
Auf seinem Weg nach oben hat der „Dorfverein“ VfL Jüchen-Garzweiler schon seine Erfahrungen gemacht mit Gegnern, die einen großen Namen aus vergangenen Zeiten mit sich herumtragen. Im Niederrheinpokal gab es zum Beispiel Begegnungen mit den Traditionsklubs Wuppertaler SV und RW Oberhausen, die wegen Sicherheitsbedenken allerdings nicht auf der VfL-Anlage an der Stadionstraße ausgetragen werden konnten.
Nach dem Aufstieg in die Oberliga geht’s zum Abschluss der Hinrunde nun allerdings am Samstag (16 Uhr) gegen einen Gegner aus einem noch deutlich höheren Regal. Der „große“ KFC Uerdingen kommt und hält die Verantwortlichen des VfL schon seit Wochen auf Trab.
Denn eins steht fest: Der KFC ist als offizieller Nachfolger des FC Bayer Uerdingen 05 alles andere als ein gewöhnlicher Verein. Abgesehen von den vielen Erstliga-Jahren sorgten die Uerdinger als DFB-Pokalsieger 1985 (Finalsieg gegen Bayern München) anschließend besonders im Europapokal für Furore. Der 7:3-Sieg in der heimischen Grotenburg, mit dem das 0:2 aus dem Viertelfinal-Hinspiel gegen Dynamo Dresden gedreht werden konnte, wurde bei einer Umfrage des Magazins „11 Freunde“ seinerzeit sogar zum größten Fußballspiel aller Zeiten gewählt. Erfolge, die noch immer viele Fans emotional auch an den Nachfolgeverein binden, selbst wenn der nach dem Ausstieg der Bayer AG als Hauptsponsor einen steten Abwärtstrend mit zahlreichen Skandalen mitgemacht hat. Das jüngste Insolvenzverfahren brachte den KFC mal wieder in die Oberliga und machte überhaupt erst möglich, dass sich Jüchener erstmals in ihrer Vereinsgeschichte mit den Uerdingern messen können.
Klar, dass der VfL alles dafür tut, im Gegensatz zu den Erfahrungen aus dem Niederrheinpokal den Fußballanhängern aus Jüchen und dem Rhein-Kreis Neuss ein besonderes Fußballerlebnis quasi vor der eigenen Haustür präsentieren zu können und entwickelte proaktiv ein Sicherheitskonzept. Dass das gegen den KFC durchaus nötig ist, hat sich auch schon in der laufenden Saison gezeigt. Im September benahmen sich einige Uerdinger Fans im Auswärtsspiel beim SC St. Tönis massiv daneben, nach der Niederrheinpokal-Partie gegen den MSV Duisburg gab’s für den Verein eine Strafe für das Abbrennen von Pyrotechnik und auch Ende November wurde bei der überraschenden 0:1-Punktspielniederlage beim 1. FC Kleve ein heftiges „Feuerwerk“ abgebrannt, allerdings außerhalb des Stadions. „Wir haben uns im Vorfeld viele Gedanken gemacht. Schließlich wollen wir in Jüchen zum Abschluss des Jahres ein friedliches Fußballfest feiern“, sagt der VfL-Vorsitzende Christoph Sommer mit Blick auf das Sicherheitskonzept, das der Verein unter Einbeziehung des KFC Uerdingen mit der Polizei und dem städtischen Ordnungsamt abgestimmt hat.
Kernpunkt ist eine strikte Trennung zwischen KFC-Fans und den restlichen Besuchern. Es gibt getrennte Eingänge, unterschiedliche Bereiche im Stadion mit eigenem Catering und Toiletten für die Anhänger aus der Seidenstadt. Zudem kommen 15 professionelle Ordner aus Krefeld, die sich um die ihnen bestens bekannten „Problemfans“ kümmern. Für den VfL bedeuten diese Maßnahmen selbstredend deutlich höhere Kosten, die er allerdings durch ein Plus bei den Zuschauern zu kompensieren erhofft. „Wir hoffen auf 800 bis 1000 Zuschauer. Das hätten sich beide Mannschaften zum Abschluss einer guten Hinrunde verdient“, sagt Jüchens Trainer Daniel Klinger, der trotz des großen Namens des Gegners aber keineswegs vor Ehrfurcht erstarrt.
Nach der 5:1-Gala voriges Wochenende in Büderich ist das Selbstvertrauen noch mal gewachsen, zudem ist der Aufsteiger zu Hause eine Macht. Seit Mai 2024 ist kein Heimspiel mehr verloren gegangen. Auch zeigte sich der KFC im bisherigen Saisonverlauf durchaus verwundbar. Abgesehen von der Pleite in Kleve reichte es Anfang November in Dingden nur zu einem 0:0. Die Holzheimer SG war in der Grotenburg auch ganz dicht dran an etwas Zählbarem. Aktuell liegt Jüchen nur vier Punkte hinter dem KFC, der Dritter ist Klinger: „Natürlich rechnen auch wir uns etwas aus. Wenn wir nicht verlieren und unsere Heimserie halten, wäre das sensationell für den Verein.“