2024-05-08T14:46:11.570Z

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Guter Draht zu seinen Spielern: Hubert Jungmann hat den verunsicherten Peißenberger Kickern auf Anhieb neues Selbstbewusstsein gegeben. Zum Einstand gewann der TSV gegen Unterammergau mit 2:0.
Guter Draht zu seinen Spielern: Hubert Jungmann hat den verunsicherten Peißenberger Kickern auf Anhieb neues Selbstbewusstsein gegeben. Zum Einstand gewann der TSV gegen Unterammergau mit 2:0. – Foto: wolfgang lindner

„Ich weiß, wie Amateurfußball funktioniert“: Jungmann soll Peißenberg zurück zum Erfolg führen

Jungmann verleiht TSV Peißenberg neuen Schwung

Die Verantwortlichen des TSV Peißenberg vertrauen voll auf Hubert Jungmann. Er soll den Verein zurück in die Erfolgsspur bringen.

Peißenberg – Die Zahl ist fabelhaft. 11,2 Sekunden wurden bei Hubertus Jungmann auf der Sprintstrecke über 100 Meter gemessen. Gut, das ist schon eine Weile her, aber irgendwie hat der heute 61-Jährige in all der Zeit noch keinen Rost angesetzt. Noch immer spielt er für den TC Weilheim Tennis in der Regionalliga. Dass es die Herren 60 sind, macht die Sache umso erstaunlicher.

Normalerweise sind Knochen, Sehnen und Bänder bei einem seines Semesters so sehr in Mitleidenschaft gezogen, dass nur noch der bequeme Wohnzimmersessel als adäquates Sportgerät taugt. Aber Jungmann hetzt weiter dem Ball hinterher, so wie er damals beim TSV Peißenberg hinter dem Puck herlief. Nicht in einer Hobbyliga, sondern in der Oberliga, die in jenen Tagen für sich in Anspruch nahm, in Deutschland an zweiter Stelle zu stehen. „Ich habe meinen Körper immer geschunden“, sagt er und räumt ein, dass all die Strapazen damals wie heute jedoch nicht spurlos an ihm vorübergegangen sind.

Jungmann lebt für Herausforderungen

Aber irgendwie hat Jungmann auch nicht aufhören können. „Du musst dich stellen“, hat ihm einer seiner zahlreichen Trainer mal gesagt. Das berührte ihn so sehr, dass er es verinnerlichte. Seitdem sucht er den Wettbewerb, um zu ergründen, wo seine Grenzen liegen. Da wundert es nicht, dass Jungmann Herausforderungen auf sich nimmt, die andere eher abweisen würden. Seit etwas mehr als einer Woche hat er das Training bei den Fußballern des TSV übernommen, nachdem sich der Verein vom bisherigen Chefcoach Michael Stoßberger getrennt hatte.

Jungmann war sein Assistent. Die Mission könnte kaum anspruchsvoller sein. Er soll eine Mannschaft, die in diesem Jahr aus der Spur geraten ist, irgendwie in der Kreisliga halten. Die erste von sechs Etappen auf dem Weg zum Klassenerhalt meisterte er souverän. Seine Mannen schlugen unter seiner Ägide den WSV Unterammergau am vergangenen Wochenende mit 2:0 und haben damit wieder Land in Sicht.

Zum Fußball gehört mehr als Taktik

Ein Wagnis war es sicherlich von den Verantwortlichen, einem Übungsleiter die eigenen Kicker anzuvertrauen, der seine Sozialisation im Fußball erhielt, als noch niemand irgendetwas von Viererkette, Holding Six oder anderem modernen Zeug gehört hatte. Kopfzerbrechen bereitet dies dem Coach nicht. Sein Wissen mag zwar veraltet sein, aber ist es deshalb falsch? „Ich weiß, wie Amateurfußball funktioniert“, stellt Jungmann klar, dass manchmal die Grundlagen vollkommen ausreichen, um aus einer verunsicherten Mannschaft wieder ein von Selbstvertrauen strotzendes Team zu formen.

Zu was soll überhaupt der neumodische Kram gut sein, wenn einem Trainer der Blick für das Wesentliche fehlt? „Ich zeige einem Stürmer seine Schwächen gnadenlos auf“, betont Jungmann, dass ein fachmännisches Auge hilfreicher sein kann als so manche teuer erworbene Elite-Lizenz.

Mit in der Trainingslehre längst schon überholten Methoden versucht der Mann vom alten Schlag die Rolle rückwärts und hat damit auf Anhieb Erfolg. „Bei mir gibt es nicht Friede, Freude, Eierkuchen“, spricht er von einer klaren Linie, die er durchzieht. Vielleicht schafft er mit dieser Methode auch die nötigen Reibungspunkte, um die brach liegenden Potenziale seiner Kicker zu aktivieren.

Bisher geht das Konzept auf

Eine klare Ansprache hat jedenfalls noch niemandem geschadet. Was sie bewirkt, das können die Peißenberger bei seinen Söhnen Hubert Junior und Johannes erfragen, die Bestandteile der Mannschaft sind. Zweifel an seinem System plagen den Coach jedenfalls nicht. „Ob es das Richtige ist, sei dahingestellt“, räumt er ein. „Aber in der aktuellen Situation ist es das Richtige.“

Sollte seine Masche weiterhin Erfolg haben, dürfen die Verantwortlichen des TSV einen zusätzlichen Aspekt bei ihrer Trainersuche berücksichtigen. Wäre Hubertus Jungmann nicht eine echte Alternative? Können Ansätze von einst heute nicht wertvolle Impulse liefern, wo es immer mehr für einen Trainer darum geht, den Alleinunterhalter für seine teils verwöhnten und verhätschelten Kicker zu mimen? Der Trainer spürt bereits nach wenigen Tagen im Amt den Reiz, diesen Fragen auf den Grund zu gehen. „Ich bin offen für alles“, betont er, gesprächsbereit zu sein. So hat er es immer gehalten, seit er verstanden hat, dass man sich im Leben den Aufgaben stellen muss, um eine klare Antwort zu bekommen.

Aufrufe: 025.4.2024, 08:27 Uhr
Christian HeinrichAutor