2025-12-17T10:26:01.779Z

Allgemeines
– Foto: FuPa-Grafik

FuPa-Medizincheck: Verletzungsanfälligkeit und Verletzungsprophylaxe

FuPa-Serie / Regelmäßige Tipps und Infos rund um Verletzungen im Sport

Im FuPa-Medizincheck berichtet Dr. Simeon Geronikolakis über Verletzungen im Sport und wie diese behandelt werden können. In dieser Ausgabe geht es um die Verletzungsanfälligkeit und Verletzungsprophylaxe.

Woran liegt es, dass manche Fußballer verletzungsanfälliger sind als andere? Ist das einfach nur Pech?

Dass manche Spieler verletzungsanfälliger als andere sind, hängt von sehr vielen Faktoren ab und es ist auf jeden Fall nicht immer nur Pech.

Sicherlich spielt auch die genetische Disposition eine nicht zu vernachlässigende Rolle, aber viele weitere, sehr wichtige Faktoren können die Trainer sowie die Betreuer und vor allem auch der Spieler selbst entscheidend zum Positiven beeinflussen.

Man spricht in diesem Sinne von einer Verletzungsprophylaxe, die unter anderem folgende Aspekte berücksichtigt: das Mannschaftstraining (Inhalte und Belastungssteuerung), das Aufwärmprogramm vor den Trainingseinheiten und vor dem Spiel, die Fitness und Athletik des einzelnen Spielers aber auch seine mentale und kognitive Stärke, seine Spielweise, seine Vorverletzungen und körperlichen Defizite, das individuell abgestimmte Eigentraining (wodurch muskuläre Grundlagen geschaffen und speziell die neuromuskuläre Funktion verbessert werden sollen), die medizinische Betreuung, die sportgerechte Ernährung, die Regeneration (worunter auch der Schlaf zählt), das Equipment (wie zum Beispiel die Schuhe und die Schienbeinschoner) und auch weitere äußere Faktoren wie die Platzverhältnisse.

Ab wann sollte man mit einer Verletzungsprophylaxe anfangen?

Die Verletzungsprophylaxe beginnt idealerweise schon in der Kindheit, wo abhängig der Entwicklungsstufe die verschiedenen koordinativen Fähigkeiten, die letztendlich auch den Spielertyp ausmachen, entsprechend trainiert werden können. Vieles, das in dieser Zeit verpasst wird, kann später nicht mehr nachgeholt werden.

Welche Rolle spielt die sportmedizinische Betreuung in der Verletzungsprophylaxe?

Es ist hervorzuheben, dass aus medizinischer Sicht unbedingt immer eingegriffen werden sollte, sobald sich in den Medizinchecks, also den regelmäßigen körperlichen Untersuchungen und Testungen des Spielers, die im jungen Alter schon notwendig sind, Auffälligkeiten, zum Beispiel muskuläre Dysbalancen, Haltungsschwächen, Instabilitäten, Blockierungen oder Mobilitätsdefizite, ergeben. Hinzu kommt noch, dass viele Verletzungen Rezidivverletzungen sind und es daher von immenser Wichtigkeit ist, eine Verletzung schnell, korrekt und konsequent zu behandeln.

In der Folge ist es dann ebenso wichtig, das Aufbauprogramm hinsichtlich der Inhalte und der Dosierung unter Berücksichtigung der Ergebnisse aus den körperlichen und evtl. auch bildgebenden Verlaufsuntersuchungen (z.B. Ultraschall- oder Röntgenuntersuchungen) richtig zu gestalten und schließlich den richtigen Zeitpunkt für die Rückkehr zur vollen Einsatzfähigkeit zu wählen, so dass kein wesentlich erhöhtes Risiko für eine erneute Verletzung besteht, aber der Spieler dennoch auch nicht unnötig zu lange aus dem Trainings- und Spielbetrieb rausgehalten wird.

Welche Rolle spielt die Antizipation für die Verletzungsanfälligkeit?

Die Antizipation, also die Fähigkeit Spielsituationen, Laufwege und Aktionen von Mit- und Gegenspielern vorauszusehen und sich somit auf kommende Gelenkbelastungen vorzubereiten, beeinflusst die Propriozeption und damit die Gelenk- und Standstabilität. Je besser antizipiert wird, desto besser werden die Gelenkbelastungen durch Präaktivierung und Tonusregulierung vorbereitet, was das Verletzungsrisiko, zum Beispiel durch Verdrehen des Kniegelenkes oder durch Umknicken im Sprunggelenk, deutlich reduziert.

Welche Rolle spielt die Schnelligkeit eines Spielers für sein Verletzungsrisiko?

Auch die Schnelligkeit, die man weiter in vielen verschiedenen Formen (beispielsweise in Wahrnehmungs-, Antizipations-, Reaktions-, Handlungs-, Entscheidungs-, Bewegungsschnelligkeit, Schnelligkeitsausdauer, Sprintausdauer und Antrittsschnelligkeit) unterteilt, gehört zu den wichtigen Ansätzen in der Verletzungsprophylaxe. Sind alle Eigenschaften gut ausgeprägt, so können zum Beispiel aus einer unendlichen Anzahl von Signalen und sowohl optischen als auch akustischen Reizen in der jeweiligen komplexen Spielsituation die relevanten Informationen selektiert werden. Dies hat eine verbesserte Bewegungsprogrammierung zu Folge und durch eine hierdurch schnellere Reaktion bis zur Bewegungsausführung kann eine Verletzung vermieden werden.

Welche Rolle spielen das Alter und die Position eines Spielers?

