Am Tag nach der üblen 0:6-Heimniederlage vor einer Woche gegen Solingen bestellte beim Landesligisten Holzheimer SG die mit Abteilungsleiter Michael Volz, Teammanager Ingo Zimmermann und Sportdirektor Simon Büttgenbach besetzte Chefetage Trainer Hamid Derakhshan vor dem Training zum Gespräch ein. Über die Inhalte sprechen die Beteiligten öffentlich freilich nicht. „Was im Büro besprochen wird, bleibt auch im Büro“, sagte Volz ungewohnt zugeknöpft. Doch die Folgen dieser Zusammenkunft sind gravierend.
Am Freitag teilte Büttgenbach dem seit Januar 2020 für die HSG tätigen Coach mit, dass er ab sofort von allen Aufgaben entbunden sei. Eine Entscheidung, die auch die Co-Trainer Salvatore Franciamore, David Rodriguez und Patrick Becker zum Anlass nahmen, ihre Ämter zur Verfügung zu stellen. In einem am Samstag an Mannschaft, Kollegen, Unterstützer und Fans online versendeten Statement schrieb Derakhshan von einem „Vorfall am vergangenen Montag“, der dazu geführt habe, „dass das Vertrauensverhältnis zwischen der Abteilungsleitung und mir nicht mehr vorhanden war.“ Im Gespräch mit der NGZ fügte er an, dass er und sein Trainerteam das Vertrauen schon über Monate hinweg nicht mehr gespürt habe. „Eigentlich schon seit der letzten Saison nicht mehr.“
Natürlich, bestätigte Volz auf Nachfrage, sei in Holzheim nach dem Absturz vom Aufstiegskandidaten zum Problemfall nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen gewesen, doch anstatt öffentlicher Kritik band er Derakhshan zum Abschied einen Blumenstrauß: „Er hat hier fünf Jahre oberklassig gearbeitet.“ Und die von ihm verbreitete Darstellung, in der der 42-Jährige von „wunderbaren Menschen, die mich im Verein unterstützt haben“, zu berichten wusste, „von unvergesslichen Momenten und einer unglaublich bereichernden und prägenden Zeit“, fand der dem Landesligisten auch als unverzichtbarer Sponsor verbundene Fußballchef in diesen emotional extrem aufgeladenen Tagen „mega fair und sehr anständig.“
Das von ihm mit dem langfristigen Ziel, „eine Neusser Mannschaft in die Regionalliga zu bringen“, aus der Taufe gehobene Projekt müsse, sagt Derakhshan, mit seinem Ausscheiden nicht unbedingt gestorben sein. „Ich baue die Dinge so auf, dass es auch ohne mich weitergehen kann.“ Die, gemessen an den auch selbst formulierten Ansprüchen, bislang äußerst magere Bilanz, ändert daran für ihn nichts: „Fakt ist doch, dass immer wenn wir einen guten Kader zur Verfügung hatten, haben wir auch gute Ergebnisse abgeliefert. Wenn du nach Erklärungen für die aktuelle Lage im sportlichen Bereich suchst, die vielen verletzungsbedingten Ausfälle sind die Antwort.“
Darum, versichert er optimistisch, sei die Perspektive der HSG nach wie vor glänzend: „Spätestens bis zur Winterpause kommen gigantische Spieler zurück. Eigentlich braucht der Verein nur einen neuen Trainerstab.“ Und genau daran arbeitet Volz mit seinem Team. „Wir nutzten seit Freitag all unsere Verbindungen und Netzwerke, denn wir haben uns die spannende Deadline gesetzt, uns schon Mittwoch und Freitag mit einem neuen Trainer professionell auf das nächste Heimspiel am Sonntag gegen Cronenberg vorzubereiten.“ Möglich sei das vor allem deshalb, fügt er selbstbewusst hinzu, „weil wir hier in Holzheim etwas aufgebaut haben, was die Arbeit auch für einen hochkarätigen Namen interessant macht.“
Derakhshan wird sich mit seinem Staff am Dienstag bei einem gemeinsamen Abendessen noch von den Spielern verabschieden. „Und dann ist das Kapitel Holzheimer SG für mich beendet. Ich habe dieses Projekt geliebt und gelebt. Es war traumhaft, mit dieser Mannschaft und diesem Trainerstab zu arbeiten. Das werde ich vermissen. Aber ich bin mit mir absolut im Reinen!“