2025-01-13T12:06:11.417Z

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Selbstkritischer Profi: Raphael Schifferl, vor dieser Saison von der SpVgg Unterhaching zum TSV 1860 gewechselt.
Selbstkritischer Profi: Raphael Schifferl, vor dieser Saison von der SpVgg Unterhaching zum TSV 1860 gewechselt. – Foto: sampics

„Höhere Erwartungen“ bei 1860-Verteidiger Schifferl: „Könnten eine große Rolle in der Liga spielen“

Fordert Sieg in Essen

Im Interview spricht Elfmeter-„Sünder“ Raphael Schifferl über die Handregel – und das Auf und Ab des TSV 1860 München.

Unfreiwillig steht er seit einigen Tagen im Mittelpunkt: Raphael Schifferl, Hand-„Sünder“ des TSV 1860 München bei der 1:2-Heimniederlage gegen Hansa Rostock. Viel wurde seither über Sinn und Unsinn dieser Regel diskutiert, ebenso über das Gefühl der Löwen, dass sie von den Schiedsrichtern der 3. Liga benachteiligt werden. Unser Interview mit dem Innenverteidiger, der in der 81. Minute die Hand am falschen Ort hatte.

Aus aktuellem Anlass: Wie sehr nervt Sie die Handspielregel?
Es ist einfach schwierig, wenn es keine Linie gibt, an die man sich halten kann – und es gefühlt immer unklar bleiben wird. Als Verteidiger würde ich schon gerne wissen, was ich tun darf und was nicht. Das ärgert mich, weil ich mich viel damit auseinandersetze, wie ich mich im Sechzehner verhalte. Jeder Schiedsrichter legt es anders aus. Ich probiere natürlich, meine Hände zu verstecken. Es gelingt jedoch nicht immer, weil es einfach unnatürlich ist. Es stört mich, wenn so etwas Spiele entscheidet. Es bringt dann auch nichts, mit dem Schiedsrichter zu diskutieren – ohne VAR wird er den Elfmeter eh nicht zurücknehmen.
Schon Erfahrungen mit dem VAR gemacht?
Ja, in der österreichischen Bundesliga. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht. Gerade bei Abseitsentscheidungen finde ich den VAR gut. Bei Handspielszenen ist es etwas anderes, auch da entscheidet ein Mensch, der Fehler machen kann. Ich weiß auch nicht, was das Ganze in der Umsetzung kostet. Wenn es umsetzbar wäre, ist der VAR sicher hilfreich – nicht umsonst kommt er in jeder höheren Liga der Welt zum Einsatz.
Schiedsrichter hin oder her – die Löwen hängen im Mittelfeld der 3. Liga fest…
Wir haben noch drei wichtige Spiele bis zur Pause, wollen uns eine gute Ausgangslage für das Frühjahr schaffen. So wie die Hinrunde für die Mannschaft war, so war sie auch für mich: wellenförmig. Bei mir war es nicht so leicht, da ich nicht immer gespielt habe – ich bin aber immer wieder zurückgekommen. Wir haben einen guten Kader, in dem auch rotiert wird. Als Team haben wir es nicht geschafft, so konstant zu sein, damit wir oben angreifen können. Trotzdem haben wir gesehen, dass wir die Qualität haben, jederzeit vorne ranzukommen. Wir müssen es irgendwie hinbekommen, stabiler zu werden.
Christian Werner kritisierte vor einigen Tagen, dass sich die Erwartungshaltung rund um die Löwen nicht mit den finanziellen Möglichkeiten deckt. Was bekommt die Mannschaft davon mit?
Ich verstehe jeden Fan, der den Verein woanders sieht als aktuell. Wir Spieler wissen auch, dass wir vom Kader her eine große Rolle in der Liga spielen könnten. Ich habe auch höhere Erwartungen, als irgendwo im Mittelfeld zu landen. Trotzdem muss man realistisch sein und sehen, wie eng diese Liga ist. Keine Mannschaft tut sich leicht, konstant zu punkten. Wir müssen einfach immer an unser Limit gehen, dann kommt der Rest von selbst. Bei manchen Entscheidungen, wie jetzt gegen Rostock, kann man es nicht beeinflussen, ist nur Passagier.
