NSF Gropiusstadt – Hertha BSC Ama Zwee 0:5
22.Spieltag Bezirksliga Berlin Staffel 2 Saison 2022/2023
Sonntag, 19.03.2023 11:30 Uhr
Silbersteinsportplatz
67 Zuschauer
Die Gropiusstadt im Berliner Stadtteil Neukölln ist berühmt und berüchtigt. Ähnlich wie die Rütli-Schule im gleichen Bezirk steht ihr Name für sozialen Abgrund und Kriminalität. Problembezirk für diese Ecke am untersten Zipfel Berlins ist ein geflügeltes Wort und ich erinnere mich an die Zeilen eines Songs, den Neuköllner Freunde von mir gerne auf Auswärtsfahrten sangen: „Neukölln, Problem- und Hartz-4-Bezirk, wo ne Jungfrau nicht älter als 13 wird.“
Allerdings ist Neukölln nicht ganz so schlimm, wie die Allgemeinheit denkt. Und auch die Gropiusstadt ist nicht nur Klappmesser und Drogendealer. Meine Cousins sind hier aufgewachsen und nur einer der dreien wurde mal mit einem Messer angeritzt. Abgesehen von diesem Ereignis war es eigentlich immer nett hier, wenn wir zwecks Familienfeiern in dieser Ecke waren.
Außerdem sollte die Gropiusstadt viel heller, weitläufiger und grüner werden, als sie heute ist. Als die Pläne für diesen Ballungsraum gemacht wurden, gab es noch keine deutsch-deutsche Grenze. Der Mauerbau komprimierte die Blaupausen, da West-Berlin ab 1961 ein ernsthaftes Platzproblem bekam. So wurde dichter und höher gebaut. Das Ergebnis sehen wir heute. Bzw. ich bekam es nicht zu Gesicht, denn obwohl ich heute zum Spiel NSF Gropiusstadt gegen die Hertha Ama Zwee gefahren war, betrat ich die Gropiusstadt nicht. Die Gastgeber haben ihren Heimspielort nämlich nahe der Hermannstraße, fast 20 Autominuten von der Gropiusstadt entfernt. Was für ein Schwindel, oder? Nicht ganz. Denn die Neuköllner Sportfreunde verschmolzen 2001 mit dem Rudower SV. Und dieser hatte seine Heimat im Herzen der Gropiusstadt. So führt der heutige Verein den Namen dieser großen Siedlung, um allen seinen Vorgängervereinen gerecht zu werden.
So oder so, mir war das eigentlich ganz recht. So hätte ich mein Ziel mit der S-Bahn erreichen können und wäre nicht gezwungen, fast eine Stunde in der U-Bahn zu hocken.
Soweit die Theorie. In der Praxis versackte ich gestern Abend mit Freunden zur Happy Hour in einer Cocktail Bar. Im Stil von Bob Kelso drehte ich mir ein paar Bahama Mamas in den Schädel und wankte viel zu spät ins Bett. Meine innere Uhr war vom Alkohol völlig betäubt und da auch der Sohnemann einen neuen Rekord im Ausschlafen aufgestellt hatte, war der Morgen recht hektisch.
Unterm Strich waren Frau und Kind erst bei Oma abgeladen, als meine S-Bahn bereits den Bahnhof verlassen hatte. Also ging es mit dem Auto nach Neukölln. Die Autobahn war schön leer und nach einem kurzen Schlenk durch eine Baustelle im Britzer Tunnel und zwei Runden um den Block, hatte ich das Familienvehikel abgestellt und war zum Sportplatz Silbersteinstraße gelaufen. Dieser liegt quasi hinter einem Spielplatz in einer Sackgasse. Sollte der NSF mal wieder mit den Ama Zwee in einer Liga spielen wäre das hier prädestiniert für einen Familienausflug. Allerdings muss die Zukunft zeigen, wie es mit dem heutigen Gastgeber weitergeht. Sportlich dürfte der Abstieg nicht mehr zu verhindern sein. Mit gerade mal 6 Punkten aus 21 Spielen stehen die Gropiusstädter mit der roten Laterne da. Passend irgendwie zum Verein, der nur wenige Meter von hier entfernt seine Heimspielstätte hat: Tasmania Berlin.
Dazu kommt, dass der Kader der Neuköllner Sportfreunde aktuell aus der eigentlichen Ü32 besteht. Die erste und zweite Herrenmannschaft des Clubs verließ den Verein. Gerüchte darüber, warum sie das taten, gibt es einige. Aber da ich da einfach zu wenig darüber weiß, werde ich hier nichts verbreiten.
Fakt war, dass die Spieler auf dem Platz also neben ihren Einsätzen für die Ü32 auch noch in der Bezirksliga als 1. Herren antreten. Natürlich ist das ein enormes Pensum und die letzten Ergebnisse sprechen für sich. 2:21 Tore stehen nach den letzten vier Spielen zu buche. Trotzdem wirken die Kicker der Hausherren fröhlich und optimistisch.