Wenn auch mit zunehmendem Alter die Intensität und Dynamik des Spiels nachlässt und durch die Erfahrung in vielen Situationen gute Lösungen gefunden werden, haben ältere Fußballer kein geringeres Verletzungsrisiko. Hauptursächlich dafür sind die abnehmende Fitness betreffend alle motorischen Fertigkeiten und auch die abnehmende Qualität und Widerstandsfähigkeit von Bändern, Muskeln und Sehnen.

Auch bezüglich der Position des Spielers wurden in vielen Untersuchungen Zusammenhänge zum Verletzungsgeschehen beobachtet, was auf die positionsspezifisch etwas unterschiedlichen Anforderungen zurückzuführen ist. So verletzen sich Torhüter zum Beispiel insgesamt seltener als Feldspieler, erleiden aber vergleichsweise häufiger Kopfverletzungen, da sie oft mit dem Kopf in niedriger Höhe in kritische Situationen geraten. Bei Mittelfeldspielern kommen im Vergleich zu anderen Spielpositionen aufgrund häufigerer Ballaktionen öfters Sprunggelenksverletzungen vor.

Gibt es genetische Ursachen für häufige Verletzungen?

In der Verletzungsanfälligkeit spielt auch die genetische Disposition, die leider direkt nicht beeinflussbar ist, eine bedeutende Rolle.

Hier wäre zum Beispiel die muskuläre Konstitution eines Spielers zu erwähnen. So verfügen sprintstarke und schnellkräftige Spieler über einen hohen Anteil an schnellzuckenden Muskelfasern und neigen dadurch eher zu muskulären Verletzungen.

Zudem haben Studien auch gezeigt, dass bestimmte genetische Variationen, die Einfluss haben auf die Struktur der Kollagenfaser, die wiederum das Grundgerüst von Sehnen, Bändern und Bindegewebe bilden, zu einem erhöhten Risiko von zum Beispiel Knie- oder Achillessehnenverletzungen führen.

Wie kann ein verletzungsanfälliger Spieler sein Risiko senken?

Nicht nur die besonders verletzungsanfälligen, sondern auch alle anderen Spieler sollten eine Verletzungsprophylaxe betreiben, indem sie so gut wie möglich die zuvor genannten Aspekte berücksichtigen, was aber eine entsprechende Aufklärung und Edukation sowie Betreuung voraussetzt. Idealerweise wird der Spieler sportärztlich und sportphysiotherapeutisch betreut, so dass zusätzlich sowohl auf bereits vorhandene als auch auf später sich ergebende ungünstige Faktoren individuell reagiert werden kann und Verletzungen von der Erstversorgung bis zur Spielfreigabe optimal behandelt werden.

Welche Rolle spielt der Trainer und sein Training in Bezug auf Verletzungen?

Der Trainer ist hauptverantwortlich für die Trainingsinhalte und die Belastungssteuerung, die nicht nur entscheidend für die Qualität und Leistung seiner Spieler sind, sondern auch bedeutende Faktoren in der Verletzungsprophylaxe.

Zudem kann er Einfluss auf psychologischer Ebene nehmen und oft auch auf die Zusammensetzung seines Funktionsteams, das dann wiederum zusätzlich in vielen der oben genannten Bereichen positiv einwirken kann.

Wie beschleunigen die Sportmediziner den Heilungsverlauf eines Spielers bei einer Verletzung?

In erster Linie gilt es die Verletzung eingehend zu untersuchen, richtig zu diagnostizieren sowie schnell und adäquat zu versorgen. Darüber hinaus ist eine ausreichende Aufklärung des Spielers über seine Verletzung und den Therapiemöglichkeiten notwendig. Durch physiotherapeutische und verschiedene physikalische Maßnahmen, evtl. Tape-Anlagen, Ernährungstipps und manchmal auch Medikamenten kann der Heilungsverlauf nach einer Verletzung dann weiter beschleunigt werden.

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Informationen zu Dr. Simeon Geronikolakis

Der in der Privatpraxis Dr. Geronikolakis in Ludwigsburg praktizierende und nicht nur in Fußballerkreisen bekannte Sportmediziner und Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie kümmert sich schon seit vielen Jahren um die Betreuung von Spitzensportlern und Vereinen aus unterschiedlichen Sportarten und Klassen.

Große Erfahrung und spezielle Kenntnisse beruhen bei Dr. Geronikolakis auch auf seine langjährige und sehr intensive sowie umfangreiche Tätigkeiten im Fußball, zum Beispiel als Verbandsarzt des württembergischen Fußballverbandes (WFV), Referent in der Fußball-Lizenztrainerausbildung, Mannschaftsarzt beim VfB Stuttgart und Nationalmannschaftsarzt der DFB Junioren (unter anderem Team-Arzt der deutschen U15-, U18-, U19- und U20-Nationalmannschaft).

Über Jahre wirkte Dr. Geronikolakis auch als betreuender Arzt der Kaderathleten des Olympiastützpunktes Stuttgart, Nationalmannschaftsarzt der deutschen Mannschaft der rhythmischen Sportgymnastik und leitender Arzt des entsprechenden Nationalmannschaftszentrums.

Ferner übernahm er die medizinische Betreuung von mehreren nationalen und internationalen Sportereignissen (u.a. Welt- und Europameisterschaften in vielen unterschiedlichen Sportarten) und ist als Universitätsdozent und Referent in der Ausbildung von Sportphysiotherapeuten tätig sowie als ärztlicher Leiter beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB).

Nähere Infos über Dr. Geronikolakis unter www.dr-geronikolakis.de oder www.fussballarzt.de

Hierüber oder unter mail@dr-geronikolakis.de ist für unsere FuPa-Leser auch eine Terminvereinbarung möglich.

Aufrufe: 031.12.2025, 09:00 Uhr
redAutor