2024-12-06T12:23:09.689Z

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Herbert Wimmer wurde 1972 Europameister.
Herbert Wimmer wurde 1972 Europameister. – Foto: Wikimedia Commons / Grigori Ra

„Hacki Wimmer ist ein großer Borusse“

Günter Netzers „Lunge" Herbert "Hacki" Wimmer wird 80. Warum er für das Funktionieren der legendären Fohlenelf von Borussia Mönchengladbach ein enorm wichtiger Faktor war, welche Erfolge er feierte und was ihn als Mensch auszeichnet.

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Welcher Borusse schoss das erste Tor im DFB-Pokalfinale 1973? Wer an dieses Spiel denkt, an die „Mutter aller Pokalendspiele“, der denkt erst mal an Günter Netzer, schmollend auf der Bank von Borussia Mönchengladbach, dann sich selbst einwechselnd und das Siegtor erzielend. Doch das war das 2:1. Den ersten Treffer des wilden Spiels, Gladbachs 1:0, schaffte Herbert „Hacki“ Wimmer.

So war es immer mit Wimmer: Er trug wesentlich zum Erfolg bei, er lief und lief und lief (in Anlehnung an die Werbung für den VW Käfer), und Netzer, „der Lange“, war für die Kür zuständig. Des Zampanos „Wasserträger“ wurde Wimmer, 1944 „eher zufällig“ (Wimmer) im belgischen Eupen geboren, gerufen.

Ein Stück über Günter Netzer definiert

„Hacki“ wurde in gewisser Weise über Netzer definiert. Doch war es auch anders herum: Netzer konnte sein, was er war, der Freigeist, der geniale Ideengeber, weil es Wimmer gab. Wimmer hielt Netzer den Rücken frei, um Netzer-Dinge zu tun, und war daher ein wichtiger Faktor für das Funktionieren der Fohlenelf. Dass er selbst zudem ein richtig guter Kicker und gefährlicher Torjäger war, kam hinzu.

Es war wie alles in jener wunderbaren Mannschaft: Es kam alles Schöne und Gute erfolgreich zusammen. Hennes Weisweiler, der Meistertrainer, hat „die vielen verschiedenen Charaktere zusammengefügt zu einem funktionierenden Ganzen“, sagt Berti Vogts, der Ur-Borusse. Vogts war Borussias Kämpfer-Herz, Stürmer Jupp Heynckes der Instinkt, Wimmer die „Lunge“ und Netzer das „Hirn“.

„Er war das Genie und ich der Arbeiter“, sagte Wimmer über seine Zusammenarbeit mit Netzer. Zu Wimmers Zeit gab es noch keine statistische Erhebung der Laufleistungen, doch dass Wimmer Bestwerte aufweisen würde, ist außer Frage. „Er hatte drei Lungen, zwei für sich und eine für Günter“, sagt Vogts.

Wimmer kam 1966 von Borussia Brand, nach 469 Pflichtspielen und 68 Toren hörte er 1978 auf. „Hacki“ – diesen Namen dachte sich Torhüter Manfred Orzessek aus, als er sah, wie Wimmer Haken auf dem Rasen schlug als Rechtsaußen: Die Gegner sahen meist nur seine Hacken. Mit mehreren Hüftoperationen zahlte Wimmer später Tribut für seine Unermüdlichkeit.

Fünfmal Deutscher Meister

Wimmer wurde fünfmal Meister mit Gladbach, dreimal ohne „meinen Freund“ Netzer, sowie je einmal Pokal- und Uefa-Cup-Sieger. Auch im DFB-Trikot sammelte er Titel ein. 1970 wurde er WM-Dritter und 1974 wurde er Weltmeister, indes weitgehend passiv. Bei der EM 1972 aber, als die deutsche Mannschaft mit Rambazamba-Fußball und einem furiosen Netzer die Fußball-Welt verblüffte, war Wimmer mittendrin. Im Endspiel beim 3:0 gegen die UdSSR schoss er ein Tor.

Im Pokal-Finale von 1973 war „Hacki“ Gladbachs Kapitän, weil Berti Vogts aus Verbundenheit zu Netzer das Amt, das ihm Trainer Hennes Weisweiler antrug, ablehnte, nachdem er bekannt gegeben hatte, dass er auf Netzer zunächst verzichten würde. Es war Wimmer eine Ehre, „seine“ Borussia anzuführen. Deswegen nahm er Weisweilers Angebot an, „Nein“ zu sagen zum „Chef“, das war ohnehin nicht sein Ding. Wimmer war keiner, der opponierte. Er nahm die Binde und schoss Borussia in Führung.

„Hacki ist charakterlich einer der feinsten Menschen, die ich je kennengelernt habe. Er hat nie ein böses Wort gesagt und war immer positiv. Solche Typen braucht eine Mannschaft“, sagt Vogts. Das war auch die Basis für Wimmers exklusivsten Erfolg: Weisweiler bot ihm das „Du“ an – als einzigem aus dem Team. Der Meistertrainer hatte anfangs danebengelegen, als er über Wimmer sagte: „Mit so einem anständigen Spieler kann man nicht Meister werden.“

Auch Weisweiler konnte also irren. „Hacki“ Wimmer gehört zu Borussias Jahrhundert-Elf, ihm wurde zusammen mit Netzer und Vogts in Eicken ein Denkmal gesetzt. Wimmer hat Legenden-Status. „Hacki ist ein ganz großer Borusse“, sagt Vogts. Der Klub ehrte Wimmer auf besondere Weise, als er ihn 2023 zum Ehrenmitglied machte.

80 wird Wimmer nun am Samstag, dass er das im kleinen Kreis feiert, passt zu ihm. Er ist keiner für das große Tamtam, das war er nie. Auch nach großen Siegen fuhr er meist flugs heim nach Brand, wo er noch heute lebt. Was er auch als Borusse war: eine treue Seele. Er spielte nur für Gladbach in seiner Karriere.

Dort war er zuletzt Gast im Borussia-Park, beim 4:1 gegen Werder Bremen. Dass er in der neuesten Borussia-Generation wieder einen „Hacki“ gibt, Robin Hack wird so genannt, wird Wimmer als Ehre empfinden, zumal dieser „Hacki“ ebenfalls einer ist, der viel rennt und unermüdlich wirkt. Dass „Hacki“ in Gladbach ein Markenzeichen ist, dafür hat das Original gesorgt.

Aufrufe: 010.11.2024, 10:00 Uhr
RP / Karsten KellermannAutor