2024-09-13T08:09:07.625Z

Allgemeines
Hardy Grüne bereiste Luxemburg im Rahmen seiner Fußball-Recherchen mit dem Fahrrad
Hardy Grüne bereiste Luxemburg im Rahmen seiner Fußball-Recherchen mit dem Fahrrad – Foto: paul@lsn.sarl (Archiv)

Hardy Grüne: der Fußball ist „eine internationale Sprache“

Vorstellung des Buches „Luxemburg – Geschichte einer Fußball-Liebe“

Am Wochenende weilt Autor Hardy Grüne zur Vorstellung seines Buches „Luxemburg – Geschichte einer Fußball-Liebe“ im Großherzogtum. In Mersch und Esch wird er zu jeweils einem „Meet & Greet“ zu Gast sein. FuPa hat im Vorfeld mit Grüne ein ausführliches Interview geführt.

>>> Über diesen Link könnt ihr FuPa Luxemburg unterstützen - weitere wichtige Infos dazu findet ihr hier.

Hardy, wie kommt man als Deutscher eigentlich auf die Idee, ein Buch über den Luxemburger Fußball zu schreiben?

Ja, das ist schon eine ganz witzige Geschichte. Ich mache ja gerne Radtouren durch Länder und gehe dann so ein bisschen auf die Suche nach Geschichten und das vor allem auch im Fußball. Vor Luxemburg war Albanien an der Reihe. Ich wollte wieder unbedingt eine solche Radtour machen, hatte aber nicht so viel Zeit. Dann dachte ich mir, ich schaue mir ein Land an, das nicht so groß ist.

Und so bin ich dann auf Luxemburg gekommen. Luxemburg ist ja auch so ein Land, wo wir Deutsche irgendwie immer mal gerne dran vorbeifahren und dann denken, ich muss da irgendwann mal hin und muss mir das Land angucken. Aber man fährt halt immer dran vorbei.

Und dann passte einfach alles zusammen. Ich habe mir eine Rundreise ausgeguckt und wollte einfach ein bisschen Fußballgeschichten hören und auch mal ein paar Leute treffen. Eigentlich wollte ich ja ein Reisebuch machen und ein paar Fußballgeschichten dazu. Und dann war ich vor Ort und habe relativ schnell gute Kontakte gekriegt. Das war einfach nett und angenehm, mit den Menschen in Kontakt zu treten.

In Eischen hatte ich meinen ersten Kontakt. Da habe ich eine ehemalige „Thüringer-Bräterin“ getroffen. So kam dann eins zum anderen und irgendwann habe ich gesehen, es gibt überhaupt kein Buch zur Geschichte des Luxemburger Fußballs. Und da war so ein bisschen mein Ehrgeiz geweckt. Ich bin ja nun Fußballhistoriker, ich habe ja vieles geforscht in der Richtung.

Dann habe ich noch die Luxemburgensia entdeckt und gesehen, dass großartiges Material da ist. Arno Funck stellte mir seine ganzen Chroniken zur Verfügung. Dass es dann ein 400-Seiten-Buch wird, das habe ich ehrlich gesagt auch nicht erwartet. Aber es gibt natürlich unglaublich viele Geschichten zu erzählen. Wenn ich alle erzählt hätte, die ich erzählen wollte, dann wäre ich wahrscheinlich auf 800 bis 1000 Seiten gekommen. Und das wäre dann vielleicht doch ein bisschen zu viel gewesen.

Du hast eben Albanien schon erwähnt, über das du ebenfalls ein Fußballbuch herausgebracht hattest. Kann man fragen, was bis jetzt dein Bestseller war?

Ich habe eine WM-Enzyklopädie gemacht, die ist in vier Auflagen erschienen. Das sind so 25.000 gewesen. Da war die komplette WM-Geschichte drin. Was auch recht gut gelaufen ist, ist Glaube, Liebe, Schalke. Da sind wir auch bei ein bisschen über 20.000. Da wird jetzt gerade drüber nachgedacht, ob es da mal eine neue Auflage gibt. Und dann das goldene Buch des deutschen Fußballs. Das hatte ich mit Dietrich Schulze-Marmeling zusammen gemacht. Das kommt jetzt in der vierten Auflage. Da sind wir auch irgendwie bei 20.000. Das ist also quasi das deutsche Pendant zu „Luxemburg - Geschichte einer Fußball-Liebe“.