Sie spielten auch eigentlich keinen schlechten Ball. Natürlich konnten sie auch befreit aufspielen. Hertha hingegen merkte man die Nervosität an. Gegen diesen Gegner darf man einfach nicht verlieren und dieses Wissen lähmte die Beine. Zwar konnte Justin nach 13 Minuten nach einem Pass von Zoran das 0:1 aus spitzem Winkel, erzielen aber bis zur Halbzeit blieb es eine Zitterpartie. Neukölln hatte sogar ein paar gute Chancen und wenn Michał bei seinem ersten Saisoneinsatz im Kasten nicht so einen guten Tag erwischt hätte, hätte sich auch keiner beschweren dürfen, wenn es mit einem Unentschieden in die Kabinen gegangen wäre.
So aber stand Herthas Führung und Neuzugang Hassen konnte nach 53. Minuten nach einer Flanke von Zoran zum 0:2 erhöhen.
Dann passiert etwas am Rande des Spiels, was aber schnell das Hauptaugenmerk aller Anwesenden anzog: Ein Spieler der Neuköllner war zwischen der Eckfahne und dem eigenen Strafraum zu Boden gegangen. Offenbar nach einer kleinen Rangelei mit einem Herthaner. Er fiel dabei so unglücklich auf seine Schulter, die offenbar eh schon lädiert war, dass das Gelenk aus der Pfanne sprang. Es war so schlimm, dass der Spieler sich nicht bewegen konnte oder wollte. Der Schiri wäre bereit gewesen, die Partie nun einfach zu Herthas Gunsten abzubrechen, doch das durften die Neuköllner nicht. Durch den Verlust ihres gesamten Kaders waren sie schon zu oft nicht angetreten bzw. hatten Spiele nach wenigen Minuten wieder abgebrochen. Nun hatte ihnen der BFV die Auflage verpasst, alle noch verbleibenden Spiele zu Ende zu spielen. Also musste man auf den Krankenwagen warten. Doch der ließ sich Zeit. Bzw. er brauchte Zeit. Offenbar ist das Gesundheitswesen in Berlin so kaputt, dass ein RTW aus Köpenick nach Neukölln aufbrechen musste, da sonst nichts verfügbar war.
Die ganze Unterbrechung dauerte so lange, dass Herthas ausgewechselter Kapitän sich schon mal zum Duschen aufmachte. Als er fertig war, war der Krankenwagen zwar da, der Verletzte lag aber immer noch auf dem Feld. Das verdutzte unseren Spielführer etwas. Immerhin hatte er sich beim Duschen so viel Zeit gelassen und vor Freude über den, sich anbahnenden Auswärtssieg auch noch Hand an sich gelegt. Als wäre diese Information nicht schon etwas zu viel gewesen, verabredete er sich mit seiner Frau auch noch zum Koitus nach dem Spiel. Guter Sonntag für dich, was mein Freund.
Gut, dass das Spiel (nach über 30 Minuten Unterbrechung) dann weitergehen konnte, bevor noch mehr intime Themen besprochen worden wären.
Gropiusstadt war jetzt, verständlicherweise, zu kaum noch einer Gegenwehr fähig. So konnte Justin, nach Pass von Amir das 0:3 markieren.
Zoran war der nächste in der Torschützenliste. Nach seinen zwei Vorlagen heute, wollte er offenbar mehr als nur Assists in seiner Statistik haben und zimmerte einen Freistoß aus 30 Metern einfach in die Maschen.
Den Schlusspunkt setzten der im Feld eingewechselte Torhüter Tolga und erneut Justin.
Ein geplanter Torabschluss von Tolga würde nämlich zur Vorlage für Justin und der erzielte mit seinem dritten Tor, das 0:5.
Dann war hier Schluss. Obwohl es noch einiges an Nachspielzeit hätte geben können, hatte jeder ein Einsehen mit der Situation des NSF Gropiusstadt. An dieser Stelle auch mal ein Kompliment an dieses Team. Trotz der Belastung und der vielen, hohen Niederlagen, spielten sie dieses Match sehr würdevoll und fair zu ende.
Gute Besserung natürlich an den Verletzten Spieler.
Am Ende dieses (Spiel)Tages gab es noch ein bisschen Musik und Kaltgetränke vor dem Vereinsheim.
Ich hoffe ganz stark, dass die Gropiusstädter ihren Verein wieder auf Spur bringen und natürlich, dass Hertha BSC in zwei Wochen erneut einen 5:0 Auswärtssieg einfahren kann.
Ha Ho He Amateure Zwee
der Kutten König
Jetzt ist eine Woche Pause und dann gibt’s den nächsten Keller-Kracher:
Am 02.04. gastieren die Ama Zwee beim Tabellennachbarn Anadoluspor.
Auf geht’s zur Mission Klassenerhalt!