2024-06-04T08:56:08.599Z

Im Nachfassen
– Foto: Christian Heilwagen

Halbzeit bei Concordias Drei-Generationen-Team

Halbzeit in der Comeback-Saison des SV Concordia Erfurt.

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Mit dem jüngsten 1:1 bei der Reserve-Mannschaft des Kreisoberligisten aus Ingersleben sind die ersten zehn von zwanzig Punktspielen im Ja-moin-wir-machen-dann-mal-irgendwie-weiter-Spieljahr absolviert. Platz fünf in einer noch etwas spielschrägen Tabelle der 2. Kreisklasse, irgendwas im Mittelfeld halt.

BERICHT von Stephan Klaus

Was ergebnisoffen zum reinen Erhalt der Fußballabteilung im Mai 2023 in Angriff genommen wurde, hat sich angesichts passabler Auftritte in einer sportlich wesentlich attraktiver als gedachten untersten Spielklasse zu einem neuen Ziel mit Gemeinschaftspotenzial entwickelt. Das Finale einer zwölfjährigen, in Summe sehr erfolgreichen Spielgemeinschaft mit der SG An der Lache konnte im Frühjahr 2023 angesichts der anrückenden Deadline für die Mannschaftsmeldungen 2023/24 nicht sonderlich tränenreich betrauert werden, vielmehr musste postwendend eine Truppe aus dem Boden gestampft werden.

Und das wurde sie, wenngleich sie mit dem Kader von damals 17- bis fast 50-Jährigen, brandneuen Hüpfern sowie gefühlt Jahrhunderte im Verein verwurzelten Ur-Concorden zunächst eher wie ein Kasten aller möglichen Farbtöne daherkam, die trotz ihrer blickfangenden Effekte gerade kein Maler auf der Welt zu brauchen schien. Vom ersten Zusammentreffen bis heute ist ein Dreivierteljahr vergangen; und allmählich entsteht ein Bild – im mit Nostalgie verzierten Rahmen einer 73-jährigen Fußballabteilung.

Im Zentrum des Werkes befindet sich, zumindest jenes war bei der Erstellung genau so geplant, der Concordia-Stammteil aus der ehemaligen Männermannschaft von Lache/Concordia III: also Tamme, Hesse, Krah, Karulski, Böhm, Münch, Ullrich, Jahnke...und so. Zur Winterpause rückte Rothe hinzu. Es ist die Fußballgeneration Mitte. Wenngleich es bei den meisten von ihnen doch schon ganz schön zwickt, was eine überaus stolze Ausfallbilanz faktenfest zelebriert wegen Aua, Muskel, Knie, Ferse, Wade, Spann, Rücken und weiß der Geier, was der menschliche Körper jenseits der Dreißig so alles abstoßen will.

Tat- und trinkkräftige Unterstützung erhält die Mitte von der Generation Urzeit: Also zweimal Thielemann, Rhinow, Schulz, irgendwie ja auch Deddner, Mengs sowie Rückkehrer Domogalla. Überraschenderweise scheinen die meisten von ihnen auf dem Sportplatz nicht mehr die Schnellsten zu sein, doch wenn es darum geht, alte Kalauer taufrisch zu halten, oder frische Sprüche im genüsslichen Kalauerstil durch die Erfurter Kabinen zu schleudern, bleiben sie brandgefährlich effizient.

Auf dem Spielfeld sind sie alle immer für eine Überraschung gut und bieten den „neuen“, den jungen Spielern eine treffliche Flur, in die diese hineinpreschen.