Du als gebürtiger Dortmunder warst bei deinen ersten Übernachtungen hier in Esch/Alzette. Du hattest mir damals gegenüber erwähnt, dass es Parallelen zwischen beiden Städten gibt. Welche sind das und woran hast du das festgemacht?

Also ich bin nach Esch gekommen und habe mich zu Hause gefühlt. Das ist einfach Ruhrpott. Ich bin ja im Ruhrpott groß geworden. Das ist natürlich ästhetisch alles nicht so unheimlich schön. Es ist aber atmosphärisch einfach Klasse. Und das habe ich in Esch sofort auch wiedergefunden, die Vielfalt der Menschen, diese Vielfalt der Kulturen, dann auch die Herzlichkeit der Menschen, also die Offenheit. Das ist etwas, was ich sehr aus dem Ruhrpott kannte.

Natürlich die ganze Industriegeschichte, überall wo man hinfährt trifft man auf Reste von der Stahlindustrie und in Esch natürlich ganz besonders. Ich bin relativ früh rübergefahren nach Belval über diese wunderbare Fahrradbrücke, die längste Fahrradbrücke in Europa, glaube ich. Da taucht man ja einfach sofort ein und ich finde, die haben das in Belval Klasse gemacht, diese Vergangenheit zu erhalten und gleichzeitig etwas Modernes reinzubringen. Es ist zwar ein bisschen kalt geworden, aber ich glaube, sie sind jetzt dran, dass es auch Grünflächen geben soll.

Die einzige Herausforderung in Esch für mich war immer und immer wieder - ich war ja oben auf dem Campingplatz und mit dem Fahrrad runter war das großartig – mit dem Rad den „Gaalgebierg“ hoch zu fahren. Ich weiß nicht, wie oft ich diesen Berg hochgefahren bin. Jetzt komme ich am Wochenende wieder und darf ihn wieder hochfahren. Da habe ich echt Bergtraining gemacht. Beim Fola-Stadion bist du ja gerade mal bei der Hälfte.

Du hast gerade die Vielfalt angesprochen. Die findest du ja dann auch im Fußball wieder. Wieso bietet gerade der Fußball einen solchen Mix verschiedener Kulturen? Es gibt ja zahlreiche andere Sportarten, aber irgendwie sticht das im Fußball stärker heraus.

Das liegt sicherlich daran, dass Fußball einfach der mit Abstand am weitesten verbreitete Sport überhaupt ist. Fußball wird ja einfach überall gespielt. Wenn wir jetzt z.B. Handball nehmen, da haben wir viele Regionen, wo nicht gespielt wird. Auch der Basketball ist nicht überall so populär. Fußball wird einfach überall gespielt und Fußball ist einfach.

Wenn wir jetzt z.B. in der Escher Stadtgeschichte sind, dann hat man an der „Grenz“ einfach auf der Straße gespielt. Zwei Pullover als Torpfosten und dann wurde den ganzen Tag gekickt. Das heißt, du brauchst ja eigentlich nicht viel. Du brauchst ein paar Leute, du brauchst noch nicht einmal elf Spieler. Du kannst 7 gegen 7 oder 5 gegen 5 oder 22 gegen 22 spielen. Und du brauchst irgendetwas, was an einen Ball erinnert und damit kannst du spielen.

Ich glaube, das ist das große Geheimnis, warum der Fußball einfach so vielfältig ist. Dadurch ist er einfach eine internationale Sprache. Man braucht keine Sprache, um Fußball zu spielen. Man kann sich so verständigen. Und das ist etwas, was mich an der Luxemburger Fußballgeschichte von Anfang an wirklich auch geflasht hat.

Gerade auch auf der „Grenz“, wenn man die Geschichten von früher hört, von den Italienern, von den Einwanderern, die überall herkamen und die sich dann über den Fußball verbunden haben und da eine Heimat gefunden haben und Freunde und auch zu Repräsentanten der Stadt geworden sind. Das ist ja ein absolut großartiges Beispiel für die Kraft, die der Fußball einfach hat.

Das Buch über den Luxemburger Fußball ist seit Kurzem im Verkauf
Das Buch über den Luxemburger Fußball ist seit Kurzem im Verkauf

Das geht schon ein bisschen in die nächste Frage über, nämlich, was dich am Luxemburgischen Fußball fasziniert hat, während du hier warst.