Das 1:2 gegen Rostock stand sinnbildlich für diese Saison: Gut angefangen, dann der Einbruch nach der Pause und am Ende etwas Pech gehabt…
Es ist schwer zu erklären, wieso wir die Leistung nicht über 90 Minuten abrufen. Es ist normal, dass man gegen eine Mannschaft wie Rostock irgendwann einmal unter Druck gerät. Wir haben nur noch darauf reagiert, was der Gegner macht. Solche Phasen müssen wir überstehen und das zweite Tor nachlegen. Es kann sein, dass wir mit der Führung im Rücken unterbewusst etwas weniger gemacht und den Gegner dadurch wieder aufgeweckt haben.
Jedes Spiel bei 1860 steht medial extrem im Fokus. Was sind denn die größten Unterschiede im Vergleich zu Ihrem Ex-Club, der SpVgg Unterhaching?
Das Umfeld ist natürlich mehr mit Leben gefüllt als in Unterhaching. Jedem Spieler ist es bewusst, dass hier ein anderes Umfeld herrscht als bei Haching, einem sehr familiären Verein. Klar ist auch: Wenn es viele Fans gibt, gibt es auch immer Gegenstimmen und Unruhe. Aber es gibt auch viel Interesse, alles hat Vor- und Nachteile. Auf dem Platz beeinflusst es einen sowieso nicht direkt. Grundsätzlich bin ich zufrieden damit, wie ich mich eingefügt habe.
Haben Patrick Hobsch und René Vollath, beide letzte Saison mit Ihnen in Haching aktiv, bei der Eingliederung geholfen?
Mit Hobschi bin ich privat eng befreundet, unabhängig davon, ob wir zusammenspielen. Aber deshalb bin ich nicht gewechselt. Dass Hobschi und René da sind, ist ein cooler Nebeneffekt. Aber auch mit dem Rest des Teams war es sofort cool. Mit den Ex-Kollegen aus Unterhaching habe ich nach wie vor ein gutes Verhältnis, wir treffen uns immer wieder.
Wie sehr wurmt es denn, keines der beiden Pflichtspiele – 2:2 in der Liga, 1:3 im Totopokal – gegen Haching gewonnen zu haben?
In der Liga haben wir zweimal eine Führung hergegeben, das tut richtig weh. Das Cup-Aus war unglücklich vom Spielverlauf her und Unterhaching hat viel Emotionen reingelegt. Trotzdem bin ich froh, dass wir noch ein Ligaduell haben. Hoffentlich können wir dort dann den Derbysieg holen, auch wenn es für viele ja gar kein Derby ist.
Blick nach vorne: am Sonntag geht es an die Hafenstraße zu Rot-Weiss Essen. Was braucht es, um dort zu bestehen?
Meine Bilanz gegen Essen ist gut: ein Spiel, ein Sieg. Wir müssen das Duell natürlich annehmen. Essen ist ähnlich unzufrieden wie wir. Wir dürfen nur wenig zulassen und müssen das Glück erzwingen. Das Ziel muss es mit unserer Qualität klar sein, das Spiel zu gewinnen.
Das gelingt auswärts deutlich häufiger als zu Hause…
Das kann man nicht erklären. So bittere Entscheidungen wie gegen Rostock können einem auswärts auch passieren. Uns ist es zuletzt häufiger zu Hause passiert, dass die Spiele nicht auf unsere Seite kippen. Das Glück haben wir derzeit eher auswärts. Am liebsten würden wir auswärts und zu Hause punkten, dann wären wir ganz vorne. Ich bin mir aber auch sicher, dass wir es in Zukunft in unserem Stadion auch besser hinbekommen.

Aufrufe: 06.12.2024, 08:57 Uhr
Marco Blanco UclesAutor