2024-12-05T13:04:02.281Z

Ligabericht
Nicht nur in körperlicher Hinsicht eine Erscheinung: Jeffrey Obst (rotes Trikot), Neu-Abwehrchef des ATSV Erlangen.
Nicht nur in körperlicher Hinsicht eine Erscheinung: Jeffrey Obst (rotes Trikot), Neu-Abwehrchef des ATSV Erlangen. – Foto: Ernst Blank

Jeffrey Obst - »der beste Innenverteidiger der Liga«

Der Sommertransfer des ATSV Erlangen hat sogleich für Aufsehen gesorgt - in sportlicher und menschlicher Hinsicht

Faruk Maloku ist keiner, der mit Superlativen um sich wirft. Und wenn, dann wird kollektiv gelobt oder kritisiert. Hebt der erfahrene Trainer des ASV Cham einen einzelnen Spieler hervor, ist das deshalb umso wertiger. Vor dem Duell der Oberpfälzer mit dem ATSV Erlangen Anfang September verteilte er eben solche verbale Lorbeeren: "Für mich persönlich der beste Innenverteidiger der Liga. So eine Qualität sieht man selten." Adressat war Jeffrey Obst. Und viele, die den gehobenen bayerischen Amateurfußball verfolgen, denken sich sogleich: Jeffrey... wer?

Aber zunächst zurück zu Faruk Maloku. Der 46-Jährige verdeutlichte im Rahmen der Vorberichterstattung des 10. Spieltages nämlich auch, warum angesprochenen Abwehrspieler für ihn "ein absoluter Toptransfer" des ATSV Erlangen im Sommer war. "Mit ihm wundert mich die Gesamtentwicklung vom ATSV nicht. Er stabilisiert und trägt die junge Mannschaft, gibt ihnen Struktur, Rückhalt und Führung." Sein Kollege in Diensten der Mittelfranken, Shqipran Skeraj, gibt dem ASV-Trainer recht, auch wenn "Chipo" zumindest etwas auf die Superlativ-Bremse tritt.

"Ja, Jeffrey war das fehlende Puzzleteil im Sommer. Er hat vom ersten Moment an eine extreme Sicherheit ausgestrahlt, wovon die jungen Spieler - allen voran sein Nebenmann Oliver Harandt - unwahrscheinlich profitieren", beschreibt der 38-jährige Ex-Profi die Vorzüge seines neuen Abwehrchefs. Und weiter: "Er ist ein sehr ruhiger Mensch, was sich auf sein Spiel überträgt. Gegen den Ball ist er hingegen außerordentlich aggressiv. Bei uns ist er der beste Verteidiger. Ob er ligaweit der stärkste ist, möchte ich nicht beurteilen - das wäre unfair den anderen Abwehrspielern gegenüber."

Skeraj braucht die Nummer 23 des ATSV Erlangen erst gar nicht in den Olymp zu heben. Denn dass Jeffrey Obst zu den besten seines Faches in der Bayernliga Nord und vielleicht sogar im bayerischen Amateurfußball gehört, hat der 31-Jährige inzwischen mehrmals nachgewiesen. "Natürlich ist es schön, solche Sachen über mich zu hören", sagt der Defensivspezialist im FuPa-Gespräch. "Ob ich der beste bin, keine Ahnung. Aber ein sehr guter Innenverteidiger bin ich schon. Das sollte auch der Anspruch sein, wenn man fast 250 Regionalliga-Spiele bestritten hat."

Obst ist nämlich vielleicht im Südosten der Bundesrepublik ein unbeschriebenes Blatt. Vor allem im Westen Deutschlands allerdings ist sein Namen geläufig, vielleicht sogar mehr. Ausgebildet bei Tebe Berlin landete er über Werden Bremen II bei Traditionsclubs wie Rot-Weiss Essen, Wattenscheid 09, Rot-Weiß Oberhausen, dem FC Bocholt und dem FC Gütersloh. Er war auf diesen Stationen nicht einer von vielen, sondern stets absoluter Leistungsträger. Und das in der Regionalliga West, "der besten Regionalliga Deutschlands", wie er betont.

