2024-04-24T13:20:38.835Z

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„Meinungsverschiedenheiten, aber keinen Streit“ habe es zwischen ihm und Uwe Lehner gegeben, sagt Abteilungsleiter Robert Stolpa (l.).
„Meinungsverschiedenheiten, aber keinen Streit“ habe es zwischen ihm und Uwe Lehner gegeben, sagt Abteilungsleiter Robert Stolpa (l.). – Foto: DR

Gautinger SC: Uwe Lehner erklärt seinen überraschenden Rücktritt – Nachfolger ist Vorgänger

Eine Sache des Gefühls

Irgendwie scheint sich Uwe Lehner noch nicht so recht darauf eingestellt zu haben, dass für ihn eine neue Zeit angebrochen ist.

Gauting – „Das war ganz wichtig, dass wir wieder Kontakt haben“, sagte der Fußballlehrer nach dem 5:2-Erfolg des Gautinger SC über den SV Germering. Dass er wie selbstverständlich von „wir“ sprach, überraschte, denn am vorigen Donnerstag hatte er zum letzten Mal das Training an der Würm geleitet.

Dann verabschiedete er sich von der Mannschaft. „Das war emotional“, versicherte Lehner, ohne konkret zu werden.

Es bleibt auch weiterhin emotional. Am Sonntag verfolgte er im Liveticker, wie sich seine Ex-Mannschaft gegen Germering schlug. Auch in den beiden ausstehenden Partien beim SV Inning und beim SC Olching II will er online verfolgen, ob sich der GSC auf den letzten Drücker in der Kreisklasse 1 halten kann. „Die Mannschaft ist mir schon ans Herz gewachsen“, so Lehner. Was wohl auf Gegenseitigkeit beruht. Nach seinem Rücktritt als Trainer habe er zahlreiche Telefonate und Textnachrichten seiner Kicker erhalten, „die mich sehr berührt haben“, wie er zugab. Und auch nach dem Spiel gegen Germering hätten sich zwei bei ihm gemeldet, um ihm das Geschehen in allen Einzelheiten zu schildern.

Bei so viel Verbundenheit zwischen Trainer und Team stellt sich schon die Frage, warum die gemeinsame Beziehung ausgerechnet drei Spieltage vor Saisonende in die Brüche ging. Vor Wochen galt es schon als ausgemacht, dass der Coach sein Engagement beim GSC nach drei Jahren beenden würde. Bereits im vergangenen November hatte Lehner die Abteilungsleitung über seine Entscheidung informiert, nach dem Saisonende aus privaten Gründen sein Amt niederzulegen. Im März wurde die Mannschaft informiert. Beim Trainingslager in Kroatien machten mit knapp 20 Spielern so viele mit wie nie zuvor. „Es war eine tolle Stimmung“, erzählte Lehner. Und dann sagte er einen Satz, den er während seiner Amtszeit in Gauting nach gefühlt jedem Spiel äußerte: „Das ist so ein feines Team.“

In all den Jahren hat sich der Trainer stets vor und, wenn es sein musste, auch hinter seine Mannschaft gestellt. Seine Kicker zerrissen sich auf dem Platz für ihn und den Gautinger SC. Aber sie räumten wie in den vergangenen Jahren weiterhin den eigenen Aktivitäten die oberste Priorität ein und ordneten die Belange der Mannschaft meist an zweiter Stelle ein. Lehner blieb dies nicht verborgen, wenn nur eine Handvoll Spieler ins Training kam oder er vor mancher Partie beten musste, dass er wenigstens einen Auswechselspieler auf der Bank haben würde. „Es fehlte die Konstanz, in der Saison regelmäßig da zu sein“, so der Coach. Und damit meinte er nicht die Spieler, die im Ausland arbeiteten oder studierten.

Irgendwann müssen zumindest den Verantwortlichen Zweifel gekommen sein, ob dies noch länger gut gehen kann. „Es gab Differenzen über die Leistung der Mannschaft“, sagte Lehner. Die Abteilungsleitung habe sich mehr erwartet. Vor allem Robert Stolpa störte sich an der Haltung einiger Fußballer, die das Training nicht unbedingt als Pflichttermin ansahen. „Es kann sein, dass ich da ein Stück weit zu sehr Druck aufgebaut habe wegen der Trainingsbeteiligung“, gab der neue Abteilungsleiter zu, der die Sparte seit Herbst gemeinsam mit Oliver Stollbert und als Nachfolger von Jens Rindermann und Tilman Hartlieb führt. Stolpa wünscht sich, dass seine Elf wie in der vergangenen Saison wieder häufiger Präsenz in den vorderen Regionen der Tabelle zeigt.

Doch diese Vorstellung hatte wenig mit der Realität gemein, wie sie Lehner während seiner Amtszeit in Gauting vorgefunden hatte. Der Trainer, der seine Pappenheimer kannte, die nun seit fast zehn Jahren zwischen A-Klasse und Kreisklasse hin- und herpendeln, betonte nicht von ungefähr bei jeder sich bietenden Gelegenheit, „dass wir immer nur gegen den Abstieg spielen“. Womit er Recht behalten sollte.

Mit der Zeit merkte Lehner, dass das Gros seines Kaders weiterhin zu ihm stand, ihm aber das Vertrauen seiner Leitung entglitt. „Natürlich gab es Zweifel am Trainer“, bestätigte er. Stolpa sprach dagegen von „Meinungsverschiedenheiten, aber kein Streit“. Zwar wurde dem Coach nie offiziell der Rücktritt nahegelegt, doch Lehner erkannte, dass er unter diesen Voraussetzungen die Mannschaft nicht durch den Abstiegskampf führen wollte. „Wenn ich das Vertrauen nicht mehr spüre, ist es nicht gut für die nächsten Spiele“, sagte er. Stolpa wäre seinerseits nicht aktiv geworden. „Es war nie die Rede, dass er auf der Kippe steht“, versicherte der Abteilungsleiter. „Es war nie die Rede, vonseiten des Vereins die Zusammenarbeit vorzeitig zu beenden.“

Bis Saisonende springt Ex-Coach Michael Kaiser als Trainer ein.
Bis Saisonende springt Ex-Coach Michael Kaiser als Trainer ein. – Foto: Andrea Jaksch

Nun ist Lehner weg, obwohl er noch omnipräsent ist, und Stolpa muss sehen, wie er den GSC durch den Abstiegskampf navigiert. Als Nachfolger hat er Lehners Vorgänger, Michael Kaiser, verpflichtet, der das Team zusammen mit Bernd Ziehnert bis zum Saisonende betreut. Wer dann übernimmt, steht noch in den Sternen. „Ich habe mit 20 Trainern telefoniert“, sagte Stolpa. Weitergekommen ist er nicht, zu hoch sind die finanziellen Forderungen der Kandidaten. „Das ist nicht der GSC.“ Einen Trainer wie Uwe Lehner wird er so schnell nicht wieder finden. (Christian Heinrich)

Aufrufe: 019.5.2022, 07:27 Uhr
Christian HeinrichAutor