Das ist auf jeden Fall diese Vielfalt, wobei ich das jetzt nicht auf ethnische Vielfalt reduzieren möchte. Die haben wir natürlich vor allem unten im „Minett“ und die finden wir ja auch in den ersten Jahrzehnten eigentlich nur bei den Italienern und danach auch erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Was mich immer fasziniert in der Fußballgeschichte ist einfach, wenn man sie runterbricht auf die lokale Ebene, dann entsteht eine eigene Geschichte. So hat Bad Mondorf eine eigene Geschichte, Eischen hat eine eigene Geschichte, da hat Echternach eine eigene Geschichte. Und das ist einfach spannend.

Diekirch ist zum Beispiel auch ein schöner Fall: die waren am Anfang der Fußballgeschichte in Luxemburg wirklich führend mit dabei, dann ist dort nicht mehr so viel gekommen. Solche Sachen herauszufinden fand ich schon immer spannend, diese Eigenarten herauszufinden und zu schauen, wer daran beteiligt war und wie es geworden ist. Ich denke auch an die lokale Rivalität in Esch mit Jeunesse und Fola, beide Clubs haben ja unterschiedliche soziale Hintergründe. Das ist etwas, was ich sehr spannend finde.

Was ist dir in Luxemburg außerhalb des Fußballs und des „Gaalgebiergs“ am besten in Erinnerung geblieben?

Es war ja sicherlich auch etwas ungewöhnlich, dass ich das Land mit dem Fahrrad bereist habe. Das war total Klasse, weil das in Verbindung mit dem öffentlichen Nahverkehr sehr gut ging. Als ich zum Beispiel in die Hauptstadt gefahren bin, habe ich mir gesagt, ich fahre die Strecke einmal mit dem Fahrrad hin, aber danach kann ich den Zug nehmen. Dann kann ich mir einfach die Zeit sparen und kann auch woanders hinfahren. Das war toll.

Luxemburg ist ein wunderschönes Land. Ich habe so viele schöne Ecken gesehen. Z.B. das Tal der Sieben Schlösser, dann das Müllerthal, die kleine Luxemburger Schweiz. Das sind einfach wunderschöne Gegenden. Was ich ebenfalls Klasse durch das Radfahren fand, sind die vielen alten Bahnlinien, die in Radwege umgewandelt wurden. So z.B. der Attert-Radweg, den ich gefahren bin. Auch im Müllerthal gibt es wunderschöne Strecken, wo man mit dem Fahrrad gut unterwegs ist. Das Land hat mir insgesamt sehr gut gefallen, diese Vielfalt auf der kleinen Fläche.

Als Fahrradfahrer bin ich aber manchmal richtig gefordert gewesen, z.B. von der Sauer nach Wiltz hoch. Das war schon eine ganz schön anstrengende Etappe, auch von Wiltz nach Ettelbrück ging es ganz schön hoch und runter. Ich habe mich sehr in dieses Land verliebt, auch die Hauptstadt finde ich angenehm. Für eine große Stadt war sie sehr angenehm zu bereisen, auch mit dem Fahrrad.

Kommen wir zurück auf das Buch zu sprechen. Kannst du abschätzen, wie viele Stunden du insgesamt daran gearbeitet hast?

Das mache ich besser nicht (Lachen). Also sehr, sehr viele. Dieses Buch hat irgendwann eine Eigendynamik entwickelt. Ich kenne das ein bisschen von mir, wenn ich Feuer gefangen habe und mich eine Geschichte interessiert, dann vergesse ich gerne die Zeit. Die Quellenlage war so großartig, auch über die Luxemburgensia. Dann habe ich viele Menschen kennengelernt, die mir Material gegeben haben. Dann habe ich hier und da noch ein bisschen geforscht und ich habe noch einen Wappenzeichner gefunden, der mir manches rekonstruiert hat. Es ist sehr viel eingeflossen.

Ich habe Momente gehabt, in denen ich gedacht habe, jetzt muss ich aufpassen, denn letztendlich muss ich von meiner Arbeit auch leben und damit auch Geld verdienen, ich bin ja Freiberufler. Irgendwann war ich dann im September noch einmal da, ich habe das Länderspiel gegen Island gesehen und habe die Lücken recherchiert. Danach habe ich gesagt, jetzt kommt nichts Neues mehr dazu. Jetzt arbeite ich es ab. Natürlich ist trotzdem hier und da noch etwas Neues dazugekommen. Aber es stand dann einfach.

Nun ist das Buch seit kurzem da. Hast du schon erste Rückmeldungen aus dem Verkauf bekommen?