Obwohl der 31-Jährige jahrelang in der "besten Regionalliga Deutschlands" spielte, ist er auch vom Niveau der Bayernliga Nord durchaus angetan.
Obwohl der 31-Jährige jahrelang in der "besten Regionalliga Deutschlands" spielte, ist er auch vom Niveau der Bayernliga Nord durchaus angetan. – Foto: Adrian Schlüter

"In Essen haben wir regelmäßig Heimspiele vor 10.000 Zuschauern bestritten", blickt er zurück. "Vergangene Spielzeit habe ich mit Gütersloh in Aachen vor 20.000 Zuschauern gespielt." Der 31-Jährige sagt das ohne Anflug von Arroganz. Er will nicht prahlen. Stolz ist er hingegen schon auf das, was er am runden Leder bisher erleben durfte. "Ja, ich kann auf eine schöne Reise zurückblicken", setzt er auf eine bildliche Sprache. Meist war er in den vergangenen Jahren als hauptberuflicher Fußballer aktiv. Für ihn war es absoluter Luxus, seinen Lebensunterhalt mit seiner Leidenschaft zu bestreiten.

Es wäre zwar schön gewesen, einmal Spieler in einer Profiliga zu sein, wie Obst zugibt. Mehrmals meinte er auch vor dem letzten Schritt in den großen Zirkus zu stehen. Letztlich hat er aber nicht geklappt, "was mich im Rückblick aber nicht unbedingt traurig macht". Ähnlich verhält es sich mit einer durchaus möglichen Länderspiel-Karriere. Weil sein Papa ein Mosambikaner ist, stand der Verteidiger in jungen Jahr kurz vor einer Nominierung für die Auswahlmannschaft des südafrikanischen Staates, der in fußballerischer Hinsicht eher ein Entwicklungsland ist. Aber immerhin. Letztlich scheiterten internationale Auftritte jedoch an zu hohen bürokratische Hürden.

"Ja, ich habe eine facettenreiche Vergangenheit", gibt er gebürtige Berliner zu. Er hat unendliche viele Erfahrungen sammeln dürfen. Fußballerische Klasse hatte er schon immer. Mischt man diese Zutaten zusammen, ist man bei dem Spieler, den Faruk Maloku und Shqipran Skeraj eingangs beschrieben haben. Letztlich ein Sechers im Lotto, dass der "beste Innenverteidiger der Liga" beim ATSV Erlangen gelandet ist - und mehr oder weniger ein Zufall.

Die junge Familie entschloss sich zu Beginn des Jahren, in die mittelfränkische Stadt zu ziehen, weil Erlangen die Geburtstadt der Frau von Jeffrey Obst ist. "Angekommen in Nordbayern, habe ich dann mit verschiedenen Vereinen gesprochen", blickt der 31-Jährige auf die ersten Monate in der neuen Heimat zurück. Regionalliga-Vereine waren dabei, verrät er. Genauso Lokalrivale Eltersdorf. "Beim ATSV habe ich mich aber am besten aufgehoben gefühlt."

Beim ATSV Erlangen hat der Abwehrspieler schnell sportlich eine neue Heimat gefunden - aber auch zwischenmenschlich.
Beim ATSV Erlangen hat der Abwehrspieler schnell sportlich eine neue Heimat gefunden - aber auch zwischenmenschlich. – Foto: Mario Wiedel

Und der Schritt, sich dem derzeitigen Spitzenreiter der Bayernliga Nord anzuschließen, war "die richtige Entscheidung. Sportlich definitiv", weil er sofort zum Eckpfeiler der Überraschungsmannschaft in dieser Spielklasse schlechthin geworden ist. Und das, obwohl er aufgrund seines Studiums (Sportwissenschaften) in Bochum die ersten Woche nur zu Spielen anreiste. Wichtig ist für den Familienvater mittlerweile aber auch, dass es menschlich passt. Und das ist in der Paul-Gossen-Straße der Fall. "Die Mannschaft ist extrem gut intakt. Wir machen auch privat einiges zusammen", sagt der Vater der Truppe.

Jeffrey Obst und der ATSV Erlangen - das scheint eine gute Kombination zu sein. Eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Das hat sich inzwischen herumgesprochen. Nicht nur in Richtung Cham. Ob der 31-Jährige nun allerdings tatsächlich der "beste Innenverteidiger der Liga ist", darüber lässt sich streiten. Dass er zu den besten Defensivspielern der Liga gehört, steht hingegen fest. Sein nachgewiesenes Können und die gesammelte Erfahrung sind der Beweis dafür...

Aufrufe: 027.11.2024, 10:30 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor