den Spielerinnen über den Athletiktrainer Marvin Marshall bis zur Co-Trainerin Szilvia Szabo. Das gilt natürlich auch für Sabine Klees, unsere Betreuerin und gute Seele."

Sie hatten gesagt, in den vergangenen Monaten viele Aufs und Abs erlebt zu haben. Wie hat sich das ausgedrückt?

Jalina: "Wir hatten viele Ausfälle, sei es durch Verletzung, Schule, Studium oder Arbeit. Da fehlte es zuweilen an Kontinuität. Aber natürlich wünsche ich mir eine bestmögliche Trainingsbeteiligung. Dazu müssen wir den Kader aufstocken. Wir sind momentan aktiv, um Spielerinnen von außerhalb zu gewinnen. Wirladen Mädels zum Probetraining ein, um sich ein Bild von uns zu machen. Da tut sich schon einiges."

Sie wollen das Spielverständnis Ihrer Spielerinnen schärfen. Wie sieht die Umsetzung im Spiel aus?

Jalina: "Das Trainerteam kann den Mädels nur das Werkzeug an die Hand geben und die Taktik vorgeben. Wir können von außen nur bedingt Einfluss nehmen, die Spielerinnen sind aber nicht unsere Marionetten, sie müssen auf dem Platz selbst Entscheidungen treffen, an der richtigen Stelle und zum richtigen Zeitpunkt. Dazu braucht es eben dieses Spielverständnis."

Bevorzugen Sie taktisch eher die Defensiv- oder Offensivvariante?

Jalina: "Ich versuche, bei unseren Trainingseinheiten auf das vergangene Spiel einzugehen und mich auch am kommenden Gegner zu orientieren. Unser Kader ist so aufgestellt, dass wir sowohl defensive wie offensive Schwerpunkte legen können. Da ist taktisch vieles möglich. Wir sollten generell unser eigenes Spiel gestalten, ohne uns zu sehr auf den Gegner einzulassen."

Haben Sie ein Trainervorbild und eine Lieblingsmannschaft?

Jalina: "Jede Mannschaft, die Pep Guardiola trainiert hat, hatte enorme Qualitäten. Er vertritt eine sehr dynamische Philosophie. Sein Spielverständnis ist überragend. Was mein Herz angeht, schlägt es für Schwarz und Gelb, für Borussia Dortmund."

Als welchen Trainerinnen-Typen beschreiben Sie sich? Eher Kumpel oder Autorität?

Jalina: "Wohl von beidem etwas. Ich will nicht auf Teufel komm raus meinen Willen durchsetzen, ich bin offen für andere Meinungen. Wichtig ist, dass auf dem Platz das umgesetzt wird, was das Trainerteam vorgibt. Aber ich bin die Letzte, die das Training bis zum Schluss todernst durchzieht. Spaß ist Motivation. Da muss auch gelacht werden."

Wie sehen die Ziele aus, für die Mannschaft und für Sie persönlich?

Jalina: "Es wäre toll, wenn wir es in der kommenden Spielzeit unter die ersten Drei schaffen würden. Von Aufstieg möchte ich nicht sprechen, da die Saison ein Aufbaujahr wird, um neue Spielerinnen zu integrieren und die Mannschaft auf das nächste Level zu heben. Zum Persönlichen. Es ist wie im Beruf: Ich möchte in den kommenden Jahren erst einmal in dieser aktuellen Rolle wachsen, um mir dann womöglich Gedanken über nächste Schritte zu machen."

Richard Thomsen führte das Gespräch

Aufrufe: 023.5.2024, 15:00 Uhr
RP / Richard ThomsenAutor