Zahlen habe ich noch keine, aber ich habe aber ansonsten Rückmeldungen bekommen, die doch sehr positiv aufgefallen sind. Dadurch, dass alle aus Luxemburg kamen, sind sie natürlich umso wertvoller. Es ist natürlich so, dass ich kein Luxemburger bin. Das hat vielleicht seine Vorteile, weil ich den Blick aus dem Ausland habe, aber es hat definitiv seinen Nachteil, weil ich den Binnenblick nicht habe. Aber da habt ihr ja alle sehr geholfen, diesen Binnenblick zu bekommen.

An diesem Wochenende bist du wieder hier. Wo genau und wofür?

Ich bin am Samstag in Mersch im Topaze-Einkaufszentrum bei der Librairie Ernster. Da machen wir ein ein sog. „Meet & Greet“ von 14 bis 17 Uhr. Der FC Marisca ist auch mit dabei, die präsentieren da ihr neues Trikot. Wer kommen mag, kann einfach kommen, kann das Buch dort kaufen und dann quatschen wir ein bisschen und tauschen uns aus.

Dann am Sonntag direkt im Anschluss an das Spiel von Jeunesse gegen Bad Mondorf von ungefähr 17:50, 18 Uhr wieder auf ganz ähnlich Art und Weise. Wir machen ein „Meet & Greet“, treffen uns - und das darf ich jetzt vielleicht gar nicht sagen, weil auch die Mondorfer mitlesen – und freuen uns über den Auftaktsieg der Jeunesse, das wäre nämlich für die Stimmung ganz gut (Lachen).

Das mit Jeunesse ist für mich ganz schön, weil mein erstes Spiel, was ich gesehen habe, war Jeunesse gegen Hesperingen. Da hatte ich Laurent Schüssler kennengelernt, das war natürlich ein total Klasse Einstieg. Der hat mich damals gleich in die Katakomben des Stadions geführt, dort habe ich den Wimpel vom Real-Spiel gesehen und jetzt schließt sich so ein bisschen der Kreis.

Das wird alles ganz locker sein, im Grunde genommen geht es mir darum, dass ich jetzt mit dem Buch nach Luxemburg komme und es irgendwie gemeinsam mit euch auch feiere, dass es jetzt da ist.

Kommen wir zum Abschluss: hast du schon ein nächstes Projekt im Hinterkopf?

Buchprojekte sind noch zwei parallel gelaufen. Ich habe die Neuauflage vom Fußballwappenbuch gemacht. Da habe ich sehr viel Arbeit reingesteckt, weil viele neue Wappen dazugekommen sind und dann 50 Jahre zweite Bundesliga. Die feiert ja dieses Jahr Jubiläum. Die beiden Bücher sind schon in Druck und kommen im September. Ich habe also dieses Jahr wirklich etliche neue Bücher auf dem Markt.

Deshalb habe ich auch beschlossen, dass es jetzt erst einmal gut ist mit dem Schreiben und ich ab Mitte September für ungefähr drei Monate mit dem Fahrrad in Marokko unterwegs sein werde.

Ohne Fußball?

Das geht nicht ohne Fußball! Ich werde natürlich auch in Marokko nach Fußball gucken. Ich werde Spiele sehen. Marokko richtet 2025 die Afrikameisterschaft aus, da wird mir der Fußball immer begegnen. Wenn man reist und man will nicht so touristisch unterwegs sein, dann ist der Fußball einfach großartig, weil er die Tür zum Land und zu den Menschen öffnet.

Über den Autor

Hardy Grüne wurde 1962 in Dortmund (D) geboren und lebt seit 1975 in Göttingen (D). Er unterstützt dort den Verein Göttingen 05 und ist bekennender Anhänger der Bristol Rovers in England sowie von En Avant Guingamp in Frankreich.

Er studierte Geographie, Politik und Publizistik. Zusammen mit Frank Willig bringt Grüne das Zeitspiel-Magazin für Fußball-Zeitgeschichte heraus.

Seit Mai 2023 war der Autor mehrfach in Luxemburg, um für sein Buch zu recherchieren, das vor Kurzem erschienen ist. Erhältlich ist es online z.B. unter luxemburg-fussball-liebe.com, bei den Librairies Ernster, verschiedenen k-Kiosken sowie bei der Librairie Diderich in Esch/Alzette.

Von seinem anstehenden Besuch in Marokko wird Grüne auf seiner Website hardy-gruene.de berichten.

Aufrufe: 03.8.2024, 09:00 Uhr
Paul KrierAutor