2024-05-02T16:12:49.858Z

Spielbericht
Manche Fußballspiele möchte man sich ohne offizielle Schiedsrichter lieber erst gar nicht vorstellen.
Manche Fußballspiele möchte man sich ohne offizielle Schiedsrichter lieber erst gar nicht vorstellen. – Foto: Sascha Köppen

Kreisliga A Oberhausen: Unschöne Szenen, besorgte Beobachter

Bei einem Derby in Oberhausen kam es in der Kreisliga A zwischen dem VfR 08 Oberhausen und dem SC 1920 Oberhausen II zu Szenen, die eine Beobachterin der Szene nachdenklich und besorgt zurückließen.

Gerade in dieser Woche hat der DFB neuerlich seine Statistik zu Gewalt und Diskriminierung im Amateurfußball präsentiert. Die positive Nachricht war dabei lediglich, dass die Zahl der Spielabbrüche nicht noch weiter angestiegen ist. Sie stabilisiert sich vielmehr mit 961 abgebrochenen Partien auf hohem Niveau (wir berichteten hier), denn jeder einzelne Abbruch ist natürlich einer zu viel. Denn oft hinterlassen die Ereignisse Spuren, bei Spielern, Zuschauern, nicht zuletzt Schiedsrichtern und viel zu oft auch bei Kindern, was sich vor allem Eltern immer wieder vor Augen führen müssen.

Unschön war auch das, was sich am Freitagabend in der Oberhausener Kreisliga A abspielte, als sich der VfR 08 und der SC 1920 II mit 1:1 trennten. Die Rahmenbedingungen waren nämlich genau das, was auf Fußballplätzen eigentlich nicht passieren darf. Einem Bericht des Reviersport zufolge sollen es ein paar dem SC 1920 zuzuordnende "Fans" gewesen sein, die sich danebenbenahmen. Letztlich griff einer der Zuschauer nach Spielende sogar einen der beiden Schiri-Assistenten an, der bereits das ganze Spiel über Zielscheibe besagter Gruppe gewesen war. Das Gastgeberteam hat sich später für das entschuldigt, woran es selbst wohl nur wenig Schuld trug, vom SC 1920 war nichts zu den Umständen zu hören, wobei auch dazugesagt werden muss, dass es auf dem Platz auch kaum Probleme gab. Der SC kommentierte lediglich die finalen Entscheidungen des Gespanns. Letztlich gab es von einem Zuschauer eine Ohrfeige gegen einen der Assistenten, die Polizei rückte an, es gab eine Strafanzeige.

Eine der Zuschauerinnen, die das Geschehene mit ansehen mussten, ist Lisa S., die als Begleitung eines der Assistenten auf der Anlage war und die nicht loslässt, was sie da mit ansehen musste. "Auch auf dem Weg in die Kabine zur Pause fanden es Menschen jeglicher Altersklasse, vor allem eine Dame der älteren Generation, absolut in Ordnung, Menschen zu verspotten und zu verhöhnen, die in ihrer Freizeit ihrem Hobby nachgehen und für 36 Euro auf dem Platz herumrennen und pfeifen bzw. für 28 Euro an die Linie stehen und winken. Dass das traurigerweise ganz normaler Alltag für Schiedsrichter geworden ist, ist gar nicht das Problem, auf das ich hinweisen will", sagt sie einleitend und macht auch damit klar, was für Unparteiische inzwischen Usus ist. Nach einem ersten Hinweis des Assistenten, dass es von draußen ungemütlich wird, wurde das Geschehen in der zweiten Hälfte ohne ersichtlichen Grund ruppiger. "Dieses Mal gab es nicht nur harte verbale und vor allem rassistische Beleidigungen, sondern auch geworfene Gegenstände wie kleine Äste und Plastikdeckel. Man kann sich denken, dass hier die Entfernung zwischen Fans und erstem Assistenten nicht sonderlich groß war. Glücklicherweise hat keiner der Werfer getroffen, was ich grundsätzlich dem hohen Alkoholpegel zuschreiben würde", fährt sie fort.

Faust flog ins Gesicht des Assistenten

Im Weiteren ist die Rede von zwei überforderten Ordnern, die der Beobachterin schon aufgrund des Alters nur leidtaten, anstatt dass ihnen ein Vorwurf zu machen gewesen wäre. Die letzte Entscheidung des Spiels, die zu Rot und Elfmeter führte, mag von außen hart ausgesehen haben, sie wird aber durch den für den Fan nicht bewertbaren Umstand in ein anderes Licht gestellt, dass es neben dem Foul auch verbale Ausfälle gegeben haben soll. "Das allerdings konnte gar nicht erst in ruhiger Manier bei einem Bier nach dem Spiel erklärt werden, weil die Gästefans, inklusive Spieler und Trainer, nach Abpfiff bereits den Platz gestürmt und die drei Schiedsrichter umringt hatten. Die Situation eskalierte. Auch die zwei Ordner konnten der Lage nicht Herr werden. Ohne große Diskussionen, sondern fast schon panisch flüchtend, gruben sich die drei ihren Weg durch die Menschenmenge, als der zweite Assistent, der während des gesamten Spiels nicht auf der Seite der Trainerbänke stand, sich eine Kopfnuss von einem rasenden 'Fan' einfing. Ohne Reaktion darauf, sondern schnurstracks weiterlaufend, flog dann eine Faust in sein Gesicht. Bis zur Kabine war der Weg zum Glück nicht sonderlich weit und so konnten sie sich, ohne das übermäßig zu dramatisieren, vor dem wütenden Mob retten. Ein schöner Freitagabend endete mit einem Einsatz der Polizei und einer privatrechtlichen Anzeige wegen Körperverletzung."

Eine Beschreibung, bei der sich jeder normal denkende Mensch wohl freut, dass sich dies nicht auf seinem Fußballplatz abgespielt hat. "Ich frage mich, wie weit das noch gehen soll. Wann der nächste Angriff erfolgt, wie schlimm der nächste Angriff werden wird. Fehler sind menschlich, aber was sich Schiedsrichter anhören und teilweise spüren müssen, steht in keiner Weise im Verhältnis dazu", gibt Lisa S. zu bedenken. Vereine, die diese Probleme ignorieren, schaufeln sich so perspektivisch ihr eigenes "Grab", denn ohne Schiedsrichter ist ein Spielbetrieb im ambitionierten Bereich nicht möglich. Man stelle sich vor, das besagte Spiel wäre ohne angesetzten Schiedsrichter angepfiffen und von einem Betreuer geleitet worden. "Wer möchte sich denn bitte freiwillig auf dem Platz beleidigen oder körperlich angreifen lassen. Der Nachwuchs bleibt aus, Schiedsrichtermangel ist vor allem in den unteren Ligen allseits bekannt", sagt Lisa S. abschließend. Nur die Frage, wie man abseits von menschlicher Vernunft dagegen vorgehen will, bleibt schwierig. Sportrechtliche Härte hat nur selten Effekte nach sich gezogen, die wie hier erfolgten zivilrechtlichen Anzeigen sind aktuell der einzige Weg, sie sind unverzichtbar. Leider.

Aufrufe: 031.8.2023, 12:00 Uhr
Sascha KöppenAutor