Das hatten sich alle ganz anders vorgestellt. Der Vorstand des KFC Uerdingen hoffte, in Björn Joppe den richtigen Trainer gefunden zu haben, als ihm Anfang Dezember die Verantwortung übertragen wurde. Die Spieler hofften, auf frischen Wind, ein neues Spielsystem und klare Ansagen. Die Fans hofften auf eine Aufholjagd mit Happyend. Und Björn Joppe hoffte, den Verein nach vorne zu bringen und weiterzukommen. Mitte Februar stehen alle ziemlich bedröppelt da. Ein Punkt aus zwei Spielen haben nicht nur für eine Vorentscheidung in der Meisterschaft gesorgt, sondern auch dafür, dass Joppe im Kreuzfeuer der Kritik steht und auch der Vorstand sein Fett weg bekommt.
„Die Situation ist auch neu für mich“, sagt der Trainer. „So etwas habe ich weder in Leipzig noch in Bonn erlebt. Es ist natürlich nicht schön, nach acht Wochen der Sündenbock für die ganze Saison zu sein.“ In seinen Worten schwingt mit, dass er das ungerecht findet, und das ist es auch. Weitaus schlimmer empfindet er jedoch das Verhalten einiger Fans, wo er doch die Nähe zu ihnen gesucht hatte. „Dass ich privat angeschrieben und beleidigt werde – da hört es auf.“ Das ist richtig, doch muss Joppe sich auch fragen, ob es richtig ist, diese Nähe zu den Fans zu suchen und zuzulassen? „Nähe zu den Fans bedeutet für ich, dass ich mich stelle und wir nach dem Spiel am Zaun diskutieren können“, erklärt er. „Aber einige gehen da zu weit – bei aller Enttäuschung.“
Enttäuscht sind alle, auch die Spieler. Sie haben gegen Sonsbeck (0:1) 70 Minuten ordentlich gespielt, in Schonnebeck (2:2) 40 Minuten sogar sehr gut. Aber sie sind labil und leicht aus der Bahn zu werfen. „Jedes kleine bisschen Negatives saugen sie auf“, erklärt der Trainer. „Das ist eine Kopfsache. Natürlich wissen die Jungs, dass sie auch mal ein Gegentor kassieren können, aber dann dürfen wir nicht zusammenbrechen und uns ergeben. Das Problem ist, dass man mentale Sachen nicht trainieren kann.“ Über den weiteren Saisonverlauf sagt der Coach: „Wir müssen jetzt im Vorstand besprechen, wie es weitergeht.“
Zumindest vom Spielplan her ist das klar: Der KFC empfängt am Freitag um 19.30 Uhr den FSV Duisburg, das Schlusslicht der Oberliga Niederrhein. Joppe findet das überhaupt nicht witzig, dass jeder selbstverständlich einen Sieg erwartet: „Das ist ein Katastrophenspiel. Mental stehen wir da, wo Duisburg vom Tabellenplatz her steht.“ Gut möglich, dass die Gäste mental sogar stärker sind. Für sie ist die Partie in der Grotenburg das Spiel ihres Lebens. Entsprechend werden sie rennen und kämpfen und alles geben. Die Zuschauer dürfen gespannt sein auf das Duell der fußballerisch besseren, aber mental geschwächten Uerdinger gegen die sportlich unterlegenen, aber mental tugendhaften Duisburger.