Insgesamt vier rote Karten sah der TSV 1860 München bei Viktoria Köln. Jacobacci war nach dem Spiel verärgert wegen der Schiedsrichter-Leistung.
München/Köln – Der 1860-Coach wusste, was kommen würde, doch sein Drang, etwas loszuwerden, war stärker – also holte er sich eine Rote Karte mit Ansage ab. Er habe Schiedsrichter Timon Schulz (27) nach dem Schlusspfiff nur „höflicherweise meine Hand anbieten“ und bei der Gelegenheit mitteilen wollen, „dass es kein optimales Spiel“ von ihm gewesen sei, sagte Maurizio Jacobacci, der lächelnd quittierte, dass er nun das Derby gegen Regensburg verpassen wird.
Wie vier seiner 1:2-Verlierer nach einem Spiel, in dem sage und schreibe elf Löwen eine Gelbe und/oder Rote Karte gesehen hatten.
Die Folgen des denkwürdigen Farbspektakels von Köln – sie werden erst am kommenden Samstag so richtig sichtbar sein. Nicht nur Jacobacci, im Spiel mit Gelb und nach der bitteren 1:2-Niederlage mit Rot abgestraft, wird gegen Regensburg fehlen. Neben ihm auch Leroy Kwadwo (Rot), Torschütze Morris Schröter (Gelb-Rot), Albion Vrenezi und Niki Lang (jeweils fünfte Gelbe Karte).
Ob Marc-Nicolai Pfeifer beim Wiedersehen mit dem Relegationsgegner von 2017 den Innenraum betreten darf, muss noch geklärt werden. Geschäftsführer sind üblicherweise keine offiziell anzumeldenden Spielteilnehmer, doch auch Pfeifer hatte nach dem Schlusspfiff den Dialog mit Schulz gesucht. Was er gesagt hat, ist nicht überliefert, aber er wurde als vierter Akteur der Blauen mit Rot bedacht.
Was war da los am Samstag im Sportpark Höhenberg? Im anfangs ausgeglichenen Spiel zweier punktgleicher Rivalen waren es zunächst die Kölner, die der Meinung waren, dass bei Schulz die (Gelben) Karten arg locker saßen. Der frühere Hachinger Luca Marseiler wurde verwarnt, weil er einen Ball nach einem Freistoßpfiff noch aufs Tor geschossen hatte. Im weiteren Verlauf der Partie entwickelten dann die Löwen das Gefühl, von Schulz zunehmend benachteiligt zu werden.
Nachdem Schröter ein hoher Ball auf den Unterarm gefallen war, gab es Elfmeter (41.), den Marseiller sicher verwandelte, obwohl David Richter die Ecke geahnt hatte. Schröter glich postwendend aus – und sorgte für ein Ergebnis, das lange Bestand hatte, was den offensiv desinteressierten Löwen zwar schmeichelte. Gekippt ist die Partie aber erst, als Kartensheriff Schulz Kwadwo für ein Foul am Mittelkreis vom Platz stellte (vertretbar) – und zwei Minuten später auch Schröter (angebliche Schwalbe), obwohl der mit einigem Recht einen Foulelfmeter gefordert hatte.
Die Folge war ein wildes „Herumschießen“ mit Karten, wie Schröter erstaunlich gefasst zu Protokoll gab. Wie ein Luftballonverkäufer im Spieleparadies suchte Schulz nach Abnehmern für seine bunte Verteilware – mit der aberwitzigen Pointe, dass er seinen Eifer auch nach dem Schlusspfiff nicht zügelte: Gelb für Niklas Tarnat, der als nicht eingesetzter Spieler an einer Diskussionsrunde teilnahm.
Rot für Pfeifer und Jacobacci, der erst auf der Pressekonferenz seinem Ärger so richtig Luft machte. „Ich bin ohnmächtig und fassungslos“, sagte der Coach, den das Ergebnis vor allem für seine Mannschaft schmerzte: Alles deutete auf ein 1:1 hin. Aber auch Elfer für Schröter und 2:1 für 1860 wären ohne allzu viel Fantasie denkbar gewesen. Stattdessen hieß es am Ende 1:2 – weil die Löwen zu neunt machtlos waren, als ein Schulz mit „tz“, Vorname Michael, in der Nachspielzeit weitgehend ungestört einköpfen konnte.
Stolz war Jacobacci „auf die kämpferische Leistung“ seiner Mannschaft. Er weiß: Ohne die wird es auch am Samstag gegen Regensburg nicht gehen. Dann mit Co-Trainer Stefan Reisinger an der Linie – und ohne vier Spieler aus der erweiterten Stammelf. (Uli Kellner)