Das trifft im wahrsten Sinne etwa auf Friedrich Lochner zu, der etwa in Ingersleben in eine scharfe Münch-Hereingabe am langen Pfosten mit noch längerem Bein … und noch höherem Tempo hineincrashte – und damit Concordia einen Punkt rettete. Was an Tempo hinten fehlt, ist vorn im Überfluss da. Lochner ist personifizierter Speed, der ihm bei all seinen drei Saisontoren half. Damit ist er bester Schütze. Dicht gefolgt unter anderem von Jonas Denninger, der als heißblütiger Offensivallrounder auch gern mal aus 50 Metern den Diego oder Kane oder wie auch immer probiert. Geklappt hat das zwar noch nicht, doch mit seinen beiden Saisontoren aus spitzem Winkel hatte er die Torhüter gleichwohl überrascht, da diese wohl jeweils mit einem Pass zum (natürlich nur theoretisch) frei vorm Tor postierten Mitspieler gerechnet hatten.

Denninger kam genauso von Lok wie Winterzugang Eric Sandmann, der sich bereits in seinen ersten beiden Spielen als Ballverteiler im Zentrum präsentiert hat – und nicht zuletzt den Ausgleich in Ingersleben mit seinem schörkellosen Scharfpass auf Münch initiiert hat. Als defensive Allzweckwaffe präsentierte sich zudem einmal mehr der blutjunge Moritz Schmidt. Aufgrund des obligatorischen Doppelwechsels wegen o.g. Auas (bereits und immer) in der ersten Halbzeit musste Schmidt dieses Mal über 70 Minuten auf der linken Abwehrseite ran. Und machte es wie gewohnt solide. Zum Einwurf-Trainieren bleibt noch ein fast komplettes Fußballleben Zeit.

Die Kilometermaschine in Ingersleben war der noch ein Jährchen jüngere Leon Bauroth. Nachdem er auf Kunstrasen schon für zwei eigene Tore in der Serie gesorgt hatte, bewies er auf dem sehr tiefen Geläuf nun auch Steherqualitäten, pflügte das Feld bis zur Erschöpfung um und präsentierte damit einen Kampfgeist, den man beim flüchtigen Blick auf mitunter aufkommendes Zaubermausgewusel womöglich nicht vermuten würde.

Bleiben noch die beiden ehemaligen Unioner René Weiß und Robin Wolff, die insbesondere jeweils durch ihre klare Bevorzugung des linken Fußes Vielseitigkeit ins taktische Mannschaftsgefüge bringen. Und vor allem im Fall von Wolff enorme persönliche Bindeglieder zwischen dem 2023 bestehenden Kader und den neuen Spielern sind.

Was zur sportlichen Sache bleibt, ist die eher geringe Anzahl an gesamten Gegentoren. Mitverantwortlich dafür ist der unwiderstehliche Clinch zweier Torhüter, die um diese heißbegehrte Position bis aufs Messer kämpfen. Da ist zum einen Nachwuchstorhüter Hunold, der nicht nur mit starken Paraden auf sich aufmerksam macht, sondern auch bereits in der Innenverteidigung sowie als zweifacher Torschütze im Sturm brillierte. Sein Widersacher zwischen den Pfosten ist der ebenfalls (etwas) talentierte Weber, der in Ingersleben auch mal was gehalten hat.

Wer fehlt? Ahja, vielleicht der Konstrukteur des Concordia-Single-Neustarts: Abteilungsleiter Markus Brandt zieht geschickt sämtliche Fäden im Hintergrund und sorgt dank seiner Anschläge mittels andauernden Aufforderungen von Mitgliedsbeitragszahlungen stets für eine geheimnisvolle Atmosphäre. Und natürlich Spielertrainer Steffen Hoyer, der enorm viel Zeit auf sich nimmt, um junge Spieler zu entwickeln, den Trainingsbetrieb am Laufen zu halten, sich mit den Verantwortlichen des Erfurter Sportbetriebs zu treffen, um in Sommer wie Winter eine partielle Trainingsheimat zu gewährleisten – und schließlich dafür zu sorgen, dass auch ohne die faktische Heimat des ehemaligen Vereinsheims in der Dortmunder Straße eine virtuelle im Geiste der Concorden existiert.

Aufrufe: 06.3.2024, 16:00 Uhr
Stephan KlausAutor